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Kolumne der Redaktion

13.05.2013

Initiative der Jungfreisinnigen: Diese Zwängerei fördert die Politikverdrossenheit

Am 17. Juni 2012 haben sich im Kanton Luzern 60 966 Stimmbürger gegen moderat längere Ladenöffnungszeiten an Samstagen und vor Feiertagen ausgesprochen. Die Stimmbeteiligung lag bei hohen 43,9 Prozent. Ein Jahr später bemühen uns die Jungfreisinnigen per Initiativrecht wieder an die Urne.


Heinz Bossert präsidiert den Detaillisten-verband des Kantons Luzern (DVL).

4 043 Unterschriftenberechtigte wollen das klare Volksverdikt von 2012 nicht akzeptieren. Sie verlangen trotz unveränderter Argumentationslage mittels einer Volksinitiative die Abschaffung des Ruhetags- und Ladenschlussgesetzes. Mit dem Hintergrund, dass in absehbarer Zeit der Souverän die Ladenöffnungsgestaltung national mitbestimmen kann, kommt diese Polit-Zwängerei einem Missbrauch des Initiativrechts gleich. 

Solch massloses Auftreten führt zu Politikverdrossenheit, schadet der Wirtschaft und trägt die Züge einer ideologisch organisierten Unverantwortlichkeit gegenüber dem Stimmbürger. 

Die gleichen Kreise versuchen, den KMU-Detaillisten stets liberalisierte Öffnungszeiten als Chance aufzuschwatzen. Tankstellenshops werden als Grund für freie Öffnung im gesamten Detailhandel hochstilisiert und die angeblich «markant veränderten Einkaufsgewohnheiten» als kulturelle Errungenschaft idealisiert. Tatsache ist, dass die Shop-Umsätze im 2012 um 5,2 Prozent zurückgingen. Das uns vorliegende Zahlenmaterial umfasst über 30 Betriebe einer Erfahrungsgruppe. 
  
Der Hintergrund der oberflächlichen Betriebsamkeit ist die Zudienung an die reinen Marktkräfte und deren Verdrängungstaktik. Obwohl das neoliberale Geschäftsmodell ausgedient hat, können sich einige Utopisten nicht damit abfinden. 

Dass der Freisinn die Bodenhaftung vollends verloren hat, bestätigen Aussagen in der Medienmitteilung nach der letzten, verlorenen Volksabstimmung. Die erweiterte Geschäftsleitung der Liberalen begründet die Unterstützung der Jungfreisinnigen nach dem Motto «Steter Tropfen höhlt den Stein». 

Abenteuerlicher können demokratische Volksentscheidungen wohl nicht ignoriert werden. Johann Wolfgang von Goethe bringt es mit einer sinnreichen Aussage treffend auf den Punkt: «Wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Zuknöpfen nie zu Rande».

Der Detaillistenverband Kanton Luzern (DVL) als Vertreter eines bedeutenden Wirtschaftssegmentes spricht sich für einheitliche, verlässliche Öffnungszeiten aus. 

Er wehrt sich zusammen mit dem überparteilichen Komitee «Nein zur Totalliberalisierung der Ladenöffnungszeiten» gegen die Abschaffung von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Der Regierungsrat des Kantons Luzern sowie eine Zweidrittelmehrheit des Kantonsrates folgen dieser Argumentation und lehnen die radikale Initiative ebenfalls ab.

Heinz Bossert, Präsident des Detaillistenverbandes Kanton Luzern (DVL), Luzern 


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Kommentare:
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Armin Peter aus Ballwil

Donnerstag, 16.05.2013, 10:29 · Mail

Was kostet diese Initiative den Steuerzahler? Normalerweise sollte eine solche Frage in einer Demokratie nie zur Diskussion stehen. Hier ist aber eine Ausnahme, vor einem bemerkenswerten Hintergrund, wohl angebracht. Sie betrifft die letzten Ständeratswahlen. Der FDP-Politiker Georg Theiler hat damals folgende Aussage gemacht (ich schreibe aus meiner Erinnerung, stand meines Wissens in der «Neuen Luzerner Zeitung»): Man solle den Willen des Volkes respektieren und keinen zweiten Wahlgang der Ständeratswahlen erzwingen, aus Kostengründen. Im ersten Ständeratswahlgang hatte Georges Theiler das absolute Mehr ziemlich deutlich verfehlt.

Und jetzt das. Die Liberale Partei, ob Jung oder Alt, reizt die Demokratie bis zum Letzten aus und die Kosten für die Steuerzahler sind dieser Partei völlig egal. Hauptsache, die Grossverteiler und deren Aktionäre können maximale Gewinne auf Kosten der Angestellten, Konsumenten und Umwelt (zum Beispiel Stromverbrauch rund um die Uhr) erzielen. Georges Theiler gehört dem Pro-Komitee dieser Initiative an (siehe: www.ladenschluss-initiative.ch/komitee).

Ein weiteres Argument gegen solch überrissene Forderungen, wie sie diese Initiative enthält, sind gesellschaftliche Aspekte. Es betrifft etwa Vereine und Schulen. Wann sollen zum Beispiel Musik- und Turnvereine ihre Proben durchführen, wenn mal dies, mal dann das andere Mitglied abends arbeiten muss? Wie sieht es mit der Schule aus, wenn die Mutter - da sie im Verkauf bis 23 Uhr arbeitet - die Aufgaben mit den Kindern erst um Mitternacht erledigen kann? Wird dann der Schulunterricht auf 11-15h und 16:30-20:30h verlegt? Wenn ich mich recht entsinne, kam doch von der Liberalen Partei die Forderung, dass Elterngespräche Pflicht seien. Finden diese jetzt um 3 Uhr morgens statt?

Diese Initiative dient nicht dem Wohlergehen der Allgemeinheit, sondern nur ganz Wenigen, damit sie sich noch mehr auf Kosten Anderer bereichern können. Typisch FDP halt!

Armin Peter, Ballwil

 

Philipp Brun aus Luzern

Mittwoch, 15.05.2013, 18:42 · Mail

Der Vorwurf des Missbrauchs von Volksrechten ist happig. Wer die rhetorische Keule so schwingt wie Herr Bossert, sollte allerdings schon bei den Fakten bleiben: Die Unterschriftensammlung für die Ladenschluss-Initiative haben wir am 8. Januar 2011 gestartet, also lange bevor sich der Kantonsrat überhaupt zu einer moderaten Anpassung durchgerungen hatte. Als das Referendum gegen diese Änderung zustande kam, war die Initiative bereits eingereicht.

Es ist schon bizarr, wie Herr Bossert den Jungfreisinnigen Nachhilfe in Sachen Demokratie geben möchte. Er selbst hat ja vieles versucht, uns zum Rückzug zu bewegen. Wäre allerdings die Abstimmung von letztem Jahr anders herausgekommen, wäre er womöglich wieder der Erste gewesen, der den Rückzug der Initiative gefordert hätte, da der «Gegenvorschlag» ja dann quasi Tatsache gewesen wäre.

Philipp Brun, Vizepräsident Jungfreisinnige Kanton Luzern, Luzern

 

Pirmin Meier aus Rickenbach

Dienstag, 14.05.2013, 12:36 · Mail

Heinz Bossert ist ein kluger, «alter» Politfuchs mit einer klaren volksnahen Sprache und viel Sinn für die politischen Realitäten. Es wäre auch für die Jungfreisinnigen kein Luxus gewesen, sich mit diesem praxisbezogenen Gewerbler rechtzeitig an einen Tisch zu setzen. Zuerst schiessen, nachher diskutieren ist weniger vernünftig als die umgekehrte Variante.

Gerne hoffe ich, dass das Stimmvolk die angemessene Quittung schreibt. Heinz Bossert wünsche ich, dass er noch lange weitermacht und wie bisher nie ans Resignieren denkt. Er ist mithin das Gewissen der KMU im Kanton Luzern.

Pirmin Meier, Rickenbach

 
 
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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/