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Kolumne der Redaktion

23.03.2017

Redaktor Hans Ruedi Felder ist gestorben

Kurz nach seinem 93. Geburtstag ist vorletzten Samstag Hans Ruedi Felder gestorben, früherer Redaktor der Luzerner Neusten Nachrichten.


Dies ist den amtlichen Mitteilungen über die Todesfälle in der Stadt Luzern der heutigen «LZ» zu entnehmen (siehe unter «Dateien»). 

Felder, 1966 zu den «Luzerner Neusten Nachrichten» gekommen, war viele Jahre Redaktor im Ressort Ausland und betreute nachher bis zu seiner Pensionierung im Februar 1989 die Seite «Hintergrund». Dank seines überragenden Intellekts, seinem ernormen Wissen und seiner überzeugenden Rhetorik spielte er in der Redaktion eine wichtige Rolle, war so etwas wie eine Instanz. 

Eigentlich ein sehr zurückhaltender und stiller Mensch konnte er zur Hochform auflaufen, wenn in den Redaktionssitzungen Diskussionen aufflammten, worüber auch immer. Seine Voten hatten Gewicht und waren ebenso gefürchtet wie gefragt; gefürchtet von jenen, denen er widersprach; gefragt von jenen, mit denen er einig war. 

«Der Hansruedi» war eine kantige Persönlichkeit von unglaublicher Ausstrahlung, absoluter menschlicher Integrität und höchster Glaubwürdigkeit. Ein Gesamtkunstwerk! 

Über ihn und seinen speziellen Humor gibt es Legenden zuhauf. Eine geht so. Als sich der damalige Direktionspräsident des Verlagshauses Ringier (neuer Besitzer der «LNN»), Heinrich Oswald, der Redaktion vorstellte, hatten sich auch alle RedaktorInnen ihrerseits dem neuen Chef persönlich vorzustellen. Und zwar im Büro der legendären Verlegerin Alice Bucher, welche die C. J. Bucher AG (bisher Herausgeberin der «LNN») soeben an Ringier verkauft hatte; das muss 1973 gewesen Die LNN-Redaktorinnen wollten sich ihrem neuen Chef Heinrich Oswald logischerweise möglichst positiv präsentieren, indem sie ihre teils hochkarätigen Ausbildungen und Titel sowie ihre Tätigkeiten erwähnten, bevor sie zu den «LNN» gekommen waren. Felder jedoch, der als Germanist promoviert hatte, stellte sich gegenüber Dr. Heinrich Oswald so vor: «Felder, früherer Taxi-Chauffeur in New York»; was er übrigens als Student tatsächlich gewesen war. 

Und eine andere Geschichte geht so. Nachfolger Heinrich Oswalds als Ringier-CEO wurde Dr. Peter Schneeberger. Auch er geruhte, Hof zu halten und sich vorzustellen; das muss etwa 1985 oder 1986 gewesen sein. Es entstand eine lockere Atmosphäre und die Redaktion konnte Schneeberger Fragen stellen. Er war vor seinem Wechsel zu Ringier beim Tiefkühlprodukte-Produzenten Findus tätig gewesen, kam also nicht aus der Medienbranche. Felder gab ein Votum zu einer vorangegangenen Aussage aus der gutgelaunten Runde ab und fügte an die Adresse Schneebergers bei: «Sie können das ja nicht wissen, sie haben ja damals noch Fische tief gefroren». 

Man muss sich das so vorstellen: Jemand fragt einen Kollegen, ob er «damals schon bei uns gearbeitet» habe, oder noch bei, sagen wir, den SBB, der Migros oder bei Schindler tätig war. Felder wusste die Branchen-Unkundigkeit des neuen CEO zu karikieren, indem er nicht einfach sagte, er habe vorher in der Lebensmittelbranche gearbeitet sondern eben «damals noch Fische tief gefroren» (nämlich eben bei Findus). Schallendes Gelächter, Schneeberger wusste zuerst nicht, was er davon halten sollte, lachte aber nach wenigen Sekunden ebenfalls mit - vermutlich eher der Not gehorchend, denn dem eignen Triebe -, nachdem Chefredaktor Christian Müller, dem die Aussage Felders zuerst ebenfalls peinlich war, seinerseits seinem Lachen freien Lauf liess. 

Diese beiden Episoden sind typisch und charakterisieren den verehrten Kollegen, wie er immer in Erinnerung bleiben wird: Blitzschnell eine Situation erfassend und analysierend, wusste er darauf schlagfertig zu reagieren, mitunter zynisch. Aber er konnte auch loben und rühmen, wenn er überragende Leistungen erkannte. Ein Kompliment von ihm hatte einen besonderen Wert. 

In der Aera von Chefredaktor Alois Anklin war Hans Ruedi Felder eine der zentralen Figuren, welche den liberalen Kurs der «Luzerner Neusten Nachrichten» begründeten und prägten, den diese Zeitung in den Sechziger Jahren eingeschlagen hatte und den sie bis zu ihrer verheerenden Fusion mit der «Luzerner Zeitung» zur «Neuen Luzerner Zeitung» (Ende 1995) hartnäckig aufrecht hielt. 

Zusammen mit seiner Gattin Mariagret Felder-Ulrich, der wir herzlich verbunden sind, trauern um Hans Ruedi Felder über seinen Verwandten- und Bekanntenkreis hinaus viele der KollegInnen der «LNN». Seine Beisetzung hat im engsten Kreis bereits stattgefunden. 

Herbert Fischer, Redaktionskollege von Hans Ruedi Felder von 1980 bis 1987, Luzern 


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/