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Kolumne der Redaktion

07.09.2016

Asylwesen im Kanton Luzern: Wo liegt denn nun der Spareffekt?

Seit 1. Januar 2016 führt der Kanton Luzern, das Gesundheits- und Sozialdepartement, das Asylwesen in Eigenregie. Bei jeder Gelegenheit tun die Verantwortlichen des Kantons kund, dies sei die kostengünstigere Lösung und dass schon Einsparungen gemacht worden seien. Letztmals sprach Departementssekretär Erwin Roos von 3 Millionen Franken, die eingespart werden («NLZ» vom 17. August 2016, siehe unter «Dateien»).


Wo aber werden denn diese 3 Millionen Franken eingespart? Wenn all dies inzwischen schon so kostengünstig ist: warum beantragt denn die Regierung einen Nachtragskredit von 10 Millionen, über den der Kantonsrat am 12. September 2016 befinden muss?

Die Hauptbegründung für den Nachtragskredit liegt gemäss Botschaft des Regierungsrates an den Kantonsrat vom 29. April 2016 im Anstieg der Zahl der Asylsuchenden von budgetierten 900 auf neu 2300 (siehe dazu unter «Dateien»). Mit der Zunahme der Zahl der Asylsuchenden steigen nicht nur die Kosten, sondern auch die Beiträge des Bundes an den Kanton an. Massgeblich für die Kantonsfinanzen ist am Schluss der Saldo zwischen Kantonsausgaben und Bundesbeiträgen. 

Anlässlich der Bekanntgabe der neuen Strategie im Asylwesen im Frühjahr 2015 gab Departementsvorsteher Guido Graf als Grund an, dass der Saldo im Jahr 2014 insgesamt 5 500 000 Franken und somit zu hoch sei. 

Implizit war damit auch gemeint, dass die Caritas zu teuer sei. Warum dieses Defizit so hoch war, wurde nie öffentlich bekanntgemacht, es hat ja auch niemand in den Medien oder im Kantonsrat danach gefragt. Im Jahr 2014 hat die Caritas bei den Verwaltungskosten, im wesentlichen Personalkosten, einen Sparauftrag umgesetzt. Zudem wurden Kürzungen bei der Unterstützung der Asylsuchenden vorgenommen. Schätzungsweise wurden so 2 Millionen Franken eingespart. Trotzdem ist der Saldo, also das Defizit in der Kantonsrechnung, um mehr als 3 Millionen höher ausgefallen als 2013. Woher stammt dann das Defizit von 5,5 Millionen? Wieviel wurde beispielsweise für das Zentrum Hirschpark in Luzern ausgegeben, welches als kostengünstige Lösung angepriesen wurde? 

Damals waren 5,5 Millionen Defizit viel, zuviel. Dann sollte es kostengünstiger werden. Budgetiert hat der Kanton für das Jahr 2016, neu nun unter Eigenregie, 5 373 718 Franken, was auch nicht besser ist als im Jahr 2014. Die Botschaft für den Nachtragskredit nennt für das Jahr 2016 Kostensteigerungen in den Bereichen Personal, Immobilienverwaltung, Informatik, Volksschulbildung und Sozialhilfe. Nun, mit dem Nachtragskredit, ergibt die budgetierte Saldorechnung zwischen Ausgaben und Einnahmen ein Defizit von Fr. 14 237 718. Gleichzeitig sollen gemäss Departementssekretär Roos Millionen eingespart worden sein. Verstehe das, wer kann!

Aufschlussreich sind auch einzelne Begründungen in der Botschaft. Zum Personalbereich: «Die Mehrbelastung wurde aber stark unterschätzt und führte zu einer grossen Überbelastung der HR-Beratung. Der Aufbau der neuen Organisation sowie die Kurzfristigkeit vieler Personalentscheide haben im Gegensatz zu einer eingespielten Organisation ebenfalls massive Zusatzaufwendungen zur Folge.» Ist mit «eingespielter Organisation» etwa die Caritas gemeint? 

Zum Informatikbereich heisst es, ebenfalls in der regierungsrätlichen Botschaft: «Die Übernahme des Asyl- und Flüchtlingswesens durch den Kanton führt jedoch zu zusätzlichen Aufwendungen in der Informatik und damit zwangsläufig zu einem IT-Personal-Mehrbedarf.» Daraus muss man schliessen, dass das Gesundheits- und Sozialdepartement bei der Festlegung der Strategie «Eigenregie» angenommen habe, es gäbe keine zusätzlichen Aufwendungen in der Informatik. Interessant sind auch die Kennzahlen: Die Informatikkosten pro Verwaltungsstelle machen beim Kanton Luzern 11 788 Franken aus und eine zu 100 Prozent besetzte Informatikstelle verursacht 138 403 Franken Personalkosten. Wie hoch waren diese Kosten bei der Caritas Luzern? 

Beim Immobilienbereich: «Das Asyl- und Flüchtlingswesen ist ein politisch und fachlich ausserordentlich heikles und personalintensives Geschäft.» Welche Überraschung? Und deshalb braucht es nun neu einen «Projektleiter Asyl».

Dazu kommen noch Kosten für die Volksschulbildung der Kinder von Asylsuchenden im Betrag von Fr. 1 450 000 und als grosser Hauptposten die Unterstützung und Unterbringung von Fr. 20 864 000, welche sogar überproportional ansteigen. Es erstaunt, wie undifferenziert dieser grosse Betrag daherkommt. Üblicherweise werden die Kosten der Sozialhilfe im Asylwesen unterteilt nach Unterstützung (Lebensbedarf), Unterbringung (Miete, etcetera), Gesundheitskosten (Krankenversicherung, etcetera) und situationsbedingte Leistungen (Kurse, Erwerbsunkosten, und anderes). Die Kostenentwicklungen in diesen verschiedenen Abteilungen sind von  öffentlichem Interesse. Wie hoch sind zum Beispiel die Unterbringungskosten pro Person und Tag, respektive pro Monat? 

Offensichtlich ist der Kanton von einem kostengünstigen Asylwesen weit entfernt. Alle Absichtserklärungen, angeblichen Einsparungen, effizienteren Abläufe, etcetera erweisen sich als warme Luft, die allenthalben aus dem GSD geblasen wird. Einige Medien wirken dabei als verstärkende Ventilatoren. Es wäre an der Zeit, hier genauer hinzuschauen, um zu sehen, wie sich das GSD Mühe gibt ...

Und Mühe hat. 

Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch, Luzern

Siehe unter «Dateien».


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/