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Kolumne der Redaktion

08.11.2012

Warum Otti Gmür die Südzubringer-Initiative unterstützt

In Otti Gmür, der vor zehn Tagen mit dem Luzerner Kunst- und Kulturpreis 2012 ausgezeichnet worden ist, haben die JungsozialistInnen und ihre Südzubringer-Initiative einen ausgewiesenen Fachmann für Städtebau und dazu eine prominente Persönlichkeit auf ihrer Seite.


In der Informationsschrift zur Abstimmung über den Südzubringer heisst es, «die Spangen führen den Verkehr aus den Quartieren weg auf die Stadtautobahn».

Das tönt so, als ob der Verkehr in den Quartieren seinen Ursprung hätte. 

In Wirklichkeit ist es umgekehrt, er wird eingeführt. Die «Spange Süd» wurde denn bisher auch immer als Zubringer bezeichnet. Umdenken braucht mehr, als nur die Sachverhalte umzuschreiben. Eigentlich stammen die Bezeichnungen Spange und Bypass aus dem Gesundheitssystem und stehen im Bezug zu gesundheitlichen Problemen. Die Zahnspange dient einer vorübergehenden Massnahme, sie ist ein Korrekturmittel, und verschwindet wieder. Der Bypass ist ein operativer Notbehelf gegen das Leben gefährdende Symptome. Seine Anwendung wird zumeist verbunden mit Empfehlungen an den Patienten, seine Ernährung zu verändern, sich mehr selbst zu bewegen, weniger Alkohol zu trinken oder auf das Rauchen zu verzichten.

VBL-Direktor Schmassmann meinte kürzlich, das Auto sei wohl nicht mehr ganz zeitgemäss, es beanspruche in der Stadt zu viel Raum (meist nur für eine Person). Er bringt damit einen Konflikt zwischen erwünschter urbaner Verdichtung und Mobilität auf den Punkt. Die während mehreren Jahrzehnten gepflegte Zersiedelung unserer Landschaft ist unmittelbar verbunden mit unserem stets wachsenden Anspruch an individuelle Auto-Mobilität. Diese Einsicht heisst nicht, das Auto zu verteufeln, sondern  bewusst machen, dass der und die Automobilist/in den Verkehr macht und das Auto nur das verfügbare Mittel ist.

Erinnern wir uns: Vor 40 Jahren galt es als selbstverständlich, mit dem Auto durch die Altstadt zu kutschieren und die Altstadtplätze standen alle Tage voller Autos. 1975 erarbeitete die Ortsgruppe Innerschweiz des Schweizerischen Werkbundes eine umfassende Broschüre und zeigte, wie die Altstadt und ihre Plätze ohne Autos genutzt werden könnten. Einige Jahre danach wurde die Altstadt weitgehend autofrei und es ist ihr gut bekommen. 

Ein ähnlicher Prozess lief etwa zehn Jahre später bei der Quartierplanung in der Neustadt ab. Als Ergebnis wurden zwei Strassenstücke aufgehoben zugunsten von Aufenthaltsorten vor der Lukaskirche und auf dem Helvetiaplatz. Zusätzlich wurden Bäume gepflanzt und der  motorisierte Verkehr eingeschränkt. So wurde die Neustadt lebendiger und wohnlicher. Gleichzeitig aber wurde der Kasernenplatz mit der Autobahn-Zufahrt total zerstört. An den Folgen leidet die Stadt noch immer. Eigentlich könnte man aus diesen Erfahrungen lernen. 

Heute entsteht im Tribschengebiet ein gutes und beliebtes neues städtisches Quartier. Soeben wurde die unterirdische S-Bahnstrecke mit den Stationen Matthof und Allmend eingeweiht und das freiwerdende Bahntrassé soll in eine «Langsamverkehr»-Verbindung zwischen Stadt und Grün- und Freizeitzone Allmend verwandelt werden. Der für die Zukunft gedachte Zubringer wird da mehr zerstören als helfen. 

Die Autos sollten zuhause gelassen oder dann auf Parkplätzen bei den S-Bahnstationen abgestellt werden. Aber vor allem behindert diese «Spangen»-Idee eine Planung der Stadt als vielfältigen Lebensort. 
Ausserdem werden neue städtische Zentren entwickelt, in Horw «Luzern Süd» und auf dem Seetalplatz «Luzern Nord». Sie können die notwendige Entlastung der Luzerner Innenstadt bringen. Aber dafür ist mehr als nur eine spezifische Verkehrsplanung notwendig. 

Unter dem Einfluss eines kantonalen Verkehrssystems und einem damit verbundenen föderalen «Kässeli-Denken» werden munter überholte Wunschträume einer autogerechten Stadt aus den 60-er- und 70-er-Jahren weiter gehätschelt. Sie  kosten schon für sich gutes Geld. Solch fremdbestimmtes, einseitiges Planen ist auch eine Folge der immer wieder vernachlässigten Stadtplanung, die immer wieder vorausdenkend zeigen sollte, was der Stadt bekommt und was nicht.

Ich empfehle daher den Steuerzahlern darüber nachzudenken, wo denn das von den Gegnern der weitsichtigen Südzubringer-Initiative beschworene «Denkverbot» wirklich zuhause ist!

Otti Gmür, Luzern


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/