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Kolumne der Redaktion

09.09.2012

Treffpunkt (41): Hommage an den grossen Liberalen Jakob Robert Steiger - am Mittwoch, 12. September 2012 in Beromünster

Der nächste Mittwoch, 12. September, ist der Tag, da die Bundesverfassung von 1848 angenommen wurde. Zugleich jährt sich der 150. Todestag des bedeutendsten liberalen Politikers der Innerschweiz, Jakob Robert Steiger (1801 – 1862). Er war auch der bekannteste Schüler des Beromünsterer Philosophen Ignaz Paul Vital Troxler. Von Steiger stammt das monumentale historische Pflanzenbuch der Innerschweiz, die 1860 gedruckte «Flora des Kantons Luzern».


Für das KMU-Unternehmen Blumen-Steiger aus der Verwandtschaft der Büroner Steiger-Sippe ist dieser Anlass eine Herausforderung. Der Auftakt zu ihrem bevorstehenden 75-Jahr-Jubiläum im Frühjahr 2013. Vor dem Dolderhaus wird ein Festzelt errichtet. Nebst Prominenz aus Politik und Kultur tritt die neue Prorektorin der Kantonsschule Beromünster, Flavia Steiger, erstmals öffentlich auf. Im Dolderhaus wird von Helen Büchler-Mattmann ein Brief Steigers an die Luzerner Frauen, die sogenannten Pfefferweiber, präsentiert. 

Der Anlass beginnt ab 19 Uhr. Ab 20 Uhr wird, nach einer Ansprache von Nationalrat Peter Schilliger, auch das Steigerlied neu ertönen. Der Maturand Alex Wallimann wird Steiger-Texte lesen. Auch eine kurze historische Würdigung (Pirmin Meier) kann nicht ausbleiben.

Jakob Robert Steiger wurde als Bürger von Büron 1801 in einem sehr schlichten Haus in Geuensee geboren. Die Steiger-Sippe von Büron gilt zwar als liberal, hat aber zum Beispiel auch einen prominenten katholisch-konservativen Geistlichen hervorgebracht, nämlich den ehemaligen Beromünsterer Mittelschüler und  Missionsbischof Gallus Steiger (1879 – 1966), nach dem in Büron eine Strasse benannt ist. Jakob Robert Steiger, der Held der Bundesverfassung von 1848, war drei Jahre zuvor (1845) von der Regierung - wegen seiner Beteiligung an den Freischarenzügen - mit einem Todesurteil terrorisiert worden. Gegen dessen Vollstreckung waren in Beromünster, Gunzwil, Neudorf, Rickenbach und Büron Unterschriften gesammelt worden, die heute noch im Staatsarchiv/LU einsehbar sind. Auch Propst und Chorherren wandten sich gegen das Bluturteil. Der Flecken Beromünster war zur Zeit des Schultheissen Jakob Kopp (Gedenkschild am Dolderhaus) noch mehrheitlich liberal eingestellt.

Institution Ständerat im Interesse der Innerschweiz

Steiger war in Luzern als der beste Schüler des Philosophen Ignaz Paul Vital Troxler von Beromünster aufgefallen. Nach der Entlassung seines Lehrers hatte er einen Fackelzug organisiert. Troxler hat am Neujahrstag 1848 die berühmte Schrift veröffentlicht: «Die Verfassung der Vereinigten Staaten als Modell für eine Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft.» Darin wurde ein Zweikammersystem gefordert. Ohne den Ständerat würden nämlich die kleinen Kantone, besonders die Innerschweiz, völlig in den Hintergrund gerückt. Der Arzt und Politiker Dr. Robert Steiger war anfänglich als Radikaler gegen diese Lösung, schwenkte aber im letzten Moment – im Gegensatz zum späteren Bundespräsidenten Jonas Furrer und den Berner Radikalen – doch noch auf die Sperrklausel für die kleinen Kantone ein. Damit bewies er, dass ihm die Interessen der Innerschweiz wichtiger waren als parteipolitische Überlegungen. Je älter er wurde, desto mehr stand ihm Sachpolitik über Parteipolitik. Sein letzter Antrag im Luzerner Grossen Rat wurde sogar nur von den Konservativen unterstützt, also denjenigen, die ihn einst zum Tode durch Erschiessen verurteilt hatten! Aus heutiger Sicht und besonders nach Meinung der Familie Steiger ist die Feier des berühmtesten Steiger (sein Leben wurde von Oscar-Preisträger Xavier Koller verfilmt) heute keine einseitig parteipolitische Angelegenheit mehr.

Für ein gutes Gymnasium 

Das war vor 100 Jahren und auch noch vor 50 Jahren ganz anders. Steiger-Feiern gehörten bei den Luzerner Liberalen zur patriotischen Traditionspflege. Ganz besonders auch bei der Studentenverbindung Zofingia, zu deren Mitgründern Steiger gezählt hatte. Antiklerikalismus gehörte damals mit zum Feindbild. Heute ist Steiger auch für die Luzerner Liberalen eine historische Figur, vor allem aber eine Herausforderung zu mehr Mut und Pioniergeist. In diesem Sinn wird Kantonalpräsident Peter Schilliger, der am Montag, 10. September als Nachfolger von Otto Ineichen im Nationalrat vereidigt wird, eine Ansprache halten. In erster Linie aber sind für die diesjährige Steiger-Feier die Blumenfreude geladen, und natürlich kulturell Interessierte aus allen anderen Parteien, nicht zuletzt aus dem Lager der früheren Gegner. 

Prorektorin Flavia Steiger, Cousine von Gärtnereiunternehmer Lukas Steiger, wird in einer Begrüssungsadresse auf den Einsatz von Steiger im Luzerner Erziehungsrat hinweisen. Er war nicht nur ein Gegner der Jesuitenberufung. Vor allem wollte er ein gutes Gymnasium, setzte sich zum Beispiel gegen die Reduktion von Griechisch und Latein zugunsten blosser „Industriefächer“ ein. Schon früh stellte er die Frage, wie es mit der uralten Beromünsterer Stiftsschule weitergehen sollte. 

Leidenschaftlicher Botaniker

Für den OK-Verantwortlichen Lukas Steiger wie auch für dessen Eltern Regi und Franz Steiger steht der Botanik-Pionier Steiger ganz im Vordergrund. Aus heutiger Sicht ist seine Liebe auch zu den Gartenpflanzen und seine Einstellung zur Anpflanzung südlicher und aussereuropäischer Gewächse von Interesse. Genannt wird zum Beispiel der «Nägelibaum» von Carolina/USA. Auch die Platane, die erst vor wenigen Jahren aus dem Umfeld der Kantonsschule Beromünster als «nichteinheimisch» beseitigt wurde, fand bei Steiger Gegenliebe.

Auf der anderen Seite enthält die «Flora des Kantons Luzern, des Rigi und des Pilatus, bearbeitet für das Volk und seine Lehrer» zahlreiche wertvolle Hinweise auf einheimische Heilpflanzen und ihre Standorte. Das Nachfolgewerk, die 1987 erschienene «Flora des Kantons Luzern», zitiert Steiger mehrfach, wurde indessen von mehr als 20 Mitarbeitenden erstellt. 

Passend zur Tradition des Dolderhauses

Mit Apéro und Blumenschmuck, Wort und Gesang, Politischem und Unpolitischem, wird in Beromünster für einen der grössten Luzerner und Schweizer eine Feier veranstaltet. Der Anlass ist aus der Sicht der Veranstalter nicht mit Wahlkampf zu verwechseln. Selbstverständlich aber würde die Anwesenheit von Gemeinderatskandidaten und -kandidatinnen aller Parteien und überhaupt von Heimat- und Blumenfreunden jeder Couleur Freude machen. Jakob Robert Steiger, einer der drei Erstunterzeichner der Bundesverfassung von 1848, war bis heute der beste Botaniker im Bundesparlament. Ein Freund von Natur, Bildung und Kultur, und noch dazu ein vorzüglicher Arzt. Dies passt vorzüglich in die Veranstaltungstradition des Dolderhauses.

Pirmin Meier, Historiker, Rickenbach


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/