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Kolumne der Redaktion

24.04.2014

Die Qualität der Pflegearbeit ist bedroht

Immer mehr Private drängen sich in den Gesundheitsbereich der Langzeitpflege. Offenbar lässt sich hier gut Geld verdienen. Es ist ein profitabler Wachstumsmarkt entstanden. Allerdings beeinträchtigen die Personalkosten die Gewinnaussichten beträchtlich.


Roland Wiprächtiger ist Rechtsanwalt und Mitglied der Grünen Stadt Luzern.

Bild: Herbert Fischer

Denn bei der Pflegearbeit kann die Produktivität nicht gesteigert werden. Entsprechend sind die Personalkosten tief zu halten oder gar zu senken. Es wird zum Beispiel weniger qualifiziertes Personal eingestellt, mit der Folge, dass die Qualität der Pflege sinkt. 

Gefahr eines Mitteltransfers  

Gute Pflegearbeit kann man nicht fotografieren und im Hochglanzprospekt eines Altersheims darstellen, Designermöbel und gefällige Einrichtungsgegenstände hingegen schon. Es besteht daher im freien Markt die Gefahr eines Mitteltransfers vom Pflegebereich weg hin zur Heiminfrastruktur. Beispiel gefällig? Auch im Kanton Bern wird gespart. Im Bereich Pflege will man 8.8 Mio. Franken einsparen, bei den Heiminfrastrukturkosten 3.2 Mio Franken. Der bernische Heimverband hat durch gezieltes Lobbying erreicht, dass die vorgesehenen Kürzungen bei den Heiminfrastrukturkosten ganz auf die Pflege abgeschoben wurden («WOZ» 5 / 2014, siehe unter «Dateien»).

Die völlige Privatisierung ist möglich 

Bei einer Auslagerung würden die Heime und Alterssiedlungen (HAS) in eine gemeinnützige AG überführt, wobei sämtliche Aktien der Stadt gehörten. Es besteht aber die Gefahr, dass etwa bei einer schlechten Finanzlage der Stadt die HAS an einen potenten Investor (Hirslanden, Tertianum) mit blossem Profitstreben veräussert werden könnten. Dass diese Gefahr als real erachtet wird, bezeugt allein schon der Umstand, dass aufgrund von Interventionen der Fraktion der Grünen im Grossen Stadtrat gegen derartige Bestrebungen neu das fakultative Referendum ergriffen werden könnte.

Grosser Kontrollverlust des Parlaments 

Für die Pflegerestkostenfinanzierung bewilligt das Stadtparament zirka alle drei Jahre den hierfür erforderlichen Rahmenkredit. Im Gegenzug werden mit allen Heimen Vereinbarungen getroffen, durch welche ein gewisser Mindeststandard für Pflege und Personalpolitik gesichert werden soll. Der Einflussbereich des Parlaments wird also stark beschränkt und besteht überhaupt nicht mehr hinsichtlich Heiminfrastruktur und zweckgebundenen Investitionen. Die neu geschaffene minimale Einflussnahme auf die privaten Heime besteht unabhängig von einer Auslagerung der HAS.

Wegen des zunehmenden Spardrucks und aufgrund der demografischen Entwicklung kann eine qualitativ gute Pflege für möglichst viele Betagte nur durch den Service Public gesichert werden. Der freie Markt in der Altersversorgung gefährdet die Versorgung mit guter Pflege und Betreuung, vor allem für Betagte mit geringen finanziellen Mitteln.

Roland Wiprächtiger, Luzern

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Siehe dazu weiter unten einen Kommentar von Margrit Grünwald


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Margrit Grünwald aus Luzern

Samstag, 26.04.2014, 00:07 · Mail

Sehr geehrter Herr Wiprächtiger

Danke für Ihren Beitrag. Eine Bemerkung dazu: Wie viele Rentner erhalten künftig eine Rente (2x den Mindestlohn von 4000 Franken), um im privatisierten Heimmarkt bestehen zu können? Für die Mittelschicht oder untere Mittelschicht reicht es nicht. Die privaten Heime werden bei Annahme von HAS dem Staat die Preise für die Pflegebedürftigen diktieren.

Danke für Ihren Beitrag und freundliche Grüsse
Margrit Grünwald, Luzern

 
 
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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/