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Kolumne der Redaktion

24.11.2016

Wie sich der Berg der Bonzen selber schadet

Einmal mehr war es die «Rundschau» des Schweizer Fernsehens, die gestern Abend eine Nachricht enthüllte, die nun während Monaten zu reden geben wird. Nämlich, dass das Management des Bürgenstock-Resorts mit dem Feuer spielt. Es steht im Verdacht zu beabsichtigen, Dumping-Löhne zahlen zu wollen.


Doch vorweg etwas Grundsätzliches. Eine leichte Lektion in Medienkunde. Und auch das bloss als Repetition.

Rückblende. Schon die Schlagzeilen darüber, dass sich die Littauer Gemeinderäte gegenseitig eine Art «Abfindung» zuschaufelten, ehe sie in der mit Luzern fusionierenden Kommune das Licht löschten, entsprudelten dem Politmagazin Rundschau von SRF. Und auch die Bilder vom Luzerner «Elite-Polizisten», der einen längst am Boden liegenden und in Handschellen arretierten Mann mit Fusstritten in den Bauch traktierte, verdanken die Luzerner Polizeiführung und ihr Image dieser Sendung (siehe unter «In Verbindung stehende «Artikel»). 

Erst recht wissen wir aus nämlicher Quelle, dass ein Polizeieinsatz in Malters letzten März möglicherweise anders abgelaufen ist, als ihn Polizeikommandant Adi Achermann nachher gegenüber den Medien dargestellt hat. Darum steht er nun seit Monaten im Verdacht, an einer Medienkonferenz die Öffentlichkeit unvollständig informiert, schlimmstenfalls gar belogen und damit sich selber in dieser Funktion möglicherweise untragbar gemacht zu haben (siehe unter «Links»).

Es liegt in der «Natur» solcher Stories, dass sie nicht reihum Freude auslösen und die Direktinvolvierten nachher über «dieses linke Fernsehen», das «Journi-Pack» und die «Lügenpresse» zürnen, um hier nur die zitierfähigen Komplimente zu erwähnen.

Handkehrum sind all diese Fälle von hohem öffentlichen Interesse. Und vor allem: kritischer Journalismus hat nicht irgendwem zu «gefallen». Er hat zu schreiben, zu sagen und zu zeigen, was ist, wie es ist und warum es so ist. Und das mit dem Risiko, dass sich die Vermittler von derlei Ungemach selber in Teufels Küche begeben und sich deswegen Hass und Hetze aussetzen. Für Schmusereien und anderlei Kuscheliges gibt es nämlich «Tele1», den «Insider», den «Anzeiger Luzern» und selbstverständlich die «LZ», gewissermassen das Flaggschiff der Verschweiger- und Weichspüler-Medien in der Zentralschweiz. Sie alle – und landauf landab ihresgleichen noch mehr – fürchten nichts so sehr wie die Repressionen von Inserenten, weshalb sie «lieber keine Lämpen wollen», wenn sie eines noch so fetten Skandals gewahr werden könnten. 

Es ist solchen Medienschaffenden – ganz wenige Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel – darum weitaus lieber, wenn sie von gewissen Vorgängen in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Sport gar nicht erst erfahren. 

Auch genau darum brauchts die SRG als öffentlich-rechtlich strukturierte und unabhängige Institution, die flächendeckend in allen vier Schweizer Kulturen ihren Informationsauftrag unerschrocken wahrnimmt und deren Medienschaffende mit einwandfreien und somit, je nach Lage und Auftrag, funktionstüchtigen Schliessmuskeln bewehrt sind.

Es gibt Beispiele zuhauf, die belegen, dass es der solchermassen thematisierten Dynamik bedurfte, ehe andere, privatfinanzierte und inserateabhängige Printmedien geruhten, sich bestimmter Vorgänge, Ereignisse, Tuscheleien und Mauscheleien, Pleiten, Pech und Pannen doch noch anzunehmen; heisst: darüber zu berichten.

Szenenwechsel. Womit wir bei der Causa Bürgenstock wären. Wetten, dass sich die «LZ» der Geschichte nicht angenommen hätte, von der besagte «Rundschau» – eben: wieder sie – gestern Mittwochabend berichtete? Nämlich, dass das Management des Bürgenstock-Ressorts beabsichtigt, 600 der insgesamt 800 dereinst Beschäftigten im Ausland zu rekrutieren. 

Es kam, wie es kommen musste. Nun entflammt vor dem Hintergrund der vom Souverän angenommenen, unsäglichen «Masseneinwanderungs-Initiative» (MEI) eine Debatte darüber, ob dies juristisch korrekt und politisch geschickt sei. Instinkt- und treffsicher hat David Roth – bis vor zweieinhalb Jahren das Megafon der JungsozialistInnen für vulgärmarxistische Klassenkampf-Pöbeleien, seit seiner Wahl zum Kantonalpräsidenten der Luzerner SP jedoch auffällig handzahm und vorsichtig in der Wahl seiner Worte – im Kantonsrat soeben ein Postulat eingereicht, in dem er genau dies thematisiert.

Und verlangt: der Kanton Luzern soll sein zugesagtes zinsloses Darlehen an das Projekt eines Shuttleschiffes zwischen Luzern und Kehrsiten (zwecks bequemer ÖV-Erschliessung des Bürgenstock-Resorts) überprüfen; überprüfen, weil es genug inländische Arbeitskräfte im Gastgewerbe gebe; ein nachvollziehbarer und geschickter Vorstoss (siehe unter «In Verbindung stehende Artikel»). Zumal er wohl seitens der SVP lanciert worden wäre, hätte Roths richtiger Riecher nicht rechtzeitig reagiert. 

Dieser unvermeidbare SP-Vorstoss im Luzerner Kantonsparlament macht aber auch etwas Anderes bewusst. Der Bürgenstock bietet eine atemberaubende Aussicht in ruhiger Lage. Er geniesst seit Jahrzehnten einen exzellenten Ruf auch bei der «weniger betuchten», sogenannten einfachen Bevölkerung. Das soll offensichtlich so bleiben. Denn mit der direkten Schiffsverbindung will das Bürgenstock-Resort auch sie als künftige Zielgruppe ansprechen, was nur zu begrüssen ist, denn mit dem Shuttleschiff wird der Ausflug auf den beliebten Bürgenstock zum Katzensprung. 

Nur: Schlagzeilen, wie sie die «Rundschau» gestern geliefert hat, sind Gift für das Image dieser Marke. Sie zementieren ihren Ruf als «Berg der Bonzen», der er zwar fraglos auch ist, aber eben nicht nur sein will. Auch Krethi und Plethi, Hinz und Kunz, Hasenfratz und Habermacher, sollen dort dereinst zu Kaffee und Kuchen willkommen sein und ein Bierchen bechern dürfen. Oder auch zwei. 

Ein gutes Gelingen dieses Mega-Projekts steht und fällt allerdings auch mit der Stimmung in der breiten Öffentlichkeit, namentlich bei den BürgerInnen und Behörden der Anrainer-Kantone.

Zahlt der «Bürgenstock» dereinst tatsächlich Dumping-Löhne an ausländische Arbeitskräfte und qualifizierte SchweizerInnen gehen gleichzeitig nach wie vor bei den RAV, den Regionalen Arbeitsvermittlungsstellen, ein und aus, so hat das Management oben auf dem Berg der Bonzen ein nachhaltigeres Problem. Eines, das es sich jedoch dank Weitsicht, Vernunft und Anstand ersparen könnte. 

So einfach wäre das.

Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch, Luzern   


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/