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Kolumne der Redaktion

20.12.2016

Häusliche Gewalt ist keine Privatsache

Die SP-Grossstadträtinnen Luzia Vetterli und Maria Pilotto stellen dem Stadtrat Fragen zum Thema häusliche Gewalt.


Im Rahmen des Sicherheitsberichtes wurde von mehreren Seiten bemängelt, dass das Thema häusliche Gewalt nicht behandelt wurde, obwohl es ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellt (40 Prozent der polizeilich gemeldeten Gewalttaten fand 2015 im häuslichen Bereich statt). 

Kriminalität beeinträchtigt nicht nur die persönliche Sicherheit der Bevölkerung, sondern hat meist auch gesundheitliche Folgen für die Opfer und weitere Beteiligte. Gewaltdelikte im häuslichen Bereich sind für die Opfer besonders einschneidend, weil sie von einer Person kommen, die das Opfer liebt oder von der sie abhängig ist, und weil das Opfer keine «sicheren vier Wände» hat, also konstant Angst vor neuen Übergriffen haben muss. Oft holen betroffene Personen zu spät Hilfe, kommen nicht vom Peiniger/der Peinigerin los oder kehren zu diesem/dieser zurück. In tragischen Fällen enden Geschichten von langer häuslicher Gewalt auch mit schweren Delikten oder gar Tötungen.

Gibt es im Haushalt, wo häusliche Gewalt vorkommt, Kinder, leiden auch diese erheblich unter den Erlebnissen, selbst wenn sie selber nicht direkt Opfer werden.

Kantonalen Statistiken zufolge sind bei rund der Hälfte der Polizeieinsätze aufgrund von häuslicher Gewalt Kinder anwesend. Das Miterleben von Gewalt gegen einen Elternteil oder eine nahe Bezugsperson ist für die Kinder eine Form der psychischen Gewalt. Wenn an dem Ort, an welchem Sicherheit und Geborgenheit erfahren werden sollten, eine Atmosphäre von Spannung, Bedrohung und Willkür herrscht, ist die psychische Belastung der Kinder sehr hoch. 

In diesen Konfliktsituationen fehlen Eltern zudem häufig die Ressourcen, um in angemessener Weise auf die Bedürfnisse der Kinder zu reagieren, und die Kinder leiden als Folge an Vernachlässigung. Das Miterleben häuslicher Gewalt stellt deshalb einen grossen Belastungsfaktor in der kindlichen Entwicklung dar: Viele Kinder zeigen Verhaltensauffälligkeiten, die sich in Unruhe oder Aggressivität, aber auch Niedergeschlagenheit oder Ängstlichkeit äussern; einige Kinder zeigen Anzeichen einer Traumatisierung. 

Das Erleben von Partnerschaftsgewalt wirkt sich aber auch auf andere Bereiche, wie etwa die sozialen und die schulisch-kognitiven Kompetenzen oder die körperliche Gesundheit negativ aus. Wissenschaftliche Studien sind sie einig, dass heute der Fokus der Behörden noch viel zu wenig auf Kinderinteressen gerichtet sind, sondern stets Opfer und Täter im Vordergrund stehen (Quelle: www.kinderschutz.ch, siehe unter «Links»).

Der Kanton kürzt mit dem «KP17» im Bereich der Prävention der häuslichen Gewalt. Die SP-/Juso-Fraktion steht diesen Kürzungen wie der Stadtrat äusserst skeptisch gegenüber.

Weiter ist die SP besorgt darüber, dass offenbar im Kanton Luzern weit weniger polizeiliche Wegweisungen vorgenommen werden als in anderen Kantonen, obwohl die gesetzlichen Möglichkeiten bestehen. Damit können bestehende Präventions- und Beratungsmassnahmen nicht eingesetzt werden (zum Beispiel proaktive Kontaktaufnahme mit Täter/in oder Opfer von entsprechenden Beratungsstellen). Häusliche Gewalt ist nicht zuletzt ein Problem, vor allem im urbanen Raum.  

Die SP-/Juso-Fraktion ist sich bewusst, dass die Kompetenzen in diesem Bereich in erster Linie beim Kanton liegen. Jedoch bestehen auch bei der Stadt Möglichkeiten, die Sicherheit ihrer Bevölkerung zu erhöhen. Beispielsweise mit Informationen auf der städtischen Webseite, Präventionsprojekten in der Jugendarbeit (gegen Gewalt in jugendlichen Paarbeziehungen) oder im Bereich von Kindesschutzmassnahmen, wo erhebliche Spielräume bestehen (zum Beispiel Auflagen an den gewalttätigen Elternteil Antiagressionstrainigs zu absolvieren, Alkoholabstinenz zu wahren, regelmässige Besuche in der betroffenen Familie, Unterstützung der Kinder durch KJPD/Beistand, etcetera). Auch haben sich andere Städte verstärkt auf kommunaler Ebene gegen Gewalt im Privathaushalt organisiert (zum Beispiel Bern).

Die SP-/Juso-Fraktion verlangt daher vom Stadtrat folgendes:

1. Der Stadtrat solle prüfen, inwiefern es für die Sicherheit der städtischen Bevölkerung sinnvoll ist, gewisse Massnahmen, welche der Kanton durch das «KP17» einspart, selber zu übernehmen.

2. Es sei in Gesprächen mit der Luzerner Polizei abzuklären, inwiefern die seltene Anwendung polizeilicher Wegweisungen bei häuslicher Gewalt auch auf städtischem Gebiet vorkommt und falls ja, warum dies so ist. Allenfalls muss auch das Gespräch mit der zuständigen Staatsanwaltschaft gesucht werden, um zu eruieren, mit welchen Massnahmen (Auflagen anstelle Untersuchungshaft während laufendem Verfahren wie Antiagressionstraining, Bewährungshilfe, Paartherapie , etcetera) präventiv eingegriffen werden kann.

3. Im Rahmen des Kindesschutzrechtes sei zu prüfen, wie das Thema häusliche Gewalt vermehrt beachtet werden kann (entsprechende Schulungen der Mitarbeitenden, Erarbeitung von Reaktionsabläufen bei Gefährdungsmeldungen durch Schule, etcetera, Abklärung rechtlicher Möglichkeiten, Aufbau eines entsprechenden Angebots)

4. Im nächsten Sicherheitsbericht sei das Thema häusliche Gewalt aufzunehmen und vertieft zu behandeln.  

Für die SP-/Juso-Fraktion: Luzia Vetterli, Maria Pilotto 


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/