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Kolumne der Redaktion

30.04.2021

Das Dampfschiff «Stadt Luzern» liefert starke Argumente für einen breit akzeptierten Denkmalschutz

Wenn sich morgen Samstag (1. Mai) erstmals nach zweieinhalb Jahren das Flaggschiff unserer Flotte ab Luzern (Abfahrt: 11:12h) durch den See nach Flüelen (Ankunft: 13:55h, Abfahrt nach Luzern: 14:00h) und zurück (Ankunft in Luzern: 16:47h) gepflügt haben wird, werden sich die Gäste dieser Fahrt mit Lobpreisungen überbieten.


Die Feder eines der zahlreichen Ventole, welche den Hydraulikbetrieb ermöglichen.

Ein Besuch im Maschinenraum der totalrenovierten «Stadt Luzern» vermittelt überraschende Anblicke. Zum Beispiel diese Teilansicht des Maschinenstandes.

Blick ins Kreuzkopflager der Maschine, welche die Kolben mit der Pleuelstange verbindet, über welche die Schaufelräder angetrieben werden.

Diese Instrumente zeigen unter anderem den Kesseldruck an.

Dieses Zahnrad steuert die Versorgung der Maschine mit Schmiermittel.

Zwei der zahlreichen Hebel, welche die Steuerung der Maschine ermöglichen.

Ein Manometer in der Steuerhydraulik.

Das Sprachrohr dient der mündlichen Verständigung zwischen Kapitän und Maschinist.

Der «Telegraph»: Auf ihm erhält der Maschinist vom Kapitän mit dem schwarzen Pfeil Befehle, die er mit dem unteren Pfeil quittiert, indem er ihn ins jeweilige Feld führt.

Hinter dieser roten Abdeckung befindet sich das eigentliche Hirn der Maschine, von dem alle Steuerungen ausgehen. Heute würde diese Arbeit ein Prozessor ausführen.

Die Feder eines der zahlreichen Ventile, welche die hydraulische Steuerung ermöglichen.

Das Kreuzkopflager der Maschine, welche die Kolben mit der Pleuelstange verbindet, über die die Kurbelwelle angetrieben wird. An der Kurbelwelle sind die Schaufelräder befestigt.

Bilder: Herbert Fischer

Es ist allerdings zu befürchten, dass sowohl die samstägliche wie auch die sonntägliche Fahrt «corona-bedingt» ausverkauft sind. Auskunft erteilen 041 367 67 67 und www.lakelucerne.ch.

Zweieinhalb Jahre ohne «Stadt Luzern» sind für Dampferfreunde so etwas wie die Höchststrafe und es ist darum nicht mehr als naheliegend, dass solche Entzugssymptome rasch und nachhaltig gestillt werden wollen. Und je mehr sich die erfreuliche Kunde von der überaus gelungenen Renovation verbreitet, umsomehr wird sich das Bedürfnis manifestrieren, das Schiff selber zu besteigen. «Die Stadt» verkehrt fortan jeweils als Kursschiff nach Flüelen zu vorgenannten Zeiten; grundätzlich; man weiss ja nie von wegen «Corona».

«Unsere Flotte»? Genau! Es gibt wohl kaum ein privates Unternehmen in unserer Region, das in der breiten Bevölkerung derart viel Respekt und Sympathie geniesst wie die SGV. Das hat sie ihren Dampfschiffen zu verdanken. Genauer: den Dampferfreunden, deren Gründung auf eine Initialzündung der seinerzeitigen «Luzerner Neusten Nachrichten» anfangs der Siebziger Jahre zurückgeht. In jenen Jahren nah am Puls des Volkes, erkannten deren RedaktorInnen instinkt- und zielsicher, welch enormes Empörungspotential in der entsetzlichen Absicht der damaligen SGV-Führung lag, die Raddampfer zu verschrotten.

Es ist nicht übertrieben, als eigentliche Volksbewegung zu bezeichnen, was damals daraus entstanden ist.

Und so gelang es den Dampferfreunden, mittels Aktienkäufen und damit verbundenen Stimmrechten ihre Exponenten in den entscheidenden Gremien zu platzieren und das SGV-Steuer buchstäblich herumzureissen und Mittel zuhauf zu sammeln, um ihren hehren Absichten konkrete Taten folgen zu lassen. Konkret: Kein einziger Dampfer wird mehr verschrottet!

Klar: Diese Geschichte ist hier sehr verkürzt wiedergegeben und bedürfte – eigentlich – der respektvollen Würdigung ungezählter hochverdienter Persönlichkeiten, die sich vehement und vor allem erfolgreich für das gemeinsame Anliegen eingesetzt haben, «Uri», «Unterwalden», «Schiller», «Gallia» und «Stadt Luzern» zu retten und künftigen Generationen weiterzugeben.

Dennoch macht es Sinn, mit Blick auf das historische Datum 1. Mai 2021 – den morgigen Tag des ersten fahrplanmässigen Einsatzes der «Stadt Luzern» - hier und heute kundzutun, wo und wann die Geschichte der Erhaltung «unserer Flotte» wurzelt.

Wer ab und zu das Vergnügen hat, Gästen von auswärts unsere Stadt zu zeigen und voller Stolz auf die Dampfschiffe hinzuweisen, kommt auch nicht umhin darauf zu verweisen, dass deren heutige Existenz so selbstverständlich gar nicht ist; eben: von wegen Verschrottungsplänen anfangs der «70-er». Sie, die auswärtigen Gäste, reagieren jeweils unisono mit Erstaunen und Entsetzen.

Nun liesse sich ja selbstzufrieden einwenden, es sei ja letztlich «alles gut herausgekommen», jedenfalls mit «unserer Flotte». Doch gemach! Die Rettung der Raddampfer ist zwar ein einleuchtendes Beispiel dafür, was Denkmalschutz verhindern kann. Aber damit ist es bei weitem nicht getan. Denn sosehr die Rettung beliebter Objekte jeweils in jenen Kreisen gut ankommt, die dazu eine besondere Beziehung haben: Im voraus mehrheitsfähig sind entsprechende Projekte kaum je.

Im Gegensatz etwa dazu, wenn wachsende Schülerzahlen ein neues Schulhaus und damit eine politische Mehrheit bei einer Volksabstimmung erfordern; das ist jederzeit «machbar». Es ist allerdings erschreckend – nein: alarmierend –, welch bescheidenen Stellenwert die Anliegen des Denkmalschutzes in der breiten Bevölkerung dann haben, wenn «es» nicht ein Anliegen betrifft, zu dem «man» selber einen Bezug hat.

Bei denkmalschützerischen Vorhaben geht es fast immer darum, Zeugen bestimmter Epochen vor dem endgültigen Zerfall zu bewahren. Wie bei den Dampschiffen; pardon: unseren Dampfschiffen.

Die erfolgreiche Generalrevision der «Stadt Luzern» sollte darum zum Anlass genommen werden, die Bedeutung des Denkmalschutzes überall dann und dort zu thematisieren, wo sich dazu Gelegenheit ergibt.

Als gestern Donnerstag (30. April 2021) die SGV die Medien über die gelungene Totalrenovation ihres Flaggschiffes die Medien informierten, kam auch die kantonale Denkmalpflegerin Cony Grünenfelder zu Wort.

Sie sagte: «Die fünf auf dem Vierwaldstättersee verkehrenden Raddampfer, die noch heue fahrtüchtig sind, faszinieren uns als technische Errungenschaft aus der Blütezeit des Tourismus».

Das ist fraglos richtig. Und, mehr noch, wichtig.

Und gibt Anlass, sich nicht allein an den sorgfältig restaurierten Extérieurs und Intérieurs zu erfreuen und zu erbauen. Auch die «technischen Errungenschaften», von denen die Denkmalpflegerin sprach, sind der gebührenden Erwähnung wert und haben Bewunderung verdient. Gemeint sind hier konkret all die Augenweiden im Maschinenraum der «Stadt Luzern», wo die Bilder rechts auf dieser Seite entstanden sind.

Wer eh in der Welt der Technik – und vielleicht sogar in deren Geschichte – zuhause und entsprechend sattelfest ist, den bringen solche Anblicke wohl kaum in Hochstimmung, weil sie für ihn «nichts besonderes» sind, weil er «abgestumpft» ist.

Wer zwar ein technischer Laie ist, wen das Glück jedoch mit der Gabe gesegnet hat, sich an der Poesie des Banalen zu ergötzen, der allerdings kann sich kaum satt sehen, an derlei Details. Man könnte gar meinen, einzelne Feinheiten und ihre optischen Reize seien das Werk von Industriedesignern, wie man heute wohl sagen würde. Auch dies gehört zur Freude über die Generalrenovation unseres Flaggschiffes.

Es hätte keinen Sinn gemacht, nur aufzupeppen, was sichtbar ist. Das wäre sogar ein potemkinscher Schwindel gewesen. Darum offenbart nun auch der Maschinenraum Augenweiden zuhauf. Er ist voller Charme und schlichter Schönheiten, wie nebenstehende Aufnahmen vermitteln wollen.

Schade nur, dass der Maschinenraum der breiten Öffentlichkeit verwehrt bleibt; aus Gründen, die absolut nachvollziehbar sind. Doch wer weiss: vielleicht lässt sich die Dampfschiffe-Eignerin SGV dazu bewegen, dereinst Führungen anzubieten (zum Beispiel ausserhalb der Hochsaison und in kleinen Gruppen), um auch diesen bislang verborgenen Schatz ihres hocherfreulichen Gesamtkunstwerks «Stadt Luzern» öffentlichkeitswirksam vorzuführen; sprich: Hinz und Kunz zu zeigen.

Auch das wäre allerbeste Überzeugungsarbeit für eine breitere Verankerung der Notwendigkeit des Denkmalschutzes in der Bevölkerung.

Erinnern wir uns doch am besten einfach des grossen Dichters und Denkers Friedrich Schiller, der weiland weise verkündete: «Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit, und neues Leben blüht aus den Ruinen.»

Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch, Luzern

Die Bildlegenden (rechts) entstanden dank Unterstützung durch David Müller, Schiffsbauingenieur bei Shiptec, der Schiffsbau-Unternehmung der SGV-Gruppe.


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch

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Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:

www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/