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Kolumne der Redaktion

09.09.2014

Ganz klar für die ZHB-Initiative und vor allem: Finger weg vom Vögeligärtli

Merkwürdiges tut sich im Vorfeld der Abstimmung über die Initiative der Grünen, welche den Abbruch und Neubau der Zentral- und Hochschulbibliothek (ZHB) verhindern will. Das Volksbegehren wird dieses Ziel ganz gewiss mit einem wuchtigen Ja erreichen. Auch wenn die Familienpartei CVP hier eine ganz besondere Rolle spielt.


Die Stadtluzerner CVP-Kantonsrätin Andrea Gmür-Schönenberger (links) hat im Kantonsrat eine Mehrheit für eine Motion zustande gebracht, welche die ZHB abbrechen und mit einem deutlich grösseren Bauvolumen - auch für die Gerichte - neu aufbauen will. Das Bild entstand am 21. Juni 2011 anlässlich der «Rütli-Sternfahrt» am Fronleichnamstag 2011 der Innerschweizer Kantonalparteien der CVP (siehe unter «In Verbindung stehende Artikel»).

Die Überweisung der Motion Gmür hat zur Initiative der Stadtluzerner Grünen geführt, die hier deren Präsident Marco Müller (im grünen T-Shirt) am 4. September 2013 Daniel Egli von der Stadtkanzlei übergibt.

Bilder: Herbert Fischer

Geschehen ist dies: letzten Dienstag beschloss die CVP der Stadt Luzern die Nein-Parole zu dieser Initiative, die am 28. September vors Volk kommt. Dies, nachdem ihre Fraktion im Stadtparlament geschlossen dafür votiert hatte. 31 CVP-Mitglieder waren an der Parteiversammlung gegen die ZHB-Initiative, 18 dafür.

Wer mit Leuten spricht, die diese Versammlung mitgemacht und nachher ihre Köpfe geschüttelt haben hört reihum, dieses Resultat sei «eigentlich gar nicht so erstaunlich». Denn manche der Nein-Stimmenden hätten damit der neuen Parteipräsidentin Andrea Gmür-Schönenberger «einen Stein in den Garten werfen», sich ihr gegenüber damit also dankbar zeigen wollen, dass sie vor kurzem das undankbare Präsidium der städtischen CVP übernommen habe. Ihr, die jetzt derart «im Wetter» stehe und «alle gegen sich» habe, obschon ja der Kantonsrat ihre Motion angenommen hatte, welche den Abbruch und Neubau der ZHB verlangt.

Die Annahme dieser Motion war der Auslöser für die grüne Initiative, über die wir nun richten und rechten werden. Andrea Gmür mag ehrenwerte, wenn auch rein wirtschaftliche Motive gehabt haben, das harmonische Ensemble rund um das Vögeligärtli «optimieren» zu wollen; sprich: ein massiv grösser Bauvolumen hinzuklotzen und besagtes Idyll massiv zu beeinträchtigen. 

Vernünftig allerdings bleibt diese Motion unter keinem Titel, zumal schon längst klar ist, wie die Stadt stimmen wird, nämlich deutlich gegen einen Abriss, also wuchtig für die grüne Initiative. Das ist auch gut so.

Ein anderes Kapitel wäre, hier einmal mehr, die Frage, wie viele Steuerfranken für die Motion Gmür, diese Totgeburt, vorsätzlich in die Reuss geschmissen werden. Ganz abgesehen auch von der «Hüst-und-hott-Politik» rund um das «Drama ZHB», die auf dieser Plattform ebenso wie anderswo schon hinreichend thematisiert worden ist. Erinnert sei – auch hier: einmal mehr – an einen hervorragenden Kommentar von Stefan Calivers, Chefredaktor des Willisauer Boten (siehe unter «In Verbindung stehende Artikel»). 

Die Frage ist nicht zu vermeiden: Wie tickt eine Partei, deren Mehrheit – ohne jedwelche Kausalität zwischen der Initiative und der Position der CVP-Fraktion im Grossen Stadtrat einerseits und dem neuen Parteipräsidium andererseits  – sich von solchen Überlegungen leiten lässt, beziehungsweise nicht einsehen will, dass dieses Drama subito zu beenden und die ZHB ebenso rasch zu renovieren ist?

Erst, nachdem die CVP letzten Dienstag so beschlossen hatte, meldete sich mittels der «Neuen Luzerner Zeitung» am Samstag (doch noch) ein Komitee zu Wort, das sich somit also ganze drei Wochen vor dem Abstimmungstermin formiert hat und die Initiative bekämpft (siehe unter «Dateien»). Warum erst jetzt? Hätten sich die Gegner vor zwei Monaten konstituiert, wären interessante Debatten möglich gewesen. 

Zum Beispiel darüber, welchen Stellenwert ein historisch gewachsenes architektonisches Ensemble rund um das überaus populäre Vögeligärtli städtebaulich eigentlich hat. 

Zum Beispiel darüber, warum den hohen Herren und Damen Richtern und Richterinnen nicht zuzumuten sei, ihre neuen Arbeitsplätze dereinst an einem anderen Ort zu beziehen, statt ausgerechnet hier Hof halten zu wollen, wie dies die unsägliche Motion Gmür vorsieht. Gerichte haben nun einmal wirklich nicht jenen Publikumsverkehr wie beispielsweise das Stadthaus oder die Polizei, weshalb ihr unbestrittener Platzbedarf anderswo genauso realisiert werden kann; egal, ob Ihro Gnaden geruhen, sich dazu hinunterzulassen oder nicht.

Eine Debatte zum Beispiel auch darüber, ob wirklich alles und jedes «optimiert» werden soll, etwa also Baulinien erweitert und Ausnützungsziffern erhöht werden sollen, oder wie auch immer diese Begriffe korrekt heissen mögen.

Zum Beispiel darüber, welchen Wert ein Park wie das Vögeligärtli, so klein er auch ist, haben soll, haben darf; nein: haben muss.

Diese Stadt ist zwar mit einer einzigartigen Topografie gesegnet. Aber ihr Kern kennt kaum grüne Oasen und schon gar nicht grössere. Das Vögeligärtli ist eine dieser wenigen Idyllen; neben dem Inseli, dem Wettsteinpark, dem Konsipark, der Lidowiese, dem Spitteler-Quai mit seiner Wiese, dem Helvetiagärtli, dem Park vor dem Richard Wagner Museum und dem kleinen Park zwischen Obergrund und Taubenhausstrasse. Man betrachte mal einen Stadtplan und wird dort rasch erkennen, wie wenig Fläche die Parks in dieser so dicht bebauten Stadt ausmachen.

Die Wiese zwischen Lido und Seeburg gehört nicht in diese Aufzählung, weil sich dort die Hunde (pardon: und Hündinnen) entsorgen, wiewohl auch dies eine Wiese ist. Aber es käme nun wirklich niemand auf die Idee, seine Kinder dort frei spielen zu lassen.

Solche und ähnliche Fragen hätten substanzielle und wertvolle Auseinandersetzungen ermöglicht, die nun allerdings wohl kaum mehr stattfinden werden, zumal die Abstimmungsunterlagen längst verschickt sind.

Ebenfalls eine der ganz besonderen Qualitäten Luzerns sind seine öffentlich zugänglichen Seeufer. Soweit er an städtischen Grund grenzt, im Luzerner Seebecken also, sind mindestens 85, wenn nicht mehr Prozent des Sees für jedermann jederzeit frei begehbar. Und das ist auch gut so.

Dies ist das Resultat einer weitsichtigen Politik, die über Jahrzehnte genau dieses Ziel verfolgt und ebenso unbeirrt wie unermüdlich umgesetzt hat. 

Einer weitsichtigen bürgerlichen Politik übrigens, denn die Linke und erst recht Rot-grün haben ihre heutige Stärke noch nicht so lange, dass dies ihre Errungenschaft sein könnte. 

Einer weitsichtigen bürgerlichen Politik, die – um das letzte Exempel in dieser hocherfreulichen Geschichte zu zeigen: den Uferweg entlang der Hausermatte, realisiert im Jahre 1978 – unter anderem zwei legendäre und hoch angesehene Liberale massgeblich mitgeprägt haben. Nämlich der damalige Stadtpräsident Hans Rudolf Meyer (1967 bis 1979) und der damalige Baudirektor Matthias Luchsinger (1974 bis 1979), später selber Stapi (1979 bis 1984) und 1984 tragischerweise im Amt verstorben.

Kein halbwegs vernünftiger Mensch käme heute auf die Idee, am freien Seeufer irgendetwas ändern zu wollen. Es sei denn, es werde irgendwann doch noch thematisiert, die Salle modulable, so sie denn dereinst doch noch zustände käme, irgendwo am See hinpflastern zu wollen; geht gar nicht! Das ist auch gut so. 

Man sieht: das Vögeligärtli und alle anderen vergleichbaren Flächen gehören geschützt, damit sich dort auch fortan RentnerInnen zum Schwatz treffen, Eltern ihre Kinder frei herumspringen und spielen lassen, erste Schmus- und Knutschlektionen versucht und jedwelche verwandten Sünden begangen werden können; auch nächtens und gut versteckt selbstverständlich... 

Der öffentliche Raum, in seiner Attraktivität und seinen identitätsstiftenden und vor allem auch generationenübergreifenden Funktionen massgeblich geprägt durch derlei Qualitäten, ist ein zu hohes Gut im Interesse der Allgemeinheit und damit der Gemeinschaft, als dass er kurzsichtigen «Optimierungs-Visionen» geopfert werden darf. Das sollte eigentlich ausgerechnet die Familienpartei CVP wissen; tröstlich allerdings, dass ausgerechnet aus diesem politischen Spektrum mit Sicherheit mehrheitlich Ja-Stimmen zur Initiative kommen werden; dass die Nein-Parole der CVP also ein «Dank» an ihre Präsidentin ist, nicht und Nichts mehr. 

Der Fall ist klar: am 28. September Ja zur ZHB-Initiative der Grünen!

Herbert Fischer, Gründer und Redaktor lu-wahlen.ch – das ganze meinungsspektrum, Mitglied des Unterstützungskomitees für die ZHB-Initiative der Grünen, Luzern 


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/