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Kolumne der Redaktion

20.03.2018

Die nächste Bundesrätin kommt bestimmt

Halten wir fest: von 1848 bis 1984 wurde der Schweizer Bundesstaat nur von Männern regiert. Obwohl 1971 das Stimmrecht für die Frauen, also die Teilhabe an der politischen Macht, eingeführt worden war. 1984 wählte das Parlament die erste Frau in die Regierung. 2010 gab es dann im Bundesrat zum ersten Mal eine Frauenmehrheit. Erstaunlich: die Schweiz ging nicht unter!


Judith Stamm vertrat die Luzerner CVP von 1983 bis 1999 im Nationalrat, den sie 1997 präsidierte. Dieses Bild entstand am 20. Mai 2016 vor der Luzerner Hofkirche, wo soeben die Trauerfeier für Anton Muheim stattgefunden hatte. Muheim war von 1963 bis 1978 SP-Nationalrat und 1974 Nationalratspräsident.

Bild: Herbert Fischer

Es regierten bisher Elisabeth Kopp (1984 bis 1989), Ruth Dreifuss (1993 bis 2002), Ruth Metzler-Arnold (1999 bis 2003), Micheline Calmy-Rey (2003 bis 2011), Eveline Widmer-Schlumpf (2007 bis 2015). Aktuell sitzen Doris Leuthard (seit 2006) und Simonetta Sommaruga (seit 2010) im siebenköpfigen Bundesrat. Nicht gewählt wurden seinerzeit zwei offizielle Kandidatinnen, Liliane Uchtenhagen (1983) und Christiane Brunner (1993). 

Unsere oberste Hierarchiestufe hatte mit den Frauen von Anfang an ihre liebe Mühe. Elisabeth Kopp wurde von ihrer Partei der Rücktritt nahe gelegt, Ruth Dreifuss wurde  anstelle der offiziellen Kandidatin Christiane Brunner gewählt («Vor dem Bundeshaus steht nicht die Strasse, vor dem Bundeshaus steht der Souverän»). Ruth Metzler-Arnold wurde nach einer Amtsperiode von Christoph Blocher verdrängt und an das Getöse bei der Wahl von Eveline Widmer-Schlumpf erinnern wir uns noch gut. 

Die amtierende Bundesrätin Doris Leuthard hat sich letztes Jahr im Westschweizer Fernsehen geäussert, sie befinde sich am Ende ihrer letzten Legislatur. Das Mutmassen und Werweissen über den Zeitpunkt des Rücktritts begann. Nun hat der Parteipräsident der CVP, Gerhard Pfister, kürzlich in einem Interview gesagt, von ihm aus könne Doris Leuthard auch über 2019 hinaus bleiben. Soll etwa, angesichts der Baustellen im UVEK, sachte eine «Fristverlängerung» vorbereitet werden? Ein Parteipräsident sagt ja schliesslich nichts «einfach so».

In der letzten Woche der Frühlingssession überwies der Ständerat einen Vorschlag von Ständerat Raphaël Comte für eine «weiche Frauenquote» für Bundesrat und Bundesgericht. Es soll eine «angemessene Vertretung der Geschlechter» in der Verfassung festgeschrieben werden. Etwa so, wie das für die Landesgegenden und Sprachregionen in Art. 175 Abs. 4 bereits vorgesehen ist. Allerdings stellen die Bevölkerungsanteile in einzelnen Landesgegenden und Sprachregionen unseres Landes Minderheiten dar. Und der Minderheitenschutz wird gross geschrieben in unserem Lande.  

Die Frauen sind aber keine Minderheit sondern eine Mehrheit! 

Politisch wurden sie bisher häufig als Minderheit behandelt. «Ihr habt ja jetzt eine Vertretung», hiess es etwa bei der ersten Richterin, Regierungsrätin oder Vertreterin in einem anderen wichtigen Gremium. Und die Frauen liessen sich lange als Minderheit behandeln. Brachen in Begeisterungsstürme aus, wenn eine «Erste» in einen Rat oder ein Gericht  gewählt wurde. Bis eine gewisse Ernüchterung Platz griff. Und sich das Bewusstsein durchsetzte, dass von Frauenseite nicht einfach «eine Vertretung» angestrebt wird. Sondern dass in den politischen Behörden aller Stufen den Frauen, aufgrund ihres Anteils an der Bevölkerung, jeweils die Hälfte der Sitze zusteht! So würde jedenfalls eine gerechte Beteiligung an der politischen Macht aussehen.

Für den Bundesrat ist das ganz einfach zu bewerkstelligen. Bei den nächsten Rücktritten sollen dem Parlament von den Fraktionen, die für die Besetzung eines Sitzes an der Reihe sind, nur Frauen als Kandidatinnen vorgeschlagen werden! 

Doppel- oder Dreifachvorschläge von Frauen, damit das Parlament eine Auswahl hat. So kann sichergestellt werden, dass bald wieder einmal drei oder sogar vier Frauen im Bundesrat sitzen.

Wenn das bei den nächsten Vakanzen im Bundesrat so gehandhabt wird, dann wären das, im wahrsten Sinne des Wortes: «Taten statt Worte»! 

Judith Stamm, CVP-Nationalrätin von 1983 bis 1999, Luzern

Diesen Beitrag hat Judith Stamm für seniorweb.ch geschrieben, wo er ebenfalls online ist. 


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/