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Kolumne der Redaktion

03.05.2011

Zwischenruf (2): SVP will gar nicht in die Regierung

Ein zweiter Wahlgang findet dann statt, wenn nach dem ersten mehr Kandidaturen vorliegen, als Sitze zu besetzen sind. Sinn macht das nicht immer.


Welche Parteien in welcher Stärke hinter diesen Mauern bis 2015 den Kanton Luzern regieren, ist kein Thema, obschon der zweite Wahlgang der Beantwortung genau dieser Frage dient - eigentlich. <br><br>Bild: Herbert Fischer

Welche Parteien in welcher Stärke hinter diesen Mauern bis 2015 den Kanton Luzern regieren, ist kein Thema, obschon der zweite Wahlgang der Beantwortung genau dieser Frage dient - eigentlich.

Bild: Herbert Fischer

Es kommt oft vor, dass sich eine Partei nach dem ersten Wahlgang zurückzieht, weil es angesichts der Resultate aussichtslos ist, erneut anzutreten. So haben sich die Grünen und Adrian Borgula nach dem 10. April verabschiedet. Für vier noch zu besetzende Regierungsämter liegen daher jetzt fünf Kandidaturen vor, nämlich Finanzdirektor Marcel Schwerzmann (parteilos, bisher), Sicherheits- und Justizdirektorin Yvonne Schärli (SP, bisher), Robert Küng (FDP, neu), Reto Wyss (CVP, neu) und Urs Dickerhof (SVP, neu).

SVP-Anspruch ist gar kein Thema

Es ist höchst wahrscheinlich, dass SVP-Bewerber Urs Dickerhof die Wahl nicht schaffen wird. Zu abgeschlagen landete er im ersten Wahlgang - fast gleichauf mit Borgula - auf dem zweitletzten Platz; zu eindeutig ist der Wille von FDP und CVP, sich gegenseitig abzusichern, also sowohl Küng wie auch Wyss zu wählen; zu aussichtsreich das Resultat des parteilosen Schwerzmann im ersten Wahlgang; zu offensichtlich der Wille im Volk, die Linke in der Regierung vertreten zu wissen, weil sich dies seit 1959 so bewährt hat.

Nun ist es selbstverständlich das unbestrittene Recht der SVP, erneut mit Urs Dickerhof anzutreten, auch wenn dies keinen Sinn macht. Warum? Weil die Partei nicht in der Lage ist, diesen zweiten Wahlgang zu einem Plebiszit über die Zusammensetzung der Regierung zu gestalten. Zum einen hat sie offensichtlich - wie die Resultate des ersten Wahlgangs zeigen - den falschen Kandidaten aufgestellt. Zum andern ist sie selber schuld, dass vor vier Jahren nicht ihr Kandidat, sondern ein Parteiloser in die Regierung gewählt wurde. Damit aber konnte und kann es ihr gar nicht gelingen, eine öffentliche Diskussion über ihren (arithmetischen) Anspruch auf einen Regierungssitz zu führen.

Bühlmann hat der SVP Schwerzmann vererbt

Erinnern wir uns an die Geschehnisse vor vier Jahren: Daniel Bühlmann, SVP-Finanzdirektor von 2005 bis 2007, hatte in einem nie ganz einsehbaren Vorgang Schwerzmann als Chef der kantonalen Steuerverwaltung gefeuert und war persönlich wegen Steuerfragen ins Gerede gekommen. Das führte 2007 zu seiner Abwahl. Seinen Sitz musste er ausgerechnet Schwerzmann überlassen, der seither als Kassenwart amtet.

Eine ernsthafte Diskussion über die Ansprüche der Parteien auf die fünf Sitze kann so lange nicht geführt werden, als der parteilose Schwerzmann Regierungsrat ist. Denn die an sich einleuchtende Formel 2 CVP, 1 SVP, 1 FDP, 1 SP lässt genau diese Realität ausser Acht. Es gibt aber keinen Grund, aufgrund dieser Situation CVP, FDP oder SP «bestrafen» zu wollen oder Schwerzmann abzuwählen  -  schon gar nicht aus bürgerlicher Optik. 

Ein SVP-Kantonsrat hat nach dem ausgezeichneten Resultat Schwerzmanns am 10. April (Platz zwei aller Kandidierenden) den schlimmen Satz geprägt, der «Feind» der SVP sei nun Marcel Schwerzmann. Besser hätten dessen Wahlchancen für die zweite Runde am 15. Mai kaum befördert werden können. Solche Kriegsparolen müssen heutzutage höchstens noch in der vulgärmarxistischen Klassenkampf-Rhetorik im Umfeld des 1. Mai ertragen werden, werden jedoch von einer überwältigenden Mehrheit des Volkes nicht mehr goutiert.

In der Opposition lässt es sich besser bellen

Der Verdacht erhärtet sich immer mehr: Die SVP will gar nicht wirklich in die Regierung, sie sucht vielmehr die Märtyrerrolle, um so auch die nächsten vier Jahre ungebremst den Zweihänder schwingen und ihre Schuldzuweisungen verbreiten zu können. In diese Richtung deutet auch, dass sie einen sehr bescheidenen «Wahlkampf» führt  -  sofern er überhaupt erkennbar ist. 

Das erstaunt umso mehr, als die Partei damit den Vorwurf nicht parieren kann, allein wegen ihr finde ein teurer Wahlkampf statt, der gar nicht nötig wäre, weil das Resultat klar sei  -  wegen ihr, die sonst überall auf die Sparbremse tritt und die Verschwendung von Steuergeldern und «bürokratischen Leerlauf» geisselt. 

Den «Auftrag des Volkes», auf den sich die SVP sonst unablässig beruft, wird sie nach dem 15. Mai nicht bemühen können. Denn die Regierung wird sich aus Guido Graf und Reto Wyss (2 CVP-Sitze), Marcel Schwerzmann (1 Parteiloser), Yvonne Schärli (1 SP) und Robert Küng (1 FDP) zusammensetzen.

Alles andere wäre ein Wunder.

Herbert Fischer, Gründer und Redaktor www.lu-wahlen.ch - das ganze meinungsspektrum, Luzern


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/