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Kolumne der Redaktion

17.08.2016

Was nun für Franziska Bitzi Staub als Nachfolgerin von Stefan Roth im Stadtrat spricht

Heute Mittwoch (17. August) wird Stefan Roth – seit 2010 einziger Vertreter der CVP im fünfköpfigen Stadtrat von Luzern und daselbst als Finanzdirektor amtend, zudem seit 2012 und noch bis Ende August 2016 Stadtpräsident – offiziell seinen Rücktritt bekanntgeben. Spekulationen über seine Nachfolge drängen sich geradezu auf.


Wie auch immer Stefan Roths Begründung für seinen Entscheid offiziell lauten wird: er verdient Respekt. Die Kränkung, die seine Abwahl als Stapi verursacht hat, ist absolut nachvollziehbar. Ob eine weitere Zusammenarbeit im Stadtrat deswegen gleich unmöglich gewesen wäre, ist eine andere Frage, die mittels einer Ferndiagnose nicht hier und jetzt beantwortet werden kann; zumal unklar ist, wie sich die Zusammenarbeit mit dem «neuen Stadtrat» (neben Stefan Roth die drei Bisherigen Manuela Jost, Adrian Borgula und Martin Merki sowie «dem Neuen», Stadtpräsident und Bildungsdirektor Beat Züsli) entwickelt hätte. 

Gewiss ist allerdings schon jetzt: die CVP wird alles daran setzen, ihren Sitz zu verteidigen. Dieser Anspruch ist unbestritten und es wäre wohl völlig falsch, ihn im jetzigen Zeitpunkt zu bestreiten. Die CVP hat es nun in der Hand, die Roth-Nachfolge zu einem Sonntagspaziergang zu machen. 

Dies umsomehr als es Leute gibt, die Roths Schritt, «bereits jetzt» zurückzutreten und damit einen Urnengang zwecks Besetzung seines frei werdenden Sitzes zu provozieren, nicht goutieren. In den Augen dieser Leute wäre es besser gewesen, Stefan Roth wäre beispielsweise bis zur Mitte der neuen Legislatur im Amt geblieben und hätte dann die persönlichen Konsequenzen aus seiner Abwahl als Stadtpräsident gezogen. Ob ihm dies zuzumuten wäre, ist eine andere Frage, die bei dieser Optik allerdings keine Rolle zu spielen scheint.

Ein Sonntagsspaziergang kann die Bestimmung der Roth-Nachfolge dann werden, wenn die CVP alles daran setzt, eine stille Wahl zu erreichen und somit einen teuren und letztlich nicht wirklich nötigen Urnengang zu vermeiden. 

Prognose 1: Genau dies wird sie versuchen. Denn beschädigt ist nach den städtischen Wahlen 2016 nicht allein Stefan Roth, beschädigt ist auch seine Partei. Die CVP braucht nun dringend Streicheleinheiten. Die holt sie sich nur, wenn sie ihrerseits Augenmass und Fingerspitzengefühl beweist. 

Voraussetzung für eine stille Wahl ist eine Kandidatur, die andere Parteien und sonstige Kreise nicht provoziert, mit einer eigenen Nomination für die Roth-Nachfolge anzutreten.   

Darum wird die CVP nun versuchen, ihre Fraktionschefin im Grossen Stadtrat, die Juristin und Finanzpolitikerin Franziska Bitzi Staub, von einer Kandidatur zu überzeugen. Auch das dürfte keine Probleme bereiten, denn Bitzi Staub wäre dafür bestens qualifiziert und sie hat ihr Interesse an einem Exekutivamt bereits einmal deutlich gemacht. Nämlich, als sie parteiintern für die Regierungsratswahlen 2011 der Surseer Kantonsrätin Esther Schönberger nur knapp unterlegen war. 

Ihr Nachteil: sie gilt als besserwisserisch, pedantisch, schulmeisterlich, mitunter auch als arrogant. Das kommt erwartungsgemäss nicht bei allen Männern gleich gut an und auch unter Frauen holt sie durch diese Art nicht überall Sympathien. Eine intelligente Charmeoffensive liesse diesen Vorbehalt indes möglicherweise geschickt korrigieren. Die Frage ist nur, ob sich Franziska Bitzi auch nachher im Amt als Stadträtin tatsächlich anders als bisher verhält. 

Prognose 2: Eine Kandidatur von Franziska Bitzi Staub würde bei der FDP, der wichtigsten Partnerin der CVP, auf Unterstützung, möglicherweise gar auf Begeisterung stossen.  

Prognose 3: Die SP als stärkste Partei würde nicht gegen Bitzi antreten. Und zwar weil:

Erstens die Mehrheit ihrer Mitglieder den Anspruch der CVP akzeptiert; 

weil zweitens Bitzis fachliche Kompetenzen unbestritten sind und weil sie 

drittens eine Frau ist.

Viertens: Zwar strotzt diese Partei, also die SP, seit den städtischen Wahlen 2016 vor Selbstbewusstsein – mitunter heisst es auch: einzelne ihrer ExponentInnen strotzten vor Arroganz – und es könnte durchaus die Frage von neuem aufkommen, ob man «vielleicht nicht doch» einen zweiten Stadtratssitz anvisieren sollte. Doch weit und breit ist keine Persönlichkeit in Sicht, die sich dafür im heutigen Zeitpunkt eignen würde; schon gar nicht eine Frau. Siehe dazu auch unter «In Verbindung stehende Artikel»: Warum die SP nun nicht abheben sollte.

Ähnliches, wenn nicht gar Gleichlautendes wäre seitens der Grünen und der Grünliberalen als Kommentar zu einer Nomination von Franziska Bitzi Staub als Stadträtin zu erwarten.

Anders würden SP und Grüne wohl reagieren, wenn die CVP eine Nomination brächte, die polarisiert. Aber genau dies wird sie mit allen Mitteln vermeiden wollen. 

Prognose 4: Stand heute Mittwoch (17. August 2016, 11h) wird die CVP noch diesen Monat zu einer Parteiversammlung einladen und bei ihrer Lagebeurteilung und der daraus abzuleitenden Strategiediskussion Überlegungen anstellen, wie sie hier eben dargetan worden sind. 

Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch, Luzern 


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Kommentare:
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Silvio Bonzanigo aus luzern

Samstag, 20.08.2016, 23:42 · Mail

Eine in vielen Teilen überaus hilfreiche Analyse und treffende Charakterisierung der personellen Konstellation. Nur: Mit Pia Maria Brugger, ehemalige Parteipräsidentin und Kantonsrätin, wäre die CVP weit besser bedient. Als Mitglied der Parteileitung der CVP Stadt Luzern lernte ich sie über mehrere Jahre als vorzügliche Teamplayerin und hervorragende Brückenbauerin kennen.

Silvio Bonzanigo, alt Co-Präsident CVP Stadt Luzern, alt Grossstadtrat

 
 
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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/