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Kolumne der Redaktion

03.08.2022

SP verzichtet darauf, das Killer-Argument gegen die Schweizergarde-Kaserne einzusetzen

Kantonalpräsident David Roth sagt, warum seine Partei ihre Kampagne für die Abstimmung vom 25. September auffällig zahm und leise gestartet hat.


SP-Kantonsrat und -Kantonalpräsident David Roth vor der Treppe, die zur Hofkirche führt, in der er in jungen Jahren Ministrant war. Er sagt, die Missbrauchsskandale und die diesbezüglich passive Haltung des Vatikans würden durch die SP im Abstimmungskampf nicht thematisiert.

Ehemalige Schweizergardisten marschieren als Ehrenformation durch die Altstadt zum Kornmarkt, von wo aus sie die Herrgottskanoniere begleiten, wenn sie sich für ihren Einsatz am Fronleichnamstag auf den Gütsch verschieben.

Bilder: Herbert Fischer

Mit diesem Sujet wirbt die SP für ein Nein am 25. September gegen den Beitrag des Kantons Luzern von 400 000 Franken (einen pro Einwohner) für den Neubau der Kaserne der Schweizergarde im Vatikan.

Herbert Fischer: Zuerst wollte die SP das Referendum gegen den Beitrag des Kantons Luzern an den Vatikan gar nicht ergreifen. Dann meldeten sich die Freidenker zu Wort, mit denen zusammen ein Referendumskomitee gegründet worden ist, dem auch die Grünen angehören. Am 26. Juli hat die SP eine Medienmitteilung zu dieser Abstimmung und ein Bild ihres Plakats gegen die Vorlage veröffentlicht. Warum dieser Alleingang? Gibt’s «Lämpen» im Komitee, dass sie so ausscheren und vorprellen?

David Roth: Überhaupt nicht. Wir haben das Referendum immer ergreifen wollen, aber nicht alleine. Nachdem wir Partnerorganisationen fanden, haben wir beispielsweise auch die Koordination der Unterschriftenbeglaubigung für alle übernommen. Das Thema hat verschiedene Aspekte. Für die SP steht der finanzpolitische im Zentrum. Auf Kosten der Bevölkerung wurden die Prämienverbilligung gesenkt, Schulen geschlossen und die Kita-Infrastruktur vernachlässigt.

Dass vor diesem Hintergrund die Bürgerlichen den Milliardenkonzern der katholischen Kirche beschenken wollen, ist grotesk und ein Affront gegenüber der Bevölkerung.

Auf der Website des Pro-Komitees (www.solidaritaetsfranken.ch) findet sich bereits eine beachtliche Liste (Stand: Mittwoch, 3. August) mit gewichtigen Namen aus CVP, FDP und SVP sowie mit parteiungebundenen Persönlichkeiten; diese Liste wird sicher noch viel länger. Ihre Seite aber, also die Gegner, haben nicht einmal eine Website. Ging es ihnen eigentlich bloss darum das Referendum zustande zu bringen, nicht aber die Abstimmung zu gewinnen? Also bloss darum, Wirbel zu entfachen? Für ein Volksmehr hätten sie doch - sagen wir es so – sehr gute Karten.

David Roth: Ich glaube elitäres Namedropping ist nicht mehr das Mittel, um Kampagnen zu gewinnen. In einer Demokratie geht es um die Mehrzahl der Stimmen aller Stimmberechtigten.

Dass die Eliten von CVP, SVP und FDP dem Vatikan sehr nahe stehen, wissen wir bereits vom teuren «Rom-Reisli», für das sie den Kanton ebenfalls einen sechsstelligen Betrag bezahlen liessen.

Aber ein einziges Plakat der Gegner kanns doch nicht sein. Erst recht nicht, wenn die Gegenseite so massiv aufmarschiert und – so ist anzunehmen – über reichliche Mittel verfügt.

David Roth: Warten wir ab, was noch kommt.

Wie hoch sind ihre Budgets: jenes der SP und jenes des Komitees?

David Roth: Unser Budget wird sich wie immer an der Zahl der Spenden bemessen. Jenes des Gesamtkomitees ist noch nicht bekannt.

Und wieviel zahlt die SP ans Nein-Komitee?

David Roth: Das ist noch nicht definitiv.

Geht’s vielleicht etwas genauer? Es gibt doch sicher ein Budget.

David Roth: Sicher vierstellig.

Gegen diesen Beitrag des Kantons Luzern gibt es ein absolutes Killer-Argument: die Missbrauchsskandale, die der Vatikan ganz offensichtlich nicht wirklich aufgeklärt haben will. In Ihrer Medienmitteilung vom 26. Juli steht davon kein Wort.

David Roth: Die Missbrauchsskandale und die fehlende Aufklärung sind in der Tat abscheulich. Aber sie für eine finanzpolitische Debatte im Kanton Luzern zu verwenden, fände ich völlig deplatziert. Es gibt genügend Argumente, weshalb ein Beitrag aus Luzern an einen milliardenschweren Kirchenstaat komplett überflüssig ist.

Also es ist Teil der SP-Strategie, die Missbrauchsskandale überhaupt nicht zu thematisieren?

David Roth: Das ist tatsächlich in keiner Weise Teil unserer Strategie: Jetzt nicht und bis und mit dem Abstimmungssonntag nicht. Abgesehen davon haben diese Missbrauchsskandale und die Rolle des Vatikans ganz andere Dimensionen als die Vorlage, um die es hier geht.

Interview: Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/