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Kolumne der Redaktion

17.07.2018

Ein gesalzenes Dessert für Fussballgourmets

Der russische Salat mit französischer Sauce ist gegessen. Ein Fazit und drei Lektüretipps für den Post-WM-Sommer.


Manuel Bamert (1989) ist Germanist. Er studierte Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft, Geschichte und Philosophie an den Universitäten Zürich und Hamburg. Derzeit promoviert er an der Professur für Literatur- und Kulturwissenschaft der ETH Zürich. Bamert ist im Kanton Schwyz aufgewachsen und wohnhaft in der Stadt Luzern.

Es endete also mit Pussy Riot und verregneten PolitikerInnen. Und mit Frankreichs Titel. Was darüber hinaus längerfristig hängen bleibt von dieser WM, muss sich noch zeigen. Video-Schiedsrichter, Neymar-Rollen, Mbappé-Sprints?

Auch wenn sich mit Frankreich am Ende doch noch einer der Mitfavoriten durchsetzte, zeigte das frühe Aus von Deutschland, Spanien und Argentinien (von Holland und Italien nicht zu sprechen) einmal mehr, worin der Reiz solcher Turniere liegt: In der Gerechtigkeit des Neubeginns. Egal wie viele Titel ein Star oder ein Spitzenteam schon hat, wer gewinnen will, muss erneut liefern. Wieder und wieder.

Die Ereignisse neben dem Platz lassen währenddessen weniger schöngeistige Erkenntnisse zu. In der Schweiz wird man sich wohl noch einige Zeit an die unsägliche «Doppeladler-Doppelbürger-Debatte» erinnern. 

Dabei erstaunte weniger die mediale Vehemenz, mit der das Thema begleitet wurde, als das Verhalten der Schweizer Verbandsfunktionäre. Die Spitze des SFV agierte in dieser Debatte so ohne jede Umsicht, dass einem schwindlig wurde. In einem unerklärlichen Anflug rechtspopulistischen Grössenwahns schlug der Generalsekretär und ehemalige Militärpilot Alex Miescher allen Ernstes die Abschaffung der Doppelbürgerschaft vor. Wohlgemerkt nicht nur für seine «Nati» – der dann mitunter die besten Spieler fehlen würde – sondern gleich für das ganze Land. Da solle noch jemand behaupten, Fussball sei unpolitisch.

Wie dem auch sei – der Hauptgang der WM ist nun jedenfalls gegessen. Es war ein abwechslungsreicher Mehrgänger und man ist durchaus satt für eine gewisse Zeit. Doch etwas Platz für ein Dessert muss noch sein: dreierlei gesalzene Papiernahrung.

• Wer es gerne soziologisch mag, sollte sich Nina Degeles Buch «Fussball verbindet – durch Ausgrenzung» vornehmen. In der 2013 veröffentlichten Studie untersucht die Professorin für Soziologie und Gender Studies, warum Schwule, Frauen und Nicht-Weisse im Fussball noch immer einen schweren Stand haben.

• Ebenfalls etwas schwere Kost, dafür aber brandneu ist das Buch «Ersatzspielfelder – Zum Verhältnis von Fussball und Macht». Die Publikation von Timm Beichelt, Professor für Europa-Studien, erschien dieses Jahr im Suhrkamp-Verlag und zeigt, wie der Fussball als Inszenierungsfläche für die Politik gebraucht wird.

• Allen Fussballfans empfohlen sei das polemische Essay «Das wunde Leder – Wie Kommerz und Korruption den Fussball kaputt machen», das einem die WM in Russland massiv versalzen konnte. Was Stefan Gmünder und Klaus Zeyringer darin über die FIFA-Akteure und andere «Fussballgrüsel» enthüllen, ist kaum zu glauben. Dem Buch (ebenfalls Suhrkamp 2018), das für alle gut lesbar und mit 128 Seiten problemlos handgepäcktauglich ist, ist noch viel Resonanz zu gönnen. Die Fussballwelt hat es nötig – Katar kommt bald.

Manuel Bamert, Luzern 


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/