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Kolumne der Redaktion

11.11.2019

Der Kanton Luzern spielt als Teil der Nord-Süd-Achse in der schweizweiten Übung SVU 19 eine Rolle

Seit heute Montag läuft die Schlussphase der «Sicherheitsverbundsübung 2019» (SVU 19). Darüber hat FDP-Bundesrätin und Polizeiministerin Karin Keller-Sutter am 31. Oktober die Medien ausführlich informiert (siehe unter «Links»). Involviert ist auch der Kanton Luzern. Vinzenz Graf ist Chef des Kantonalen Führungsstabes. Er sagt hier, worum es genau geht.


Vinzenz Graf ist Chef des Kantonalen Führungsstabes. Mehr dazu unter «Links».

Eine der Schwierigkeiten bei einem Terroranschlag oder Unfall mit vielen Verletzten und Toten ist es für die Einsatzkräfte, die anfänglich unübersichtliche Lage am Ereignisort («Chaosphase») zu sortieren und Prioritäten zu setzen.

Bilder: Herbert Fischer

Herbert Fischer: Der Bund beübt von heute Montag bis Mittwoch die Polizeikorps, weitere Blaulichtorganisationen, die Armee und vor allem Exekutiven, Ämter und Stäbe der Kantone sowie des Bundes. Wie ist der Kanton Luzern betroffen?

Vinzenz Graf: Der Kanton Luzern ist Teil der Übung, wie die anderen Kantone auch. Eine besondere Betroffenheit liegt nicht vor. Bei der SVU 19 geht es darum, die Sicherheitsstrukturen und -prozesse der Schweiz und das Zusammenspiel der beteiligten Organisationseinheiten im Falle einer lang anhaltenden terroristischen Bedrohung zu üben.

Sie sind Chef des Kantonalen Führungsstabes. Welche ist ihre eigene Rolle in der SVU 19?

Vinzenz Graf: Ich habe die Aufgabe, die Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes und die Vorbereitungen auf Katastrophen und Notlagen zu koordinieren. Dabei ist es wichtig, die Zuständigkeiten zwischen den kantonalen Partnern im Bevölkerungsschutz und dem Bund zu klären.

Welche konkreten Gefahrenpotentiale gibt es im Kanton Luzern?

Vinzenz Graf: Der Kanton Luzern liegt im Herzen der Schweiz und ist vor allem verkehrstechnisch ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt auf der Nord-Süd-Achse. Im Rahmen dieser Übung ist die Bewältigung des Strassen- und Schienenverkehrs eine Aufgabe. Ebenso gibt es im Kanton kritische Infrastrukturen, die geschützt werden müssen. Welche konkreten Gefahrenpotentiale für den Kanton Luzern beübt werden, bestimmt die Übungsleitung und wissen wir im Moment nicht.

Gab es im Kanton Luzern auch schon Ereignisse, die vergleichbar sind mit jenen, wie sie im Rahmen dieser Übung durchgespielt werden?

Vinzenz Graf: Zu einem terroristischen Anschlag – wie er in der SVU 19 beübt wird – kam es in Luzern glücklicherweise noch nicht.

Wie «realistisch» kann eine solche Übung überhaupt sein?

Vinzenz Graf: Selbstverständlich kann eine Übung nie die Realität abbilden. Jedoch wurde bei der SVU 19 ein durchaus mögliches Szenario gewählt. Ebenso werden die Abläufe realitätsgetreu durchgespielt.

Bekanntlich gibt es bestimmte «Grundszenarien», die gewisse «Muster» gemeinsam haben. Aber klar ist auch dem Laien: Letztlich ist im konkreten Ereignisfall jede Entführung, jeder Anschlag auf Personen oder Infrastrukturen – und was auch immer sonst denkbar und somit auch mehr oder weniger «planbar» ist – wieder anders, also in seinen effektiven Abläufen nicht vorhersehbar. Was lässt sich denn im voraus überhaupt bewerkstelligen, um möglichst rasch und vor allem richtig reagieren zu können? Es geht ja vermutlich nicht allein um personelle und technische Ressourcen.

Vinzenz Graf: Es geht vor allem darum, sich bewusst zu werden, welche möglichen Szenarien es gibt. Im Rahmen einer Gefährdungs- und Risikoanalyse hat sich der Kantonale Führungsstab intensiv mit möglichen Szenarien auseinandergesetzt. Daraus können Konzepte erstellt werden, um bei einem Ernstfall möglichst rasch reagieren zu können. Ebenso ist es in einer Krisensituation wichtig, die zuständigen Partnerorganisationen und die involvierten Personen zu kennen. Wie bei jeder Übung geht es auch bei der SVU 19 darum, möglichst viele Inputs zu erhalten, um für einen Ernstfall gerüstet zu sein.

Über diese Übung ist bereits vieles im voraus bekannt gegeben worden (siehe unter «Links»). Wissen somit die Gremien, die jetzt beübt werden, bereits, was auf sie zukommt?

Vinzenz Graf: Nein! Wie in einem Ernstfall verändert sich die Lage immer von Neuem. Die Übung hat auch nicht erst heute Montag (11. November) begonnen, die Führungsstäbe wurden seit rund eineinhalb Jahren über die Lageentwicklung informiert und mussten aufgrund dieser Lageberichte erste Massnahmen initiieren.

Was wird eigentlich die breite Bevölkerung von der Übung konkret mitbekommen?

Vinzenz Graf: Von der Übung wird die Bevölkerung nichts mitbekommen.

Bereits, bevor diese Übung begonnen hat, ist kommuniziert worden, dass die Schweiz mindestens 1500 PolizistInnen zuwenig hat; eine Tatsache allerdings, die längst bekannt ist. Die Polizeikorps schieben seit Jahren unermessliche Berge von Überstunden vor sich her. Und im Kanton Luzern war es die Polizei selber, die kommuniziert hat, sie könne nicht immer, wenn dies eigentlich erforderlich wäre, ausrücken. Das sind doch geradezu Einladungen, in unserem Gemarkungen irgendwelche Attacken zu starten.

Vinzenz Graf: Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Dazu müssen Sie sich an die Polizei, beziehungsweise an die politisch verantwortlichen Stellen wenden.

Welche konkreten Resultate kann eine solche Übung ergeben und was geschieht mit ihnen, ausser, dass sie sicher gut zwischengelagert werden und unliebsame Erkenntnisse der Öffentlichkeit vorenthalten, beziehungsweise vor ihr verwedelt werden?

Vinzenz Graf: Wie üblich findet der wichtigste Teil der Übung nach deren Abschluss statt: die Auswertung der Ergebnisse, die mit allen Teilnehmenden durchgeführt wird. Der Abschlussbericht, in dem die aus der Übung gewonnenen Erkenntnisse vorgestellt werden, wird voraussichtlich Mitte 2020 veröffentlicht. Der Lead liegt hierbei beim Bund. Selbstverständlich wird auch der Kanton Luzern eine Auswertung der Übung machen, um seine internen Abläufe stetig verbessern zu können und um auf einen Ernstfall vorbereitet zu sein.

Sie waren beteiligt 2014 an der grossen «Pandemie- und Stromausfall-Übung». Was ist mit deren Resultaten konkret geschehen (siehe unter «In Verbindung stehende Artikel»)?

Vinzenz Graf: Die Übungsergebnisse wurden kritisch ausgewertet, Defizite herauskristallisiert und priorisiert und entsprechende Massnahmen wurden umgesetzt. Es geht mit der heutigen Übung insbesondere auch darum, die Verarbeitung der damaligen Defizite zu überprüfen.

Interview: Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch, Luzern


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/