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Kolumne der Redaktion

11.06.2012

Der Abschied von Otto Ineichen (3): Bundesrat Johann Schneider-Ammann über «Otto, mein Vorbild»

1500 Personen haben heute Montag (11. Juni 2012) Otto Ineichen die letzte Ehre erwiesen. Höchste RepräsentantInnen aus allen Ebenen der Politik, aus Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Sport sind nach Sursee zur Trauerfeier in der Kirche St. Georg gekommen. Freunde und Weggefährten würdigten den am Mittwoch einem Herzversagen erlegenen FDP-Nationalrat und Unternehmer als herausragende Persönlichkeit mit grossen Herzen, enormer Schaffens- und Überzeugungskraft.


Der Obwaldner Ständerat Hans Hess, Frak-tionspräsidentin Gabi Huber und Parteipräsi-dent Philipp Müller sowie weitere Freisinni-ge, aber auch aktive und ehemalige CVP-Politiker und SVP-Nationalrätin Yvette Ester-mann ehrten in Sursee Otto Ineichen.

Bilder: Herbert Fischer

lu-wahlen.ch war vor Ort und zeigt Bilder, die vor und nach dem Gottesdienst vor der Kirche St. Georg entstanden sind. Zudem werden die Manuskripte der Reden von Bundesrat Johann Schneider Ammann und Sursees Stadtpräsident Ruedi Amrein aufgeschaltet. 

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Die Rede von Bundesrat Johann Schneider Ammann im Manuskript (ES GILT DAS GESPROCHENE WORT):

 

Liebe Familie Ineichen, sehr geehrte Trauergemeinde

«Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg».

«Wo der Otto ist, gibt es gleich mehrere».

Diese Überzeugung hat mir Otto über die Jahre immer wieder beizubringen versucht.

Ich habe ihn dafür bewundert. Er wurde auch für mich zu einem Motivator, zu einem Vorbild für Uneigennützigkeit, Lebensmut und Unternehmensfreude.

Jetzt nehmen wir Abschied von ihm. Von seinen Überzeugungen und seinen Wertehaltungen allerdings nicht!

Mir kommt die Ehre zu, meinen Unternehmerfreund und politischen Weggefährten würdigen zu dürfen.

Ich tue dies auch im Namen des hier anwesenden Bundesratskollegen Didier Burkhalter.

Als ich am letzten Mittwochvormittag die Nachricht erhielt, Otto Ineichen sei gestorben, konnte ich dies erst gar nicht glauben. Ich hatte ihn doch am Vortag noch gesehen. Otto sollte nicht mehr sein? Dabei wollte er noch so vieles bewegen – und wir, die Politik, die Schweiz, wir hätten ihn doch noch so in unserer Mitte gewünscht. Ein unerschrockener Mann für herausfordernde Zeiten. Nun müssen wir diese ohne ihn, aber in seinem Sinne, angehen und bestehen.

Mit Bestürzung und Trauer musste ich Kenntnis nehmen, dass mit einem Male alles anders ist. Nicht nur für die Politik, sondern vor allem für seine Frau, seine Familie und seine Freunde. Ihnen allen spreche ich, auch im Namen der Landesregierung, mein tief empfundenes Beileid aus. 

Ich habe am vergangenen Mittwoch kurz innegehalten, eine Gedenkminute, eine Minute des Nachdenkens und des Dankes an Otto eingeschaltet. Ganz privat. Dabei habe ich mich gefragt, was uns denn verbunden hat. Vieles! Vor allem aber die Überzeugung, dass erfolgreiches Unternehmertum, auch politisches, nur gelingt, wenn der Mitarbeiter und die Mitarbeiterin im Zentrum steht. Otto, daran ändern wir gar nichts! Mit dieser Devise behalte ich «dich als Hans Dampf in allen Gassen» in allerbester Erinnerung und danke dir für alles, was du für uns geleistet hast.

Mit Otto Ineichen verlässt uns ein Unternehmer und Politiker, wie es ihn nur noch selten gibt. Stets voller Ideen, voller Pläne und Projekte, mit einer Energie ohne Grenzen ist er seinen Weg gegangen, einen Weg, der nicht immer nur einfach war. Otto, der Stehaufmann, ist an seinen Niederlagen gewachsen.

Er liess sich nicht entmutigen, als er als junger Unternehmer ganz unten durch musste und sein ganzes Vermögen verlor. Diese Demütigung hat ihn erst zum Unternehmer gemacht. Ein Jahr später war er im Geschäft zurück. Nach einem Unwetter im Tessin kaufte er beschädigte Waren ein, um sie im «Ottos Schadenposten» billig weiter zu verkaufen. Aus den Schadenposten schuf er mit den Jahren «OTTO’s», ein Unternehmen mit fast 100 Filialen, das heute rund 1600 Angestellten Arbeit und Einkommen bietet. 

Was Otto Ineichen als Unternehmer auszeichnete, seine grenzenlose Energie und sein rastloser Einsatz, das bestimmte auch sein politisches Wirken. Nimmermüde engagierte er sich im Rahmen seiner Arbeit im Nationalrat und in der Freisinnig-Demokratischen Partei für eine freiheitlich organisierte Wirtschaft und Gesellschaft, eine Gesellschaft, in der Menschen mit weniger guten Ausgangslagen nicht einfach vergessen und übergangen werden dürfen. Stets hat sich Otto eingesetzt mit dem Ziel, dass es diesem Land und vor allem jenen Menschen, die nicht auf der Sonnenseite geboren wurden, besser gehen sollte. Für sie  hat er sich vorbehaltlos investiert. 

Für immer wird sein Name deshalb mit der Stiftung Speranza verbunden sind. Mit «Speranza» hat Otto Ineichen ein erfolgreiches Programm geschaffen, das jungen Menschen aus schwierigen Situationen, privat oder ausbildungsmässig, den Einstieg ins Berufsleben ermöglicht. 

Speranza heißt Hoffnung und Hoffnungsträger. Letzterer ist nicht mehr, die erstere bleibt bestehen und wird, ganz im Sinne von Otto, neue Hoffnungsträger hervorbringen.

Mit «50plus» hat Otto im Nachgang zur großen Finanzkrise ein Wieder-Eingliederungs-Programm für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf die Beine gestellt, die wegen der Krise ihre Arbeit verloren hatten. Und eben hatte er mit günstigen Kinderkrippen sein jüngstes Projekt lanciert. 

Die Jugend als Zukunft der Schweiz war das Hauptthema von Otto Ineichen’s politischem Engagement. Er war allerdings in zahlreichen weiteren Initiativen tätig, sei dies bei der Schaffung von Energieregionen, in der Gesundheits- und in der Verkehrspolitik. Und wenn nötig, nahm er den Pickel selbst in die Hand. So war er sich nicht zu schade, selber auf die Straße zu gehen und Unterschriften für die Bürokratie-Stopp-Initiative zu sammeln, als er merkte, dass es knapp werden würde.

Otto Ineichen wagte stets das Unvollkommene. Nicht immer war alles, was er angepackt hat, bis zur letzten Konsequenz durchdacht. Das hat ihm auch viel Kritik eingetragen, aber Otto ist seinen Weg konsequent gegangen. Er hat allen Widerwärtigkeiten getrotzt, keine Kritik hat er gescheut, auch wenn diese ihn schmerzte. Zwar hat er in leisen Momenten auch mal sagen können, er habe langsam genug und frage sich, ob er vielleicht nicht besser kürzer treten sollte. Um dann gleich wieder gerade hinzustehen und ein nächstes Projekt anzupacken. 

Dabei ist es Otto Ineichen nie um sich selbst gegangen. Das Rampenlicht hat er nicht gesucht, um sich darin zu sonnen, das Rampenlicht hat er genutzt, um seine Ideen zum Erfolg zu verhelfen. 

Dass er das Licht genossen hat, als er vor zwei Jahren zum Politiker des Jahres gewählt wurde, habe ich ihm herzlich gegönnt. Sein Engagement konnte und durfte nicht unerkannt bleiben. Damals kam ihm so etwas wie die Anerkennung für sein Lebenswerk zu. Behalten wir auch diesen Moment in unserer besten Erinnerung.

Otto hat uns an dem Tag verlassen, an dem der Fraktionsausflug auf seine Initiative zu seinem Energieprojekt in seinen Heimatkanton führte. Der würdige und vorwärts orientierte Anlass stand ganz im Zeichen von Otto: hätte er uns beraten können, hätte er uns gebeten, den Anlass trotz seiner Unpässlichkeit wie vorgesehen durchzuführen und die Zukunft anzuvisieren. Das haben wir getan. Zu Ehren unseres Freundes Otto Ineichen.

«Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg».

Mit diesen Worten, lieber Otto, sage ich, in zwei Worten «a dieu». 

 

 


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/