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Kolumne der Redaktion

31.08.2016

Warum die SVP der SP zu einem zweiten Stadtratssitz verhelfen könnte

Am 15. September nominiert die CVP ihre Kandidatur für die Nachfolge von Stadtrat Stefan Roth. Den Sitz hat sie auf sicher, falls die SVP nicht mit dem Feuer spielt.


Gestern Dienstagabend (30. August) versammelte sich die SP der Stadt Luzern zu einer Mitgliederversammlung in der «Jazzkantine», deren Termin bereits lange vor dem Rücktritt von Stefan Roth als Stadtrat festgelegt worden war. Naheliegenderweise war allerdings auch genau dies ein Thema. Wie die «NLZ» heute berichtet, könnte die SP allenfalls Lust verspüren, mit einer eigenen Nomination anzutreten, so den CVP-Sitz angreifen und einen zweiten Stadtratssitz erringen wollen (siehe unter «Dateien»).

Aus SP-Sicht ist diese Botschaft absolut nachvollziehbar, wobei in der Partei offenbar auch gleich drei Namen im Gerede sind: Kantonsrätin Ylvete Fanaj, Grossstadträtin Judith Doerflinger und Grossstadtrat Daniel Furrer. Letzterer hat sich am 4. Dezember 2015 grosse Sympathien geholt, als er sich parteiintern zusammen mit Beat Züsli und Giorgio Pardini für die Nomination als Nachfolger von Ursula Stämmer-Prost beworben hatte. Die SP ist in einer komfortablen Lage: sie kann, sie muss aber überhaupt nicht für die Roth-Nachfolge kandidieren.  

Pikanterweise wird die SVP diesbezüglich eine Schlüsserrolle spielen. Diese Spekulation mag da und dort erstaunen, ist aber ein ganz einfaches Gedankenspiel.

Gehen wir mal davon aus, dass der Anspruch der CVP auf einen Stadtratssitz, den seit 2010 Stefan Roth innehatte (und noch bis am 15. September innehat), quer durch alle Parteien grösstmehrheitlich anerkannt ist, so wird sich eine weitere Kandidatur nicht ernsthaft gegen den CVP-Sitz als solchen richten. 

Nun aber: Nominiert die CVP eine Persönlichkeit, welche der SVP «zu links» ist – und das ist bei der seltsamen Farbenlehre dieser Partei rasch einmal der Fall –, so könnte dies sie dazu provozieren, selber anzutreten; mit wem auch immer, denn SVP-Kandidaturen für den Stadtrat sind bisher immer gescheitert. Und ihr Kandidat bei den Stadtratswahlen 2016 ist sogar brutal gescheitert. 

Nominiert die CVP hingegen eine Persönlichkeit, welche der SP «zu rechts» ist – und das ist bei der seltsamen Farbenlehre auch dieser Partei rasch einmal der Fall –, so könnte dies auch sie dazu provozieren, selber anzutreten.

Kandidieren wird die SP aber nicht, falls die SVP nicht antritt. Denn die pragmatischen Kräfte in ihren Reihen wie zum Beispiel Altstadtrat Werner Schnieper, die «Realos», werden sich dafür einsetzen, dass der CVP-Sitz ein CVP-Sitz bleibt.

Anders sähe es allerdings aus, falls die SVP antritt, mit wem und mit welcher Begründung auch immer. Dann nämlich splittern sich die bürgerlichen Stimmen auf und die SP wittert Morgenluft, tritt also an.

Die SVP wird sich also sehr gut überlegen, ob sie der SP zu einem zweiten Stadtratssitz verhelfen will. Nach dem Debakel der «bürgerlichen Allianz» am 5. Juni ist in diesem Lager so viel Geschirr zerschlagen worden, dass nun Schadensbegrenzung Priorität hat.

Dazu kommt, dass ein Stadtrat mit zwei SP-Sitzen (Beat Züsli sowie ein zweiter SP-Kopf als Nachfolger von Stefan Roth), einem grünen Sitz (Adrian Borgula), einem grünliberalen Sitz (Manuela Jost) und einem FDP-Sitz (Martin Merki) die politischen Kräfteverhältnisse im Grossen Stadtrat keineswegs repräsentieren würde. Und schon gar nicht jene in der Bevölkerung. 

Eine angemessene Vertretung aller ernst zu nehmenden, bewährten und kooperativen Kräfte in der Exekutive muss aber eine der wichtigsten Zielsetzungen sein, wenn nun die Nachfolge von Stadtrat Stefan Roth zu wählen ist. Es wäre verheerend, wenn die Stadt den gleichen Fehler machen würde wie im Frühjahr 2015 der Kanton, als er erstens die SP und zweitens die Frauen aus der Regierung warf und drittens die Stadt abermals aussen vor hielt; hingegen sind bekanntlich Kriens mit zwei Regierungsräten (Schwerzmann und Winiker) und der Wahlkreis Willisau (Graf und Küng) ebenfalls mit zwei Köpfen vertreten. Voilà: eine «bürgerliche Allianz»... 

Prognose 1, Stand heute Mittwoch, 31. August, 10h: die CVP der Stadt Luzern wird am 15. September entweder Franziska Bitzi Staub oder Pia Maria Brugger nominieren. 

Prognose 2: Die SVP wird sich hüten, der SP zu einem Stadtratssitz zu verhelfen. 

Sollten irgendwelche Aussenseiter, also sogenannte «Nachtschattengewächse», ihrerseits eine Nomination zustandebringen, so erzwingen sie zwar einen Urnengang, werden aber grandios scheitern.

Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch, Luzern


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/