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Kolumne von Felicitas Zopfi

04.11.2014

Dieses Sparpaket überschreitet eine rote Linie: Könnt Ihr das mit Euren Gewissen vereinbaren? Wir können es nicht!

Im Luzerner Kantonsrat hat die Debatte über «Leistungen und Strukturen II» begonnen, das Mega-Sparpaket der Luzerner Regierung, das auch auf die Behinderten und ihre Institutionen erhebliche Auswirkungen hat. Darum demonstrierten sie vor der heutigen Ratssitzung vor dem Regierungsgebäude (siehe unter «In Verbindung stehende Artikel»). Soeben hat Felicitas Zopfi-Gassner im Kantonsrat in der Eintretensdebatte ihr Votum gehalten. Hier ist ihr Manuskript zu lesen.


An der heutigen Demo vor der Kantonsrats-sitzung: SP-Kantonalpräsidentin Felicitas Zopfi-Gassner (Mitte) im Gespräch mit Marianne Bahr von Cerebral Zentralschweiz und Michael Ledergerber von Procap Luzern, Ob- und Nidwalden.

Bild: Herbert Fischer

«Leistungen und Strukturen ll» ist das Resultat der missglückten Steuerstrategie. Die bürgerliche Mehrheit des Kantons Luzern war zu grosszügig beim Verteilen von Steuergeschenken. Dass wir weniger Geld aus dem NFA erhalten, ist ebenfalls eine Folge der Steuerstrategie und war voraussehbar. Der ebenfalls vorauszusehende Ausfall der Gewinnausschüttung der Nationalbank verschärft die Finanzprobleme, ist aber nicht die Ursache dafür. Die Ursache ist und bleibt die Steuerstrategie.

Nach so vielen Sparpaketen und Strukturanpassungen gibt es weder etwas zu sparen, noch sinnvolle Veränderungen bei den Strukturen, sonst wären ja alle bisherigen Massnahmen – vor allem im Strukturbereich – ungenügend gewesen. 

Wir sehen den Handlungsbedarf grundsätzlich auf der Einnahmenseite und nicht bei den Ausgaben. Die Ausgaben haben wir im Griff. Diese grundsätzliche Einschätzung bestätigt die Studie der Basler Arbeitsgruppe für Konjunkturforschung (BAK Basel). 

Die Ausgaben liegen im langjährigen Schnitt deutlich unter dem regionalen Brutto Inland Produkt (BIP). Die Ausgaben des Kantons Luzern liegen 12 Prozent unter dem Durchschnitt aller Kantone und 5 Prozent unter dem Durchschnitt der Peer Group. Bei den Ausgaben ist also kein dringender Handlungsbedarf vorhanden. 

Es kann ja wohl nicht ernsthaft das Ziel sein, bei den Ausgaben und damit auch bei den Leistungen im schweizerischen Durchschnitt noch tiefer abzurutschen. Wenn wir dies tun, verlieren wir zusehends an Attraktivität und dann werden die tiefen Steuersätze zum doppelten Bumerang: leere Kassen und ein schwaches Leistungsangebot. 

Mit einer kleinen Erhöhung der Gewinnsteuer bei Unternehmen und einer sehr moderaten Anhebung der Vermögenssteuer könnten wir auf den unerträglichen Teil des Sparpaketes verzichten. Mit einer Erhöhung der Unternehmens- und der Vermögenssteuer um die Hälfte hätten wir jährlich gut 40 Millionen Franken mehr zur Verfügung. 

Auch hier wird unsere Stossrichtung von der Studie der BAK Basel bestätigt: wir schöpfen unser Potential nicht ab. Es wird auch niemand wegen dieser sehr moderaten Steuererhöhung unseren Kanton verlassen und diese Erhöhung tut niemandem weh.

Beim Sparpaket sieht es aber ganz anders aus. Das Sparpaket ist für viele Menschen sehr schmerzhaft. Dieses Mal sind vor allem Menschen mit einer Behinderung, einer psychischen Erkrankung oder Menschen, die sowieso nicht viel haben, betroffen. Damit wird eine rote Linie überschritten. 

Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung müssen auf Ferien- und Wochenendbetreuung verzichten. Die Betreuung durch Fachkräfte fällt für 13 Wochen weg. Das bringt Familien über die Belastungsgrenzen. Für Erwachsene mit einer schweren Behinderung wird die Betreuung ebenfalls abgebaut und die Platzzahl soll eingefroren werden. 

Meine Damen und Herren, wir haben keinen Einfluss auf die Anzahl der Menschen die auf einen Pflegeplatz angewiesen sind. Gott sei Dank nicht. Die Institutionen haben die gesetzliche Pflicht, genügend Plätze zu schaffen und der Kanton Luzern hat die Pflicht, dafür zu bezahlen. Die Sparmassnahmen im SEG Bereich sind beschämend, unerträglich und absolut unchristlich!

Der Abbau beim öffentlichen Verkehr ist total kontraproduktiv. Um Geld zu sparen, werden Fahrpläne ausgedünnt. Was ist die Folge? Wenn der Bus nicht mehr fährt, nimmt man das Auto. Die bereits jetzt ausgelasteten Zentren werden den zusätzlichen Verkehr kaum mehr aufnehmen können. 

Das Stauproblem, das eigentlich gelöst werden sollte, wird mit dieser Massnahme zusätzlich verschärft und die grösseren Gemeinden vor noch grössere Probleme gestellt.

Im vorliegenden Bericht heisst es, die Verantwortung für die einzelnen Massnahmen lägen beim Verkehrsverbund Luzern. Das Gleiche gilt wahrscheinlich auch für die SEG Institutionen und die Luzerner Psychiatrie. Aber das stimmt doch einfach nicht. So einfach dürfen wir uns die Sache nicht machen. Die Verantwortung liegt ganz klar bei uns, bei uns Kantonsrätinnen und Kantonsräten. 

Wir und niemand anders beschliessen die Kürzungen der Gelder und lösen damit den Leistungsabbau aus.

Und noch etwas ,was uns denken geben muss: Wir haben dem «Planungsbericht SEG», dem Bericht «Arbeit muss sich lohnen» und dem «ÖV-Bericht» zugestimmt. Und jetzt – nur wenige Monate oder Jahre – nach der Zustimmung machen wir eine Kehrtwende und bauen kräftig ab, wo wir noch vor nicht allzu langer Zeit einen Angebotsausbau als angemessen und richtig beurteilt haben? 

Mit diesem Abbaupaket verkommen Planungsberichte zu Makulatur. Sie machen den Kantonsrat unglaubwürdig. Wir müssten doch dafür sorgen, dass der Kantonsrat als verlässliche und verantwortungsbewusste Kraft wahrgenommen wird. Nur so kann sich die Bevölkerung von uns vertreten und sicher fühlen. 

Was Ihr, liebe Kolleginnen und Kollegen aber jetzt mit diesem Sparpaket vorhabt und mit den vorangegangenen Sparpaketen bereits gemacht habt, würde ich sogar als willkürlich bezeichnen. Bei den SEG-Institutionen wird gestrichen, was über lange Zeit als gesichert galt und teilweise in Leistungsaufträgen explizit formuliert ist und beim öV wird abgebaut, was kurz vorher versprochen wurde. Die Prämienverbilligung wird gekürzt, obwohl man weiss, dass dies das wirksamste Mittel gegen die Armut ist. Bei den Löhnen und Anstellungsbedingungen des Personals wird einmal mehr herumgeschraubt, bei den einen mehr als bei den anderen. Auch das muss man als willkürlich bezeichnen. So wird das Vertrauen in die Politik und in den Kanton Luzern ganz sicher nicht gestärkt. 

Wir beraten heute leider nur die Gesetzesänderungen. Wir sind mit der Änderung des Publikationsgesetzes, der Neueinteilung der Sekundarschulkreise und den meisten Änderungen im Steuerbereich einverstanden.

Die Diskussion über den unerträglichen Teil von B120 werden wir erst mit dem Aufgaben- und Finanzplan (AFP) im Dezember führen. Es bleibt also noch Zeit, um sich alles noch einmal gründlich zu überlegen. Es läuft auf zwei einfache Fragen  hinaus:

Menschen mit einer Behinderung, Familien, vorläufig aufgenommene Personen, IV Rentnerinnen und Rentner und das Personal müssen bezahlen, damit die Unternehmen und die Vermögen tief besteuert werden können. Ist das gerechtfertigt? Könnt ihr das mit eurem Gewissen vereinbaren? 

Die SP/JUSO-Fraktion kann das nicht. 

SP-Kantonsrätin und -Kantonalpräsidentin Felicitas Zopfi-Gassner, Luzern  


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Über Felicitas Zopfi:

Felicitas Zopfi (1958*/SP/Luzern) ist am 10. April 2011 als Kantonsrätin wiedergewählt worden. 

www.felicitas-zopfi.ch