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Kolumne der Redaktion

21.09.2023

Maria Salvador ist wohl die ungewöhnlichste aller 387 Luzerner Kandidaturen für den Nationalrat

Die Kandidatur von Maria Salvador (52) auf der Liste von Die Mitte ist von allen 387 Bewerbungen für die 9 Luzerner Sitze im Nationalrat wahrscheinlich die untypischste. Denn diese Frau hat nicht die klassische «Ochsentour» hinter sich. Sie konzentriert sich auf bloss drei Themen. Und das bei überschaubaren Wahlchancen. Allein das verdient Respekt. Und weckt Interesse, sie kennen zu lernen.


2016 gewann Maria Salvador in Berlin den Titel «KSI Karate Weltmeisterin».

In dessen Stiftungsrat engagiert sich Maria Salvador für die Zukunft des Klosters Gerlisberg; hier im Bild mit einer der Kapuzinerinnen, einer Nonne aus Tansania.

Nach ihren Lesungen aus ihren beiden Büchern signiert die Autorin jeweils ihre Bücher – wie hier im Gemeindesaal Horw ihr zweites Werk (Titel: «Von hier aus») – und ...

... diskutiert gerne mit ihren LeserInnen.

Jeweils sonntags sind Gäste zu Kaffee, Brot und Entlebucher Konfi willkommen.

Doch der Reihe nach: «Maria wie bitte?» – «Noch nie gehört» – «Ich auch nicht: Maria Salvador»

Ihre Unbekanntheit wundert weiter nicht, denn die zweiundfünfzigjährige Ecuadorianerin begibt sich erstmals überhaupt aufs politische Parkett, einmal abgesehen von acht Jahren als Mitglied des Grossen Kirchenrates. Das allerdings gleich, um in die Grosse Kammer in Bundesbern zu streben, wo ihre Partei, Die Mitte, derzeit drei der insgesamt neun Luzerner Sitze belegt. Hintergrund ist ihr eigener Integrationsprozess.

1992 hat sie ihren heutigen Gatten in Frankreich kennengelernt: Thomas Bergen, der damals, unmittelbar nach dem Ökonomiestudium in St. Gallen, einen Sprachaufenthalt einschaltete, ehe er bei der Migros Bank anheuerte. Maria ihrerseits absolvierte ein «pädagogisches Praktikum», denn ihre Mutter führte in Ecuador eine Schule, deren Leitung dereinst sie hätte übernehmen, wenn da nicht die Liebe der Latina zum Entlebucher dazwischen gefunkt hätte. Nachdem also in Frankreich ihre Herzen Feuer gefangen hatten, sollte schon bald ein Feuer anderer Art am Beginn ihrer Ehe stehen.

Im August 1993 nämlich haben sie am 7. August in Ecuador geheiratet. Und justament, als sie am 18. August hierher heimkehrten, brannte die Kapellbrücke lichterloh. Die Beiden fragten sich angesichts des Infernos, dessen Flammenmeer sich stundenlang in der nächtlichen Reuss spiegelte und die Altstadt zündrot erhellte, was das wohl für ihre gemeinsame Zukunft bedeuten werde.

Vor allem auch, weil Maria Salvador aus jener Nacht ein Eindruck besonders erinnerlich geblieben ist: «Aus Ecuador kannte und wusste ich, wie Menschen weinen, wenn sie andere Menschen für immer verlieren. Aber diese Bilder – also, dass Leute wegen des Brandes einer Brücke derart aufgelöst sein können –, «das war mir ganz neu».

Woraus sie folgerte, dass diese Brücke, dieser Ort im Herzen dieser Stadt, wohl eine besondere Symbolik ausstrahlen würde: für die ganz persönliche Beziehung der LuzernerInnen zu ihrer Stadt, für Gemeinschaft, für Heimat.

30 Jahre später bilanziert sie voller Stolz über ihre Beziehung zu ihrem Mann und zu Luzern: «Thomas, der Entebucher und ich, die Latina: so können sich Gegensätze anziehen, ergänzen und vereinen. Daraus ist eine wunderbare Beziehung geworden!»

1990 hatte Maria als eine von zwölf Bewerberinnen im Alter von 19 Jahren den Titel «Reina de Quito» errungen. Das ist zwar eine Schönheitskonkurrenz – «aber nicht nur», ergänzt sie mit bestimmter Stimme. Denn die «Königin von Quito» muss hinter ihrem hübschen Gesicht «auch was im Kopf haben». Der Titel nämlich verpflichtet dazu, während eines Jahres einen wahren Marathon an öffentlichen Auftritten zu absolvieren, zwecks Unterstützung von behördlichen und privaten Institutionen, die sich für jedwelche Botschaften und Projekte einsetzen.

Während ihres «Amtsjahres» widmete sie sich besonders dem Aufbau von Kindergärten und einem Programm, das Kinder aus schwierigen familiären Verhältnissen auf ein geordnetes Leben vorbereitete. Oder sie reiste durch die Provinz, um Leuten in prekären Lebenssituationen zu helfen; damals herrschten in ihrer Heimat Zustände, «die sich inzwischen Gott sei Dank wesentlich gebessert haben»; beispielweise bezüglich der gesundheitlichen Grundversorgung.

Maria Salvador hat zwei Bücher verfasst. Das erste unter dem englischen Titel «Embracing New Tastes». Darin schreibt sie über ihre eigene Integration – «auch über all die Fehler, die ich dabei gemacht habe». Und die zahllosen Kolumnen, die sie für die Zeitung «Diario Hoy» während zehn Jahren geschrieben hatte, hat sie in einem zweiten Buch zusammengefasst. Titel: «Von hier aus». Darin formuliert sie «Zehn Gebote zur Integration». Aus ihrem eigenen Integrationsprozess nämlich, der «alles andere als einfach» verlief, hat sie Lehren gezogen, die sie weitergeben will. Gebot 1 lautet: «Lege deine Werte und Prinzipien fest und erinnere dich an diese. Einer der grössten Fehler ist es, nicht die eigene Essenz zu würdigen – das, was man ist, und das, was man weiss. (…) Jeder Mensch ist allein durch sein Wesen und seine Erlebnisse wertvoll.»

Mit solchen Botschaften will Maria Salvador sich im Wahlkampf in die Debatte über Integration einbringen. Denn sie versteht diesen Wahlkampf als Plattform für ihre drei Themen. Die beiden anderen sind, die Familie und die Umwelt. Um letztere zu retten, hat sie zusammen mit ihrem Gatten Thomas Bergen die Stiftung «Hoffnung jetzt» (Website: www.hopenow.earth) gegründet (siehe unter «Links»).

Konkret geht es darum, dass sich zu dieser Aussage bekennt, wer das Projekt unterstützen will: «Der Klimawandel ist eine große globale Bedrohung, die größtenteils vom Menschen verursacht wird und abgewendet werden kann. Handeln wir jetzt entschlossen. Neben anderen Bemühungen, den Klimawandel zu stoppen, unterstützen wir auch marktbasierte Maßnahmen. Deshalb fördern wir CO2-Gebühren, die den Bürgern vollumfänglich bar zurückerstattet werden.»

Auf der Webseite heisst es dazu weiter: «Wir bringen Unternehmer aus der ganzen Welt zusammen, um zu diskutieren, wie wir zur Lösung beitragen können.» Revolutionäre Wege propagiert «Hopenow» – wie zu erwarten ist – nicht. Maria Salvador sagt selber: «Wir setzen auf Eigenverantwortung».

Einspruch! «Der Klimawandel zeigt doch wohl deutlich, wohin uns diese vielzitierte Eigenverantwortung geführt hat. Geht es ohne Verbote?». Sie antwortet voller Überzeugung: «Ja, es geht mit deutlich weniger Verboten, wenn wir auch durch einen Preis für das CO2 die Eigenverantwortung stärken».

Schönheitskönigin, Schriftstellerin, und jetzt Nationalratskandidatin von Die Mitte – … und, man höre und staune, Weltmeisterin im Karate! Gefragt, wie das alles zusammen passe, letzteres habe doch mit Gewalt zu tun, entgegnet sie, wiederum entschieden: «Es geht beim Karate darum, seine Kraft in den Griff zu bekommen, keinesfalls darum, andere zu attackieren.» Ihre drei Kinder würden dies wohl bestätigen, denn auch sie übten diesen Sport in ihrer Kindheit begeistert aus. Alle erreichten in ihrer jeweiligen Kategorie den Schweizermeister-Titel. Raul (24) hat in Zürich den Master als Maschineningenieur ETH abgeschlossen; Maria Theresa (22) studierte Textil Design in Central St. Martens London: Thomas (20) hat eben in St. Gallen das Einführungsjahr gestartet, um sich nachher für das Studium der Wirtschaft oder für die Juristerei zu entscheiden.

Maria Salvadors Blog erreicht auf Tik Tok mit Videos zu «Integration Coaching» 400 000 Follower. Ihr Gemahl Thomas Bergen ist übrigens Besitzer und CEO der weltweit erfolgreichen Firma getabstract (siehe unter «Links»). Die Familie lebt im Luzerner Bellerivequartier.

Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch, Luzern


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/