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Kolumne der Redaktion

02.04.2015

Warum Luzerner Politikwissenschafter Zopfi und Winiker empfehlen

Der Politikwissenschafter Stefan Rieder von Interface Politikstudien hat zusammen mit anderen Leuten aus diesem Forschungs- und Beratungsunternehmen eine Liste für den zweiten Regierungsrats-Wahlgang vom 10. Mai eingereicht.


Stefan Rieder ist Politikwissenschafter und Geschäftsführer von Interface Politikstudien.

Bild: Herbert Fischer

Herbert Fischer: Sie und Professor Andreas Balthasar haben eine Liste initiiert und lanciert, die sowohl den SVP-Kandidaten Paul Winiker wie auch Felicitas Zopfi von der SP in der Regierung haben will. Warum?

Stefan Rieder: Der Grund ist unser Beruf: Andreas Balthasar und ich sind Politologen und wir beobachten die Regierungsratswahlen aus dieser Perspektive. Unsere «Liste für eine ausgewogene Regierung» will genau das erreichen, was ihr Name sagt.

Sie argumentieren also sowohl als Staatsbürger wie auch als Wissenschafter? 

Ja. Aus unserer beruflichen Perspektive betrachten wir die Wahlen auch aus einer gewissen Distanz. Das heisst, es geht uns nicht um die Bewertung der Kandidatinnen und Kandidaten. Es geht uns vielmehr um Folgendes: Wir haben die Sorge, dass eine rein bürgerliche Regierung zu einer Polarisierung führen würde. Wir wollen werben für die Konkordanz, also den Einbezug aller referendumsfähiger Parteien in die Regierung. So entstehen im Ringen um Positionen letztlich Kompromisse. Das ist eines der Erfolgsrezepte der Schweiz, das auch in Luzern zur Anwendung kommen sollte.

Was ist, wenn Konkordanz fehlt?

Wo die Konkordanz nicht spielte oder nicht spielt, entstehen nach unserer Ansicht in unserem politischen System Probleme: Die nicht in die Regierung eingebundenen Pole verweigern sich dem Kompromiss. Im Kanton Genf wurde dieses Modell von 1993 bis 1997 ausprobiert. Die Folge: Eine politische Blockade der bürgerlichen Regierung durch linke Kräfte. 

Wenn die wichtigsten Kräfte nicht eingebunden sind, ergreifen sie häufiger direktdemokratische Mittel um so als Korrektiv zur Regierung aufzutreten? 

Genau das ist zu erwarten. Unser System der direkten Demokratie mit Initiativen und Referendum ist darauf angelegt, dass sich auch Kräfte ausserhalb der Regierungsverantwortung recht stark in die Gestaltung der Politik einbringen können. Wer also «aussen vor» bleibt, kann sich dieser Mittel bedienen und die Regierungen unter Druck setzen. Darum ist es besser, die wichtigsten und stärksten Kräfte Regierungsverantwortung mittragen zu lassen. 

Ihre Position, die sich auch argumentativ mit dem gestrigen DV-Beschluss der CVP in Sempach deckt, richtet sich letztlich auch gegen Marcel Schwerzmann, der jetzt schwierigere Karten hat. Ihn will die CVP erklärtermassen loswerden. 

Es geht uns nicht um die Person von Marcel Schwerzmann oder dessen Leistungen. Aus der Distanz betrachtet weisen wir lediglich darauf hin, dass der parteilose Sitz im Rückblick eine Art «Platzhalter» für den SVP-Sitz darstellte. Die Ausgangslage hat sich nun geändert, weil die SVP mit Paul Winiker einen Kandidaten präsentiert, der offenbar nicht nur im rechts-bürgerlichen Lager Akzeptanz findet. Das System mit einem Parteilosen hat sich also in einem gewissen Sinn überlebt. 

Ihre Liste, die Sie heute Donnerstag um 12h bei der Staatskanzlei eingereicht haben, prägt die Ausgangslage entscheidend mit, zumal sie nicht von einer Partei kommt.

Die Bedeutung einer Liste darf nicht überschätzt werden. Wir betrachten daher unseren Vorschlag als Beitrag zur Meinungsbildung. Wir möchten den Vorschlag aber dort einbringen, wo die Wählerin und der Wähler ihn sehen und zwar im Wahlmaterial. Unsere Botschaft ist leicht nachvollziehbar: Im Sinn des Konkordanzsystems wollen wir, dass gemäss ihrer Wählerstärke die Rechte, die Mitte und die Linke anteilsmässig im Regierungsrat mitmachen. 

Und wie gewichten Sie die Frage, ob eine einzige Frau der neuen Regierung angehören soll?

Wir finden es gesellschaftspolitisch wichtig, dass mindestens eine Frau in der Regierung vertreten ist. Dies ist für uns ebenso wichtig, wie die eben erwähnten Vertretungen der drei Blöcke (links, Mitte, rechts). Infolgedessen können wir uns nicht vorstellen, dass die Regierung fortan ein reines Männergremium wäre. Alle drei Kandidaturen (Schwerzmann, Zopfi, Winiker) sind wählbar, somit scheint es uns sinnvoll eine Frau mit in die Regierung zu wählen. 

Interview: Herbert Fischer

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Die Politikwissenschafter Dr. rer. pol. Stefan Rieder und Andreas Balthasar, Professor für Schweizer Politik an der Uni Luzern, sind Geschäftsführer, beziehungsweise Gründer von Interface Politikstudien Forschung Beratung in Luzern. 


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/