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Kolumne von Mario Stübi

04.09.2018

Nachhaltige Ernährung: Wo die Gegner falsch liegen

Am 23. September entscheidet die Stimmbevölkerung der Stadt Luzern über die Teilrevision des Energie- und Klimareglements. Leider enthält das Argumentarium der Gegner sachliche Mängel – und ganz geheuer ist ihnen dabei auch nicht.


Was für eine nachhaltige Ernährung spricht und damit für die Teilrevision des Energie- und Klimareglements, ist bekannt und kann hier nachgelesen werden:

http://www.lu-wahlen.ch/ueber-uns/kolumne-der-redaktion/news/2018/07/26/13466-so-argumentieren-die-befuerworter-des-energie-und-klimareglements/

Fokussieren wir deshalb auf die vermeintlichen Gründe, die gegen diese Vorlage sprechen. Denn obschon die beiden Artikel in der ergänzten Version des Reglements niemandem vorschreiben können, was sie oder er zu essen hat (weil davon nichts in diesen Artikeln steht), sprechen die Gegner von «Bevormundung» und «Essvorschriften», was in der Sache nicht korrekt ist. Eine Auswahl bisheriger Äusserungen:

«Wir entscheiden, was auf unsere Teller kommt!» 

Quelle: http://www.nein-zur-bevormundung.ch/ 

Und das sogar, wenn die Stadtbevölkerung am 23. September Ja sagt. Denn bei dieser Vorlage geht es nicht um ein Gesetz mit Verboten, sondern um ein Reglement, welches die zuständigen Behörden legitimiert, die Luzernerinnen und Luzerner sachlich über die Auswirkungen von «grauer Energie» zu informieren. Und unsere Nahrung ist vielfach Trägerin solcher Energie – und die hat negativen Einfluss aufs Klima.

«Wir goutieren Essempfehlungen aus dem Stadthaus nicht. Gegen solche Bevormundungen der Bürgerinnen und Bürger wehren wir uns.»

Quelle: http://www.cvp-luzern.ch/news/2018-02-16/der-bogen-ist-ueberspannt

Ein Widerspruch in sich: Wie kann eine Empfehlung bevormundend sein? Eine Empfehlung erhalten bedeutet, anschliessend in Kenntnis davon selber eine Entscheidung fällen zu können. Genau das (und nur das) will der Zusatz in diesem Reglement.

«Die Stadt Luzern empfiehlt nicht nur weniger Fleisch und mehr Gemüse zu essen. Sie fordert auf ihrer Plakatserie auch dazu auf, für coole Ferien auf Flugreisen zu verzichten.... und all das mit Steuergeldern. NEIN ZUR BEVORMUNDUNG.»

Quelle: Eintrag auf facebook.com.

Wer sich von Plakaten bevormundet fühlt, sollte besser nie den Luzerner Bahnhof durchschreiten – oben, unten, links, rechts: überall «kommerzielle Bevormundungen»! Im Ernst: Plakate sind seit je ein adäquates Mittel, um Passanten über ein Anliegen zu informieren, mit dem sie sonst nichts am Hut haben. Wozu gibt es wohl Abstimmungskampagnen? Ich gehe davon aus, dass wir in Luzern bald Plakate sehen werden, die uns einerseits zu dieser Vorlage vom 23. September ein Ja, andererseits ein Nein zu Vorlage empfehlen. Werden Sie sich davon bevormundet fühlen?

«Jeder hat [in Zeiten des Internets] genügend Möglichkeiten sich zu informieren, wer das nicht tut, wird sich auch nicht von diesen unnötigen Plakaten verändern lassen.» 

Quelle: www.facebook.com/permalink.php;

Da macht Lucas Zurkirchen, Präsident der Jungfreisinnigen Stadt Luzern, einen Denkfehler. Gehen Sie sich im Internet über etwas informieren, von dem Sie gar nicht wissen, dass es Sie betreffen könnte? Eben. Es liegt daher auf der Hand, dass eine aufgeklärte Informationspolitik von unabhängiger, demokratisch legitimierter Seite eine sinnvolle Massnahme ist, um über graue Energie und nachhaltige Ernährung zu informieren, und erst noch bei der Bevölkerung ankommt.

«Umweltschutz ist mir wichtig, aber bitte ohne Ernährungsvorschriften!»

Quelle: http://twitter.com/AGmur/status/966213160582762497

Ich weiss nicht, welche «Vorschriften» CVP-Präsidentin Andrea Gmür-Schönenberger meint, am 23. September wird jedenfalls über keine solchen abgestimmt. Gleichzeitig offenbart die Nationalrätin mit diesem Statement, wie «wichtig» ihr Umweltschutz ist. Verantwortung zu übernehmen klingt für mich anders.

«Das ist lächerlich. Regionale Wirtschaft – hallo?»

Quelle: http://vimeo.com/263068137 (21:01)

Diese Wertschätzung von CVP-Grossstadtrat Peter Gmür hören die Unternehmen in und um Luzern wohl nicht gerne. Trotzdem lehnen die grossen Gastro- und Wirtschaftverbände das Reglement ab. Ob deren Mitglieder das ebenso sehen?

«Die SVP Stadt Luzern ist dezidiert der Meinung, dass solche sozialistische Ansinnen, wie sie die Linke Mehrheit im Grossen Stadtrat hat, zu bekämpfen sind.»

Quelle: http://www.svpluzern.ch/index.php/nachrichten/svp-stadt-luzern-2/441-referendum-gegen-veganer-reglement-zustande-gekommen

So sozialistisch kann es kaum sein, wenn sich mit «LU – Luzerner Unternehmen» ein Wirtschaftsverband für das Reglement einsetzt. Es ist bedauerlich, dass die Gegner den Aspekt der regionalen Wirtschaftsförderung komplett ausblenden. Sorgen wir in den kommenden Wochen dafür, dass die Bevölkerung über diesen Vorteil in Kenntnis gesetzt wird! 

«Es wäre ein erster Schritt, dem Gewerbe und den Konsumenten konkrete Essensvorschriften zu machen.»

Quelle: http://www.lu-wahlen.ch/kolumnen/markus-maechler/news/2018/08/13/13512-ernaehrungs-diktat-gehoert-ganz-einfach-abgelehnt/

Da weiss der frühere CVP-Grossstadtrat Markus Mächler offenbar mehr als ich (und im Gegensatz zu ihm bin ich Mitglied der entsprechenden parlamentarischen Kommission, die über solche Vorschriften beraten würde). Fakt ist: Nur aufgrund der Initiative kam das Energie- und Klimareglement überhaupt ins Spiel, weil es die Initianten mit ihrem Initiativtext ergänzen wollten. Mir ist jedoch aktuell kein Ansinnen aus Stadtrat, Parlament oder Bevölkerung bekannt, welches «Essvorschriften» einführen will (was durch eingeschränkte Zuständigkeiten auf Gemeindeebene sowieso ziemlich schwierig werden dürfte).

Fazit: Mir scheinen die Argumente der Gegner teilweise gesucht und etwas gar aufgebauscht. Dass dieser Eindruck nicht täuscht, bestätigen die Gegner gleich selber. Auf das Schlagwort der Bevormundung angesprochen, lässt sich CVP-Fraktionschefin Mirjam Fries in der «Luzerner Zeitung» so  zitieren: «Das ist vielleicht eine etwas zugespitzte Formulierung.» Bleibt zu hoffen, dass sich die Stimmbevölkerung mehr mit sachlichen und weniger mit «zugespitzten» Informationen zu informieren weiss.

Mario Stübi, SP-Grossstadtrat und mitverantwortlich für die Pro-Kampagne, Luzern


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Über Mario Stübi:

 

Mario Stübi (*1984) ist freischaffender Redaktor. Er hat Kulturwissenschaften an der Universität Luzern studiert und vertritt die SP im Grossen Stadtrat von Luzern. Mario Stübi engagiert sich aktiv im kulturellen Leben Luzerns, unter anderem im Vorstand der SRG Luzern und der IG Kultur Luzern.

http://www.mariostuebi.ch/