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Kolumne der Redaktion

01.10.2022

Herbstmesse eröffnet: Jetzt fürchtet die Branche die höheren Strompreise

Erstmals seit 1077 Tagen wieder eine «Määs» – bekanntlich konnte sie wegen «Corona» 2020 und 2021 nicht stattfinden. Dem Präsidenten der Interessengemeinschaft Luzerner Herbstmesse und Märkte (IG LHMM), Rico de Bona, war die Freude anzusehen, als er am Samstagmorgen auf dem Inseli das Publikum zum Auftakt der Luzerner Herbstmesse willkommen hiess.


Präsident Rico De Bona..

Stadträtin Franziska Bitz Staub...

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Das Riesenrad wirkt in der Nacht besonders gross.

«Bei uns wird alles täglich frisch angeliefert oder sogar hier produziert»: Josef Moser ist seit 1978 dabei, nächstes Jahr zum letzten Mal.

Bilder: Herbert Fischer

Der «Corona-bedingte» Unterbruch ist für viele Schausteller und Markthändler (früher: Marktfahrer) nicht allein wirtschaftlich ein unschöner Markstein in ihrem langen und harten Berufsleben. Sondern auch emotional, weil ihnen schlichtweg was Wichtiges fehlte.

Zum Beispiel für Josef Moser, der seit Kindsbeinen mit dabei und seither eng verbunden ist. Schon seine Eltern waren seit 1957 Marktfahrer und Schausteller, «zuerst mit einem Geschicklichkeitsspiel», wie sich Moser erinnert an seine Anfänge als Helfer mit zwölf Jahren, ab 16 Jahren als Angestellter.
 
Er selber ist vergleichsweise gut über diese schwierige Zeit hinweggekommen. Aber vor allem die Schausteller, welche Bahnen betreiben, konnten 2020 rein gar nichts, und 2021 weitaus weniger verdienen als vor «Corona». Siehe dazu auch unter «In Verbindung stehende Artikel»: Marktfahrer und Schausteller haben heuer noch keinen roten Rappen verdient (Eintrag vom 9. August 2020).
 
Denn es ist ja nicht allein die «Lozärner Määs» ausgefallen – «es gibt Betriebe, die stellen ihre Anlagen im Jahr 40 oder 50 Mal auf», weiss Moser. Unschwer also abzuschätzen, was ihnen da alles entgangen ist.   
 
Erstaunlich: «Nein, von Konkursen ist mir nichts bekannt» berichtet Moserseppi, der diese Branche insgesamt kennt, wie kaum ein anderer. Logo, er ist seit 1978 selber unterwegs und er betrieb selber mehrere Bahnen und «Rösslispiele».
 
Und er verkaufte – und verkauft noch immer, aber nicht mehr lange –  Magenbrot, «Rahmtäfeli» und gebrannte Mandeln.
 
Erstere – also das «Fahrgeschäft» – hat er abgegeben. Jetzt, da er sich dem Rentneralter nähert, konzentriert er sich auf seinen Verkaufsstand beim Torbogen. Warnung: Wer daran vorbeischlendert, kann Mosers süssen Versuchungen kaum widerstehen. Darin liegt eines der Geheimnisse der unverwüstlichen Anziehungskraft der Luzerner Herbstmesse. Denn:
 
«Klar kann man einen Teil unserer Produkte auch im “Coop” oder einem anderen Grossverteiler kaufen. Aber dort lagen sie womöglich seit Tagen in einem Regal. Unsere Ware aber wird täglich frisch angeliefert und teils sogar hier produziert. Und vor allem: Wir hier sind ein Teil des ganzen “Määrt-Feelings“ mit allem, was dazu gehört», so Josef Moser voller Stolz.
 
Das kann man wohl sagen. Kaum platzte am Samstagvormitag beim Eingang zum Inseli die Bombe mit den Konfettis und – dies vor allem – mit den Chips für Gratisfahrten auf 16 Bahnen («Putschiautos», Riesenrad und anderlei Adrenalin-Schleudern) ging subito die Post ab, begannen Kinderaugen zu leuchten, und entführten tausende von BesucherInnen in einer andere Welt, wenigstens für ein paar Stunden.
 
Es ist eben wie mit Moserseppis Süssigkeiten: Adrenalin-Schübe gibt’s auch anderswo. Der Duft der «Määs» aber, das warme und weiche Wimmern der Rösslispiel-Orgel; das mächtige Riesenrad, das erst nächtens voll zur Geltung kommt, wenn es mit unzähligen Lichtern leuchtet; das Jauchzen der euphorisierten Kinder; die Versprechungen und Verheissungen der  VerkäuferInnen an den Marktständen aber – das ist Luzerner Herbstmesse pur. Sie ist fraglos ein Gesamtkunstwerk. Genau das jedoch wird in absehbarer Zeit nicht mehr so sein. Jedenfalls nicht mehr auf dem Inseli. Spätestens 2030 nämlich soll der Bau des Durchgangsbahnhof beginnen, wofür der jetzige Carparklatz gebraucht wird, er wird voraussichtlich zehn bis zwölf Jahre dauern. Tschüss «Inseli-Mäss». Das tut weh.
 
Zurück zu den Schaustellern und Markthändlern. Nach den Einbrüchen von 2020 und 2021 dauert es wohl Jahre, bis sich die Betriebe finanziell erholt haben. Ihre Lage lässt sich etwa so zusammenfassen: Gesamthaft gesehen, hat die Branche überlebt, aber sie ist noch nicht über dem Berg. Mehrere Besitzer der Betriebe sagten sich nämlich nach der Zwangspause: Ich fange gar nicht mehr an, weil ich ohnehin bald aufhören wollte. Zudem stehen die Zeichen der Zeit aus einem anderen Grund bereits wieder auf Sturm – die Energiekosten!
 
Josef Moser warnt: «Wenn das so schlimm kommt, wie befürchtet werden muss, müssen viele Preise derart erhöht werden, dass ihre Angebote für das Publikum schlichtweg zu teuer werden.»
 
Nächstes Jahr, wenn er das AHV-Alter erreicht, ist Moserseppi letztmals mit seinen Rahmtäfeli, dem Magenbrot und den gebrannten Mandeln unterwegs. Ganz loslassen aber wird ihn die «Määs» wohl kaum. Zu sehr prägte sie seinen Beruf. Und ihn.
 
Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch, Luzern


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/