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Kolumne der Redaktion

17.09.2015

Werner P. Wyler hat unter den Umwälzungen auf dem Presseplatz Luzern gelitten

In Tel Aviv ist Werner P. Wyler (76) verstorben, Luzerner Journalist, Pressefotograf, Ur-Fasnächtler und liberaler Politiker. Mit seiner Gattin Susy Wyler-Tschanz, der gemeinsamen Tochter und ihren Familien trauert ein enormer Freundes- und Bekanntenkreis um eine stadtbekannte und beliebte Persönlichkeit. Und die Branche erinnert sich an eine lokaljournalistische Mehrzweckwaffe, wie es sie heute nicht mehr gibt.


Dieses Bild von Werner P. Wyler ist seinem Facebook-Account entnommen. Es ist vermutlich nur wenige Jahre alt.

«Wepe» 1980 an der Luzerner Fasnacht, fotografiert von seinem damaligen «Tagblatt»-Kollegen Emanuel Ammon.

Bild: Emanuel Ammon / AURA

Werner P. Wyler war bekannt unter seinem Kürzel wepe, mit dem er auch gerufen wurde. Er hatte eine Lehre als Fotograf absolviert und war bereits in jungen Jahren für die Luzerner Tageszeitungen, vor allem die «LNN», als schreibender und fotografierender Reporter unterwegs und bewährte sich so als Mehrzweckwaffe für jedwelche Themen und mittels sämtlicher handwerklicher Disziplinen, eher er sich anfangs der Siebziger Jahre fest bei den «LNN» verpflichtete.

1975 erfolgte – als Vertreter der Liberalen – seine Wahl ins Stadtparlament, weshalb er nicht mehr über städtische Politik schreiben konnte. Aussenstehenden blieb stets unklar, ob er eigentlich gar nicht wirklich damit gerechnet hatte, gewählt zu werden, oder ob er tatsächlich davon ausging, sich auch im Falle seiner Wahl journalistisch weiterhin der Kommunalpolitik widmen zu können.

Wie auch immer: «Wepe» war fortan vorab im Ressort Innerschweiz der «LNN» zu lesen, seinen bevorzugten Themenfeldern – eben: jenen ausserhalb der städtischen Politik – blieb er jedoch treu: dem gesellschaftlichen und kulturellen Leben Luzerns in all seinen Facetten und der von ihm über alles geliebten Fasnacht. 

Nachdem im Oktober 1980 die Entlassung von Chefredaktor Jürg Tobler Teile der Redaktion der LNN und ihrer Leserschaft lautstark erzürnte, schloss sich Werner P. Wyler dem Exodus an und wechselte zum «Brugger Tagblatt». Offensichtlich war es ihm dort aber nicht wohl, weshalb er bald wieder in heimatliche Gefilde zurückkehrte und an der Baselstrasse beim liberalen «Luzerner Tagblatt» anheuerte, wo er auch politisch zuhause war. 

Doch die Irrungen und Wirrungen auf dem Medienplatz wollten nicht enden, akzentuierten sich sogar erst recht und so musste «Wepe» miterleben, wie sich das Hoforgan der über Jahrzehnte hinweg allmächtigen Stadtluzerner Liberalen mit jenem der CVP an der Maihofstrasse (dem «Vaterland») vereinte; selbstredend der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe, denn es handelte sich um eine klassische Muss-Ehe, eine aus ökonomischen Zwängen diktierte Verbindung zwischen zwei historischen Todfeinden sogar; bar jeglicher inneren Zuneigung oder gar Erotik.

Wie andere RedaktorInnen wechselte also auch er von der Basel- an die Maihofstrasse und die Narben aus dieser Ende 1991 erfolgten Fusion waren kaum verheilt, ereilte ein nächster Paukenschlag die kaum zusammengewachsene Crew des seither als «Luzerner Zeitung» firmierenden Imprimats: Im September 1995 verkündete deren Besitzerin, sich mit dem Zürcher Ringier-Konzern, Eignerin der «Luzerner Neusten Nachrichten», geeinigt zu haben, beide Produkte ab 1996 als «Neue Luzerner Zeitung» herauszugeben.

Es ist unschwer zu erahnen, wie sehr Wyler unter diesen Entwicklungen litt. Er erlebte hautnah und vor allem schmerzlich, wie unfreiwillig zusammenwuchs, was nun wirklich nicht zusammengehörte. 

Bis zu seiner Pensionierung anfangs der 2000-er-Jahre leitete Werner P. Wyler bei der «NLZ» das Ressort Stadt Luzern. Hier kam ihm sein unvorstellbares Beziehungsnetz zugute, das ihm allerdings immer wieder Beisshemmungen bescherte. Er konnte sich zwar immer wieder über jedwelche Vorgänge ereifern, deutsch und deutlich kritisiert und kommentiert aber hat er sie kaum je. Zu nahe stand er so vielen Leuten in dieser Stadt, die er nicht verärgern, als Freunde nicht verlieren wollte. 

Als hartgesottenen und furchtlosen Rechercheur, der zudem frank und frei seine Meinung kundtat, konnte man ihn sich schlichtweg nicht vorstellen. Dafür war er nach zu vielen Seiten zu charmant, zu konziliant, zu «anständig».

Darin aber gründete handkehrum seine Beliebtheit in unterschiedlichsten gesellschaftlichen und politischen Kreisen und erst recht unter den Fasnächtlern. Mit Freude durften seine Freunde auf Facebook mitverfolgen, wie seine Gattin und er sich in Israel eingerichtet und eingenistet hatten, um dort ihren wohlverdienten Lebensabend zu geniessen, wohin sie Wylers jüdische Wurzeln gezogen hatten. Und wie sehr er Luzern verbunden blieb (siehe unter «Dateien»). 

Mit «Wepe» ist ein respektierter und bewährter Journalist und Fotograf, ein aufmerksamer Beobachter und Beschreiber der Gesellschaft und ihrer Akteure, ist ein sympathischer Kollege für immer gegangen. Seinen Liebsten und Nächsten gilt unsere herzliche Anteilnahme an diesem schmerzlichen Verlust. 

Herbert Fischer, mit Werner P. Wyler seit 1967 bekannt, Gründer und Redaktor www.lu-wahlen.ch – das ganze meinungsspektrum, Luzern

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Siehe dazu weiter unten auch den Kommentar von Pirmin Meier zu diesem Nachruf.
 


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Kommentare:
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Pirmiin Meier aus Rickenbach

Sonntag, 20.09.2015, 12:25 · Mail

Den Konflikt um die Entlassung von Jürg Tobler, den ich zwar für überschätzt hielt, habe ich hautnah miterlebt. Der Saal im «Union» war randvoll, als ein Ringier-Boss und hoher Militär namens Heinrich Oswald erklärte, die Zeitung habe den Tod von Schaggi Streuli («Polizist Wäckerli») verschlafen und schreibe zu wenig volksnah.

Mit dem Wechsel ins «Brugger Tagblatt» geriet «Wepe» vom Regen in die Traufe, war doch das «Aargauer / Brugger Tagblatt» die damals rechteste Tageszeitung in der Schweiz. Ein Linker war «Wepe» dann aber auch wieder nicht. Für ihn gilt das Wort von Marie von Ebnier-Eschenbach: «Der Platz des Gerechten auf Erden ist zwischen Stühlen und Bänken, im Himmel aber zur Rechten Gottes.» In diesem und nur in diesem Sinn war er ein «rechter» Publizist.

Mit Herbert Fischer verneige ich mich vor seinem Andenken, wobei «Wepe» für mich und wohl auch andere schon länger nicht mehr im Fokus gestanden ist.

Pirmin Meier, Rickenbach

 
 
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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/