Die SP bringt die grünliberale Stadträtin Manuela Jost in eine sehr heikle Situation
Heute Dienstag (24. September) hat die SP der Stadt Luzern bekanntgegeben, dass sie mit Judith Dörflinger im nächsten Frühling einen zweiten Stadtratssitz erobern will. Damit lockt sie Stadträtin Manuela Jost von den Grünliberalen in eine perfide Falle. Doch der Reihe nach.
Rückblende. Für die Gesamterneuerungswahlen 2012 nominierten die Grünliberalen Manuela Jost zum ersten Mal als Stadträtin. Versuche, zusammen mit der CVP und der FDP, also mit Stefan Roth und Martin Merki, bereits für den ersten Wahlgang eine gemeinsame Liste zustande zu bringen, scheiterten damals. Der Grund: Manuela Jost war – weil grünliberal – den Hardlinern in diesen beiden Parteien, vereinfacht gesagt, «zu links».
Also trat Jost im ersten Wahlgang solo an. Für den zweiten Wahlgang nominierte die SP abermals Beat Züsli als neuen Kandidaten, weil sie neben ihrer bisherigen Stadträtin Ursula Stämmer-Horst einen zweiten Stadtratssitz einforderte. Weil FDP und CVP befürchteten, Züsli könnte das Rennen machen, war ihnen für den zweiten Wahlgang Manuela Jost nun plötzlich bürgerlich genug, weshalb sie sie, die noch wenige Wochen zuvor «zu links» gewesen war, nun unterstützten und sie schliesslich für die Grünliberalen tatsächlich in die Stadtluzerner Exekutive einzog.
Vier Jahre später das umgekehrte Spiel. SP und Grünen gelang es, die Grünliberale Manuela Jost auf ihre Seite zu ziehen und mittels eines tollpatschigen «Geheimvertrages» auf gewisse inhaltliche Versprechungen zu verpflichten. FDP, CVP und SVP zürnten lautstark und nachhaltig über den konfusen Kontrakt und konnten sich nicht mehr erholen von diesem mysteriösen Komplott (siehe unter «In Verbindung stehende Artikel»).
Das ist zwar hier alles etwas vereinfacht dargestellt, aber so wars im grossen und ganzen und diese Darstellung reicht vollkommen aus, um aufzuzeigen, warum Jost jetzt – eben: nach der heute angekündigten Kandidatur von Judith Dörflinger für den zweiten SP-Sitz – in eine unmögliche Situation gerät.
Denn mit der Nomination Judith Dörflinger fokussiert die SP ihre Strategie bei den Gesamterneuerungswahlen 2020 auf den Sitz von Jost, ob die das zugibt oder nicht. Die SP wird mit jeder Garantie weder Franziska Bitzi (CVP), noch Martin Merki (FDP) und schon gar nicht Adrian Borgula (Grüne) angreifen. Also kann das Objekt der Begierde nur der Wackelsitz von Manuela Jost sein.
Was soll sie grünliberale Baudirektorin jetzt tun?
Bandelt sie zwecks Optimierung ihrer Wiederwahlchancen im nächsten Frühjahr wieder mit den Bürgerlichen an, mit denen sie bereits 2012 liiert war (um Beat Züsli als zweiten SP-Stadtrat zu verhindern), so setzt sie sich dem naheliegenden Vorwurf aus, eine Windfahne zu sein (um hier kein stärkeres anderes Wort zu gebrauchen).
Wagt sie hingegen den Alleingang, so schrumpfen ihre Wiederwahlchancen frappant.
Ein erneutes «Päckli» mit CVP und FDP wäre aber in diesen Parteien nicht wirklich wahrscheinlich, weil sie sich ihrerseits nicht den Vorwurf einhandeln wollen, mit einer Windfahne zu paktieren. Es sei denn, sie werden sich an eine Aussage der damaligen städtischen CVP-Präsidentin Andrea Gmür erinnern. Sie hatte 2016 gesagt, in der Not fresse der Teufel Fliegen. Es ging darum, im zweiten Wahlgang der Stadtratswahlen mit der ungeliebten SVP zu koalieren, damit Stadtrat Stefan Roth als Stadtrat und Stadtpräsident wiedergewählt werde.
Voilà: Diese Aussage ist nicht mehr als ehrlich, so funktioniert Politik.
Wer weiss also schon heute wirklich, ob es Manuela Jost, die CVP und die FDP im Frühjahr 2020 allenfalls halt einfach mit dem Teufel halten werden. Und ob Manuela Jost vielleicht nicht doch wieder... – aber den Rest kennen Sie ja.
Fortsetzung folgt – mit jeder Garantie.
Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch, Luzern
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