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Kolumne der Redaktion

03.02.2020

Die Stadtluzerner FDP wagt ein riskantes Spiel

FDP.Die Liberalen riskieren, am 29. März im Grossen Stadtrat nicht nur Sitze zu verlieren. Sondern zudem mit einer Fraktion dazustehen, die ziemlich alt aussieht. Und das im wahrsten Sinn des Wortes. Ist das in ihrem Sinn?


Soeben hat die Luzerner Stadtkanzlei bekanntgegeben, wer alles für den Grossen Stadtrat kandidiert, der bekanntlich am 29. März neu gewählt wird. Was auffällt: FDP.DieLiberalen treten mit drei Listen an (siehe unter «Links»).

Das ist zwar nichts Besonderes. Auch andere Parteien versuchen, ihre Elektorate möglichst genau zu definieren und als spezifische Zielgruppen anzusprechen und ihnen entsprechende KandidatInnen vorzuschlagen.

Zum Beispiel mit Listen ihrer Jungparteien (Jungfreisinnige, JUSO, JCVP, Junge Grüne). Oder mit bewährten, bejahrten und entsprechend bekannten Mitgliedern (zum Beispiel: «SP60plus»). Es macht also Sinn und ist nicht mehr als folgerichtig, wenn eine Partei ihr Reservoir – oder hier besser: ihre Reservoire – optimal auszureizen versucht.

Die CVP des Kantons Luzern hat diesbezüglich bei den Nationalratswahlen im Oktober 2019 eine absolute Meisterleistung vollbracht.

Sie trat im ganzen Kanton mit insgesamt sieben Listen an und schaffte es – entgegen sämtlicher Voraussagen! – ihre bislang drei Nationalratsmandate zu verteidigen; das hatte so niemand erwartet, nicht einmal die Optimisten in ihren eigenen Reihen.

Mit anderen Worten gilt auch diesbezüglich: Wer kämpft, kann verlieren – wer nicht kämpft hat schon verloren.

Was nun aber die FDP versucht, bedarf einer näheren Betrachtung. Erinnern wir uns: Sie hat bei den Kantonsratwahlen im März 2019 von ihren vordem fünf Sitzen im Kantonsrat (Wahlkreis Stadt bis zur Wahl 2019: insgesamt 25 Sitze im 120-köpfigen Kantonsrat, seither 24) deren zwei verloren; ein Desaster für diese einst stolze Partei. Und bereits im Oktober 2019 – wenn auch auf kantonaler Ebene – erfolgte der nächste Tiefschlag, als Nationalrat Peter Schilliger (Udligenswil) nicht mehr gewählt wurde, die Partei also einen ihrer vordem zwei Sitze verlor.

Man versteht also sehr gut, dass in der Stadtluzerner FDP Alarmstimmung herrscht. Oder ist es gar Panik?

Betrachten wir mit Blick auf den 29. März 2020 die drei Listen der FDP, ihrer Senioren (sie heisst: «Mit Herz und Erfahrung») und ihrer Jungen mal etwas genauer. Bei den Senioren kandidieren Namen, die sich eigentlich aus der aktiven Politik verabschiedet haben. Es ist allerdings – falls sie für ihre Wahl auch nur einen Finger rühren – ziemlich wahrscheinlich, dass es der eine oder andere Kopf am 29. März ins Stadtparlament schafft. Wahrscheinlicher als dies ist sogar, dass mehrere «FDP-SeniorInnen» gewählt werden!

Das ist zwar ganz im Sinn der Partei. Nur: Werden zum Beispiel Georges Theiler (während 20 Jahren Bundesparlamentarier) oder Herbert Widmer (24 Jahre im Gross-, beziehungsweise Kantonsrat), oder Trudi Bissig (lange Zeit Grossstadträtin und Parteipräsidentin) tatsächlich gewählt, belegen allein sie bereits drei Sitze in der nächsten Fraktion. Auch die Wahl des bisherigen Kantonsrats (und Fraktionschefs) Andreas Moser auf der Hauptliste ist so gut wie sicher. Macht bereits vier Köpfe.

Gehen wir mal davon aus, dass die FDP zwei Sitzverluste erleiden wird (womit selbst Leute in ihren Reihen rechnen!), so belegen in der nächsten Fraktion (bisher neun Sitze) allein diese vier Namen vier von sieben Sitzen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass von den wieder kandidierenden Bisherigen nicht alle wieder gewählt werden. Es besteht somit die Möglichkeit, dass diese neue Fraktion – sagen wir es vorsichtig – doch ziemlich von «älteren Semestern dominiert» sein wird.  

Und wer garantiert, dass diese Leute – eben: nehmen wir mal an: Herbert Widmer, Trudi Bissig und Georges Theiler – nach einem Jahr nicht zurücktreten? Falls sie dies dennoch machen, rückt allerdings Ersatz auf jener Liste nach, auf der sie gewählt worden waren. Das wird den Altersdurchschnitt der Fraktion also sicher nicht senken.

Ist das im Sinn der FDP.DieLiberalen? Dieser historisch gesehen lange Zeit so wichtigen und weitsichtigen und vor allem auch sozialen Kraft in dieser unserer Stadt? Und erst recht im Bund?

Ziemlich ausgeschlossen ist, dass eine Persönlichkeit auf der Liste der Jungfreisinnigen den Sprung ins Parlament schafft, wo diese Partei noch nie vertreten war. Die FDP hat diesbezüglich nämlich ein grundsätzliches Problem. Der Politikwissenschafter Olivier Dolder hat dies kurz und knapp, aber einleuchtend für lu-wahlen.ch beschrieben. Siehe dazu unter «In Verbindung stehende Artikel»:

Jungfreisinnige füllen FDP-Liste, haben aber kaum Wahlchancen.  

Man muss sich also ernsthaft fragen, wie erfolgversprechend diese personelle Ausgangslage für die FDP tatsächlich ist.

Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch, Luzern


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/