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Kolumne der Redaktion

18.09.2014

Wann veranstaltet die «NLZ» Leserreisen nach Syrien, in die Ukraine und in den Gazastreifen?

Seit Wochen sind in der «Neuen LZ» und ihren Regionalausgaben Inserate zu lesen, welche zu einer Leserreise nach Sri Lanka einladen. Das halte ich für eine ziemlich geschmacklose Idee. Ich stamme selbst aus dem Norden dieses Landes und wurde in der Schweiz als Flüchtling aufgenommen.


Mit diesem Inserat werben die «NLZ» und ihre Regionalausgaben für eine Leserreise nach Sri Lanka (siehe auch unter «Dateien»).

Kuruparan Kurusamy (Mitte), der Autor dieses Beitrages, am 23. Juli 2014 bei einer Aktion in Bern: siehe dazu unter «In Verbindung stehende Artikel»: Drei Flashmobs zur fürchterlichen Lage in Sri Lanka.

Bild: Herbert Fischer

In Sri Lanka wird seit 60 Jahren ein Völkermord am tamilischen Volk verübt. Nach der Unabhängigkeitserklärung vom britischen Kolonialismus bemühten sich die singhalesischen Regierungen zunehmend, die tamilische Minderheit zu marginalisieren und zu entrechten (Nationalsprache: nur singhalesisch, Staatsreligion: buddhistisch, etc.) Die Tamilen versuchten vorerst, diese Entwicklung auf demokratischem Weg zu stoppen. Als ihre Anliegen systematisch von der Regierung ignoriert wurden, setzte sich die Überzeugung durch, dass nur in einem autonomen tamilischen Staat (Tamil Eelam) die eigenen Interessen gewahrt werden können. Nach Pogromen der Singhalesen an den Tamilen, begannen einzelne tamilische Separatistengruppen mit dem bewaffneten Kampf.

Die «Befreiungstiger» sind eine der grössten Organisationen, welche bis vor fünf Jahren 70 Prozent des Tamil Eelam kontrollierten und eigene staatliche Strukturen aufbauten. Die Idee der Regierung, mittels eines Genozids den srilankischen Tamilen endgültig das Genick zu brechen, wurde vermutlich erst ganz am Anfang des 21. Jahrhunderts und mit Hilfe von ausländischen Beratern ausgebrütet.

Ferien im Land des Völkermords

Diese Auseinandersetzung erreichte im Jahr 2009 ihren Höhepunkt. Die srilankische Regierung führte in Tamil Eelam im Namen des «Kampfes gegen Terrorismus» einen Krieg, der an Brutalität kaum zu überbieten war. Gemäss UN-Berichten sollen im Frühjahr 2009, in der letzten Phase des Krieges, 40 000 bis 70 000 Zivilisten getötet worden sein. Für diesen barbarischen Feldzug benützte die Armee auch Streubomben und Giftgas, die gemäss Genfer Konvention verboten sind. Auch Spitäler wurden gezielt bombardiert. Britische Fernsehsender wie Channel 4 haben diese Kriegsverbrechen dokumentiert und die Lügengeschichten der Regierung widerlegt. 

Da sich die srilankische Regierung seit Jahren weigert, die Kriegsverbrechen aller Kriegsparteien unabhängig untersuchen zu lassen, wurde am 27. März 2014 im UN-Menschenrechtsrat eine entsprechende Forderung in Form einer Resolution mit 23 zu 12 Stimmen (bei 12 Enthaltungen) verabschiedet.

Mahinda Rajapaksa, der Präsident Sri Lankas, lehnt die Resolution der UNO mit der Begründung ab, diese gefährde den Aufarbeitungs- und Versöhnungsprozess in seinem Land. Bis heute verweigert die srilankische Regierung den UNO-Mitarbeitern die Einreise. Rajapaksa beharrt immer noch auf einer Untersuchung durch seine eigene handverlesene «Versöhnungskommission». Doch die, meint Amnesty International, ist nur ein Feigenblatt. Den Verbrechen gegen die Menschlichkeit werde in Sri Lanka weiterhin nicht angemessen nachgegangen, kritisiert die Menschenrechtsorganisation. Die Regierung wolle nur «eine unabhängige internationale Untersuchung verhindern».

Die Schlächter verdienen am Tourismus mit

Amnesty International schildert die Tourismuslage in Sri Lanka wie folgt: «... Doch für Tourismusvorhaben raubt die Regierung der Bevölkerung Land. Das Militär verdient an manchen Hotels direkt mit...». (Quelle: Ausgabe 75 von «Amnesty Schweiz»). 

Colombos Führungsclique zeigt weder Schuldbewusstsein noch Reue. Im Gegenteil: Die Armeeführung rühmt sich, die Rebellen in einem «absoluten Militärsieg» vernichtet zu haben. Staatspräsident Rajapaksa brüstet sich international mit seiner «effektiven Methode gegen Terroristen». Sri Lankas Führung preist ihr Rezept gar als Exportschlager an, bietet Seminare für Armeen und Regimes in Ländern mit bewaffneten Konflikten.

Und nun dies: die «Neue LZ» und ihre Regionalausgaben organisieren nächstes Jahr eine Leserreise nach Sri Lanka und besucht werden selbstverständlich nur buddhistische Tempel, die «wunderschön erhalten» sind und den vom Krieg nicht betroffenen Süden des Landes, wie es in einem Inserat heisst. Organisiert wird das ganze Programm vom Luzerner Reisebüro Lohri. Man fragt sich, was sich die «NLZ» dabei eigentlich denkt. Denn führende Persönlichkeiten wie der englische Premierminister und der kanadische Regierungschef haben die letztjährige Commonwealth Veranstaltung in Sri Lanka wegen der schlimmen Menschenrechtslage boykottiert.

Krieg offiziell zu Ende, Genozid geht weiter 

Obschon der Krieg seit 2009 «offiziell» zu Ende ist, hat sich die Lage im Land seither alles andere als verbessert. Die Regierung besetzt mit ihren Truppen das ganze Tamil Eelam und führt ihren systematischen Völkermord in anderer Formen weiter: Kulturen zerstören, Land enteignen, Vergewaltigungen, Zwangssterilisation, Entführungen und Morde. Vor kurzem wurden tamilische Tempel, Moscheen und Kirchen vom singhalesischen Mob zerstört und protestierende Menschen wurden geschlagen; dies alles unter den Augen der Regierungstruppen und der Polizei.

Wie kann es sein, dass die «Neue LZ» und ihre Regionalausgaben zusammen mit Lohri Reisen eine Leserreise organisieren in eines der für Journalisten und Menschenrechtsaktivisten gefährlichsten Länder der Welt? Eine solche Leserreise vermittelt den Eindruck, Sri Lanka sei immer noch ein Ferienparadies, eine intakte Insel der Glückseligkeit. Wichtige Fakten und das Elend der Bevölkerungsminderheiten werden gänzlich ausgeblendet. Wie blind und blauäugig darf ein Zeitungsverlag eigentlich sein?

Ich frage mich, wann die «Neue Luzerner Zeitung» und ihre Regionalausgaben auch Leserreisen in den Gaza-Streifen, nach Syrien oder in die Ukraine veranstalten.

Kuruparan Kurusamy, namens der Organisation Phoenix – The Next Generation, Baar 

Dieser Text ist am Samstag, 13. September 2014 als Leserbrief an die Redaktionen der «Neuen Luzerner Zeitung» und der «Neuen Zuger Zeitung» gemailt, von ihnen aber nicht publiziert werden; dies ohne Antwort und Begründung an den Absender!


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/