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Kolumne der Redaktion

15.03.2018

Die Volksschule der Stadt Luzern gibt ihr Leuchtturmprojekt ohne Not einfach so auf

In der Stadt Luzern kommen seit knapp zehn Jahren rund 1300 Primarschulkinder in den Genuss einer täglichen Sport- und Bewegungslektion. Jetzt wird sie abgeschafft. Eine Volksmotion wehr sich dagegen.


Stephan Zopfi.

Bild: Herbert Fischer

Nebst konkreten, wissenschaftlich nachgewiesenen positiven Effekten der täglichen Sportstunde in den Bereichen Konzentrationsleistung, Übergewichtsprävalenz und Gleichgewichtsfähigkeit hat dieses Stadtluzerner Projekt nationale Ausstrahlungskraft. Es ist schweizweit das erste Projekt, welches eine tägliche Bewegungsstunde verpflichtend für alle Primarschüler/innen in den Stundenplan integriert. 

Dass diese Pionierleistung nicht unbemerkt blieb, zeigte der Vorstoss von Nationalrat Matthias Aebischer (SP / BE) im Zusammenhang mit angedachten Dotationskürzungen des Sportunterrichts vom 19. September 2017.

Darin schreibt er:

«In Österreich hat man die tägliche Bewegungs- und Sportstunde auf alle Bundesländer ausgedehnt. Begründet wird die Massnahme mit wissenschaftlich erarbeiteten gesundheitsökonomischen Effekten. Diese tägliche Bewegungs- und Sportstunde findet seit zehn Jahren auch in Schulen der Stadt Luzern statt. Alle Evaluationen dazu sind sehr positiv ausgefallen. Was macht der Bundesrat, damit in den Schweizer Schulen primär über eine Bewegungs- und Sportzunahme und nicht über eine Abnahme diskutiert wird?»

Die Antwort von Herrn Bundesrat Parmelin auf diesen Vorstoss ist unter folgendem Link aufrufbar: 

https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-die-videos?TranscriptId=220256

Obwohl Herr Parmelin nicht explizit auf eine Ausweitung der momentan im Bundesgesetz festgeschriebenen Stundendotation eingeht, sondern lediglich auf eine Wahrung derselben verweist, ist es doch sehr erfreulich, dass das Luzerner Modell als einziges in der Schweiz umgesetzt hat, was Österreich seit Beginn dieses Schuljahres national implementiert hat: eine tägliche Bewegungsstunde für alle Kinder mit dem Hauptziel der Gesundheitsprävention und weiterer positiver Effekte, wie es eben auch die Studien in Luzern beweisen.

Nun hat der Luzerner Stadtrat am 8. März 2018 entschieden, die tägliche Sport- und Bewegungsstunde per Sommer 2018 abzuschaffen. 2020 soll in einem Bericht aufgezeigt werden, wie die gleichen Effekte kostenneutral und ohne zusätzliche Lektion ebenfalls erzielt werden könnten. Einige Leute haben mich nach der Logik dieses Vorgehens gefragt… 

Es besteht meines Erachtens kein politischer und schon gar kein finanzieller Druck, zu diesem Entscheid.

Die Finanzierung der zusätzlichen Lektionen war politisch nie ein Thema. Ich durfte in meiner Laufbahn einige Schulreformen begleiten. Das Vorgehen bei der Abschaffung des vorliegenden Projekts, beziehungsweise dessen «Überführung» nach einer Pause von mehreren Jahren, gehört definitiv nicht zu den lobenswerten Unterfangen und entbehrt meines Erachtens jeglicher Logik.

Das Argument, dass der Regierungsrat eine Bewilligung erteilen müsste, die Wochenstundentafel aufzustocken, ist doch kein Argument. Denn erstens hat der Regierungsrat – in Würdigung der wissenschaftlichen Untersuchungsresultate – dies schon zweimal getan. Und zweitens weiss man erst, ob so etwas noch ein drittes Mal klappt, wenn man es tut. Auch die Aufstockung der Wochenstundentafel im Zuge der Lehrplaneinführung 21 als Argument gegen eine zusätzliche Lektion auf den Klassenstufen vier bis sechs anzuführen, greift zu kurz. Es sei pädagogisch unzumutbar, noch eine zusätzliche Lektion pro Woche einzubauen, wird mokiert. Zahlreiche andere Kantone haben eine deutlich höhere Dotation der Wochenstundentafel aufzuweisen und das ist dort pädagogisch zumutbar.

Es handelt sich bei der täglichen Sportstunde um ein Thema, das konsequent vom Kind aus gedacht und umgesetzt wurde.

Die Rückmeldungen von Eltern und Kindern sind durchwegs positiv. Der wissenschaftliche Nachweis für die gesundheitsrelevante Wirkung wurde einwandfrei erbracht. Ebenso der Nachweis für die Steigerung der Konzentrationsfähigkeit als Basisfähigkeit für den schulischen Lernerfolg. Die grösste Steigerung konnte zwischen dem 4. und 5. Schuljahr gemessen werden. Aus diesem Grund macht es Sinn, die tägliche Sport- und Bewegungsstunde in den 4., 5. und  6. Klassen anzusiedeln. Zudem würden die Schulen dank einer klassenübergreifenden Sportlektion bei einer ausgebildeten Fachlehrperson eine zusätzliche Alternierungslektion für den Fremdsprachenunterricht gewinnen. 

Drei Lektionen nach Lehrplan, eine Zusatzlektion bei einer Fachlehrperson im Bereich der koordinativen Fähigkeiten und eine Bewegungslektion fächerübergreifend im Freien: So gestaltete sich die Umsetzung der täglichen Sport- und Bewegungsstunde. Sehr zur Freude von Eltern und Kindern. Im Sommer 2018 soll nun Schluss sein damit. Die Volksschule der Stadt Luzern gibt ihr Leuchtturmprojekt ohne Not einfach so auf. 

Einzelne Elternvertretungen aus den Projektschulhäusern haben nun zusammen mit den externen Projektinitianten die Lancierung einer Volksmotion beschlossen. Dieses demokratische Instrument bietet 100 Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern der Stadt Luzern die Möglichkeit eine Motion einzureichen, die wie eine parlamentarische Motion behandelt werden muss.

Stephan Zopfi, ehemaliger Schulpfleger der Stadt Luzern, Projektinitiant und wissenschaftlicher Projektbegleiter, Luzern 


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/