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Kolumne der Redaktion

10.03.2020

Ein unglaublicher Flyer

Es ist in der Politik bekanntlich nicht verboten, sich selber zu widersprechen. Aber dumm. Das zeigt ein Flyer, der morgen Mittwoch in alle Haushaltungen der Stadt Luzern gelangen wird.


Dieser Flyer von Rechtsanwalt Jost Schumacher behauptet Bocksmist.

Siehe auch unter «Dateien».

Herausgeber ist eine «überparteiliche Initiative besorgter Bürgerinnen und Bürger, Arbeitgeber und Unternehmer in der Stadt Luzern». Dahinter steckt offensichtlich Rechtsanwalt Dr. Jost Schumacher, wie einer Medienmitteilung zu entnehmen ist (siehe unter «Dateien»).

So weit, so gut. Was in diesem Flyer behauptet wird, ist allerdings - sagen wir es so - im besten Fall höchst amüsant, im schlimmsten Fall aber absoluter Bocksmist. Auch das aber kann sein: Wer einen solchen Flyer verfasst, hat keine Ahnung, wovon er faselt.

Zum Beispiel heisst es: «Wählen Sie am 29. März 2020 ausschliesslich Kandidatinnen und Kandidaten von FDP, CVP, SVP und GLP – sowohl auf der Liste Stadtrat wie auch auf der Grosstadtratsliste. Motivieren Sie Ihr Umfeld dasselbe zu tun.» Soweit ist alles klar.

Aber weiter heisst es im Flyer des besagten Komitees von Jost Schumacher: «Seit vier Jahren wird die Stadt Luzern von Linksgrün regiert. Die Folgen sind Stillstand und Denkverbote. Statt nach konkreten Lösungen zu suchen, produziert der Stadtrat mit teuren Studien und Gutachten stets neue Probleme. Wir brauchen pragmatisch handelnde Persönlichkeiten, die nicht nur Symbolpolitik betreiben, sondern Brücken schlagen können.»

Man glaubt es kaum! Die Stadt wird nämlich nicht «seit vier Jahren von Linksgrün regiert». Die parteipolitische Zusammensetzung der Exekutive ist in der aktuellen Legilslatur genau die gleiche wie bereits vier Jahre zuvor, also von 2012 bis 2016: nämlich je ein Sitz für FDP, CVP, SP, Grüne und Grünliberale.

Würde Luzern tatsächlich «von Linksgrün regiert», so wäre ein Teil dieser Machtkonstellation GLP-Stadträtin Manuela Jost. Genau sie aber empfiehlt der Flyer zur Wiederwahl. 2012 waren es übrigens FDP und CVP, die sie zur (erstmaligen) Wahl in den Stadtrat empfohlen hatten. Allerdings bezeichneten sie Manuela Jost vor dem ersten Wahlgang noch als «zu grün» und «zu links» und unterstützten gemeinsam Stefan Roth (CVP / bisher) und Martin Merki (FDP / neu). Als jedoch im zweiten Wahlgang ein zweiter Sitz für die SP in Griffnähe schien, unterstützten FDP und CVP plötzlich Manuela Jost, um den SP-Kandidaten Beat Züsli zu verhindern. Auch daran sollte sich - bitte sehr - erinnern, wer jetzt so «austeilt».

Weiter heisst es: «Linksgrün hat seit vier Jahren eine äusserst knappe Mehrheit in Stadtrat und Parlament. Damit drückte sie kompromisslos ihr ideologisch geprägtes Programm durch. Damit Luzern eine lebenswerte und wirtschaftlich prosperierende Stadt für alle bleibt, braucht es wieder eine Mehrheit der konstruktiven Kräfte. Es gilt wichtige Themen miteinander anzupacken und umzusetzen.»

Wahr ist: Die «äusserst knappe Mehrheit» im Stadtparlament sieht konkret so aus: SP und JUSO verfügen über 14 der insgesamt 48 Mandate; die Grünen und die Jungen Grünen über 7 Sitze; macht zusammen 21 Sitze, also keine Mehrheit!

Bei gewissen Themen spielt allerdings die sogennante «Öko-Allianz», nämlich in umwelt-, verkehrs- und energiepolitischen Fragen. Und zwar spielt sie dann, wenn die 4 GLP-GrossstadträtInnen mitmachen. Dann kommen SP/JUSO, Grüne/Junge GRüne und Grünliberale zusammen auf 25 (der 48 Sitze) und damit justament auf das absolute Mehr.

Ausserhalb besagter Themenfelder funktioniert diese Koalition allerdings so gut wie nie. Die GLP stimmt sogar in gewissen Sachfragen ausgesprochen rechtsbürgerlich.

Wer nun aber diese «Öko-Allianz» derart angreift, sollte nicht ausgerechnet GLP-KandidatInnen für den Grossen Stadtrat empfehlen, wie dies genau dieser Flyer macht.

Wer so auftritt, macht sich lächerlich und darf nicht erwarten, als politische Stimme ernst genommen zu werden.

Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch, Luzern


Dateien:
pdf Der Flyer 163 K
pdf Die Medienmitteilung 34 K
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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/