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Kolumne der Redaktion

21.05.2016

Nach 29 Jahren wieder aufgeführt und so aktuell wie in seiner Urfassung: Jean-Paul Anderhubs Musical Roland

Eine Aufführung der besonderen Art war am Dienstagabend (17. Mai) im «Neubad» in Luzern zu geniessen. Jean-Paul Anderhub bat zur «ROLANDIADE», der Rekonstruktion jenes Musicals, das er selber geschrieben, entwickelt und 1987 für das (damalige) Stadttheater Luzern inszeniert hatte.


120 BesucherInnen genossen das originelle «Pool-Ambiente» im «Neubad».

Der monumentale Roland, gemalt von Cornelia Castelli, fiel gegen Ende der Aufführung krachend vom Sprungbrett in den harten Pool – ersehntes Ende der übermächtigen patriarchalen Macht, die unsere Welt immer wieder in Trümmer legt.

Der Bariton Kermit Gray (links), eigens aus Düsseldorf angereist, musste vom Regisseur eiligst in die Titel-Rolle eingeführt werden.

In verschiedene Rollen schlüpften Jean-Paul Anderhub (links) sowie Schauspieler und Inspizient Dieter Schnur, der über 30 Jahre am Luzerner Theater gewirkt hatte.

Roland und seine Frau Angelica, gespielt von Kermit Gray und der Berner Sängerin Rose Marie Doblies, brillant am Klavier begleitet von Linda Gysin.

Ehefrau Angelica macht sich Sorgen wegen der Lieblosigkeiten ihres Mannes.

Roland (1987 gespielt von Franz Lindauer) als Projektion einer Foto von 1987. Auf dem Mond hat er seinen verlorenen Verstand wiedergefunden.

Jean-Paul Anderhub liest die Rolle des jungen Liebhabers, der Rolands Frau den Hof macht.

Bilder: Emanuel Ammon / AURA

Höhepunkt der «ROLANDIADE» war zweifellos der hochdramatische Sturz des von Cornelia Castelli gemalten, überdimensionierten «Machomannes» Roland vom Sprungbrett in das heute trockene Bassin des Luzerner «Neubads». Die BesucherInnen waren Zeugen einer «archäologischen Rekonstruktion» der in die heutige Zeit versetzten Renaissance-Story von Ludovico Ariost.

In seiner Einführung unterstrich Libretto-Schreiber, Regisseur und Moderator Jean-Paul Anderhub: «Erwarten Sie kein perfektes Musical! Vielmehr bekommen Sie einen Einblick in die damalige Entstehungsgeschichte dieses unserer Stadt und Kulturregion angemessenen „Eigengewächses“, auf das wir stolz sind.» Selbst dieses mit relativ bescheidenen Mitteln entstandene Musical bedurfte der massiven Unterstützung durch spendable Theaterfreunde sowie Zuschüsse regionaler und überregionaler Firmen. 

Mit einem Seitenhieb auf die «Salle-Modulablisten», betonte Anderhub, es gehe ihm einzig und allein darum, mittel- und langfristig die lebendige Weiterexistenz des Luzerner Dreispartentheaters  sichern zu helfen. Diese sei durch «grössenwahnsinnige Fantastereien, die in der Luzerner Bevölkerung keineswegs gut ankommen», gefährdet. 

Ein Musical gegen patriarchale Macht

Eine Zuschauerin meinte hinterher: «Dieses Musical dürfte bei Männern insgesamt nicht gar so gut ankommen.» Es handelt davon, dass Männer auf unserer Erde immer mal wieder ihrem Grössenwahn und ihren Machtfantasien erliegen und Kriege, Völkermord und andere Weltkatastrophen anzetteln. Zitat: «Männer kommen gross in Fahrt, streiten sie um Kaisers Bart…» 

Eine junge Frau meinte dazu: «Lieber als patriarchale  Macht ist mir matriarchale Pracht!» Dies ist denn auch die Meinung der weiblichen Hauptfigur Elena, damals gesungen von der Luzerner «Rockröhre» Vera Kaa, in ROLAND» die Tochter der Titelfigur (damals der Bariton Franz Lindauer). O-Ton aus einem ihrer Songs: «Ihr seid total anachronistisch, ich find Euch ausgesprochen mistig…»

Gelungene, improvisierte Rekonstruktion

Übereinstimmendes Fazit der ZuschauerInnen: «Gerade das Improvisierte, nur Angedeutete dieses Abends hat uns sehr gefallen – es war wie ein Einblick in die Theaterwerkstatt.» Das Luzerner Theater hatte diese Produktion denn auch tatkräftig unterstützt durch Ausleihen von Bühnenbildelementen, stimmigen Requisiten und passenden Kostümen. Daraus konnte der Luzerner Bühnenarchitekt Rolf Engler ein wirkungsvolles Bühnenbild zaubern.

Prekärer war die Situation bezüglich der Wiederbesetzung der Rollen eigens für den 17. Mai im «Neubad» bei SchauspielerInnen und SängerInnen. Es wäre gar nicht möglich gewesen, mindestens ein paar Tage Proben in anderen Städten abzuhalten. Immerhin: Der Bariton Franz Lindauer, inzwischen 86 Jahre alt, hatte sich bereit erklärt, die Titelrolle im rekonstruierten Originalkostüm von 1987 live zu singen. Aber schliesslich musste ihm sein Kardiologe davon abraten. Er war jedoch als Zuschauer und «Glücksbringer» präsent. Dies bedingte, dass der vielen Luzernern noch sehr präsente US-Bariton Kermit Gray (inzwischen wohnhaft in Düsseldorf) kurzfristig für Lindauer einspringen musste. Er meisterte diese Herausforderung schliesslich mit Bravour. 

Nicht weniger überzeugend: die Berner Sängerin Rose Marie Doblies, die ausdrucksstark und mit grossen Stimmvolumen gleich drei Frauenrollen zu meistern hatte:  die Pazifistin Elena, Roland’s frustrierte Ehefrau Angelica und die «Mondhexe» Doralice).  Diverse Rollen, ja ganze Chorpartien wurden von den Sprechern Dieter Schnur und Jean-Paul Anderhub vorgetragen.

Neuer Zwiti....

SchauspielerInnen, Chormitglieder, eine ganze Truppe von Halbprofi-Tänzerinnen von 1987 – mehrere AkteurInnen feierten an diesem Abend ein fröhliches Wiedersehen. 

Massgeblich zum Gelingen der «ROLANDIADE» trugen bei: Komponist Paul Vonarburg, zum Teil mit Neuarrangements; Rolf Schimmermann beim Musikeinspielen; Roli Duss (soundX Hochdorf) mit historischem Mitschnitt; Cornelia Castelli mit der «Rolandfigur». Last but not least: Theaterfotograf Emanuel Ammon (Agentur AURA) mit seinen ausdrucksstarken Proben- und Aufführungsbildern von 1987

Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch, Luzern

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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/