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Kolumne von Mario Stübi

10.08.2017

«Die Inseli-Initiative erreicht mindestens 58 Prozent Ja-Stimmen»

Am 24. September stimmt die Stadt Luzern über vier städtische Vorlagen ab. Zwei davon kommen von links: Die JUSO-Initiative für ein Inseli ohne Cars und die Vorlage über den Verkauf städtischen Bodens, welche der Gegenvorschlag zu einer Initiative der Grünen ist, die zurückgezogen worden ist. Dazu ein Interview mit SP-Grossstadtrat Mario Stübi.


SP-Grossstadtrat Mario Stübi engagiert sich für die JUSO-Initiative für ein Inseli ohne Cars und den Gegenvorschlag zur «Boden-Initative» der Grünen. In diesem Interview erklärt er, warum.

Bilder: Herbert Fischer

Herbert Fischer: Wie präsentiert sich aus ihrer Sicht die Ausgangslage?

Mario Stübi: Es sind beides «fassbare» Vorlagen. Das Inseli und die städtischen Grundstücke: Das sind Dinge, die man sehen und wo man hingehen kann. Wenn Abstimmungen einen örtlich sichtbaren Bezug haben, hat die Stimmbevölkerung eher eine emotionale Bindung zum politischen Inhalt, was dem öffentlichen Diskurs förderlich ist. Ich gehe davon aus, dass dieser losgeht, sobald die Schulferien vorbei sind.

Beides sind wie gesagt «linke Anliegen», beide polarisieren und provozieren. Sehen sie das auch so?

Mario Stübi: Im landläufigen Sinn: ja, aber eigentlich sehe ich nicht ein, warum nicht auch eine bürgerlich gepolte Person ein Interesse haben soll an mehr grünem Naherholungsraum, beziehungsweise an einem anständigen Boden-Portfolio der öffentlichen Hand. Die linken Absender der Initiativen sind wohl das Problem. Viele Leute können nur schon deswegen nicht dafür sein, was ich sehr schade finde.

Es besteht zwar kein kausaler Zusammenhang zwischen den Vorlagen und der zeitgleiche Abstimmungstermin ist Zufall. Dennoch geht es am 24. September gewissermassen um «Alles oder Nichts». Und zwar sowohl für die Linke, wie auch für die Rechte. Und zwar in dem Sinn, dass die Linke seit Jahren ihre Vorlagen entweder beim Souverän durchbringt, oder aber damit nur relativ knapp scheitert. Sind die Linken vom Stadtluzerner Stimmvolk in den letzten Jahren etwas gar «verwöhnt» worden?

Mario Stübi: Sie nennen es «verwöhnt», ich sage, dies ist Resultat einer bürgernahen Politik mit steter Erklärungsarbeit – im Parlament, in den Medien, vor allem aber im persönlichen Kontakt an Veranstaltungen, am Arbeitsplatz und im Freundeskreis. Alle Parteien und Verbände haben für diesen Abstimmungssonntag mehrere Anlässe, um zu mobilisieren. Wer verliert schon gerne Abstimmungen? Jede ist wichtig, also machen wir unseren Job und erläutern den Luzernerinnen und Luzernern, warum sie aus unserer Sicht hier Ja oder dort Nein stimmen sollten.

Das kann ja auch übermütig machen und «nach innen», also innerhalb des linken Lagers, demobilisierend wirken. Etwa nach dem Motto: «Was soll ich mir da ein Bein ausreissen, das kommt schon gut». Wie sehen das?

Mario Stübi: Dummes Zeug – das wäre auf die Dauer politischer Selbstmord. Nicht selbstgefällige Bequemlichkeit, sondern konstantes Engagement für alle ist der Schlüssel zu politischen Mehrheiten.

Was machen Sie dagegen?

Mario Stübi: Abstimmungskampf natürlich, wir haben schon vor den Sommerferien mit den Vorbereitungen dafür begonnen.

Zu einer Art Schicksalsfrage, zumindest aber zu einem Markstein werden diese beiden Vorlagen für die Bürgerlichen, weil sie schon lange das Gefühl haben: «Jetzt reichts: jetzt stoppen wir diese linke Dynamik in dieser Stadt». Gemeint sind damit all die «roten und grünen Erfolge» der letzten Jahre.  

Mario Stübi: Wo liegt das Problem? Die Grünen haben ihre «Boden-Initiative» zugunsten eines bereinigten und vom Stadtparlament genehmigten Gegenvorschlags zurückgezogen. Und die «Inseli-Initiative» wird sogar vom Stadtrat befürwortet, selbst eine Mehrheit der CVP-Fraktion hat ihr im Rat zugestimmt. Man darf auch einfach mal sagen, dass beides solide Lösungen sind, die Luzern weiterbringen. Wem das nicht passt, der muss sich halt öffentlich Gehör verschaffen.

Es wird den Bürgerlichen offensichtlich – spät zwar, aber immerhin doch noch – bewusst, dass SP/JUSO sowie Grüne/Junge Grüne in der Stadt einen Erfolg nach dem anderen, oder zumindest einen Achtungserfolg nach dem anderen einfahren. Die Stichworte: «Industriestrasse-Initiative», «Wohnbau-Initiative», «Bahnhofstrasse-Initiative», «ZHB-Initiative»  alles vom Stimmvolk angenommen. Handkehrum sind die Bürgerlichen jeweils kalt geduscht worden, was sie verständlicherweise nun langsam aber sicher satt haben. Wie sehen Sie das?

Mario Stübi: Ich möchte nicht die Wassertemperatur bürgerlicher Duschen kommentieren. Ich kann nur sagen, dass Erfolge nicht von alleine kommen, sondern das Resultat intensiver politischer Arbeit sind. Wer sich anstrengt und die Bedürfnisse der Bevölkerung abzuholen weiss, kann das auch.

Es ist demnach anzunehmen, dass CVP, FDP und SVP alles daran setzen, dass die «Inseli-Initiative» und der Gegenvorschlag zur «Boden-Initiative» bachab gehen?

Mario Stübi: Das werden wir sehen, ich freue mich auf jeden politischen Diskurs.

Die politische Stimmung in der Stadt ist längst «geladen». Unter anderem «dank» der Tatsache, dass die «Öko-Allianz» am 15. Dezember 2016 den Stadtrat aus dem Parkhausprojekt Musegg zurückgezogen hat (siehe unter «In Verbindung stehende Artikel»). War das Verhalten der «Öko-Allianz» am 15. Dezember aus heutiger Sicht richtig, als ein Postulat aus diesem Lager angenommen wurde, das diesen Rückzug gefordert hatte?

Mario Stübi: Wir sehen dieses Postulat nach wie vor als geeignete Massnahme, um die Verschwendung von Steuergeldern für ein nicht mehrheitsfähiges Projekt ohne Volksauftrag zu beenden. Wir haben damit ein Wahlversprechen eingelöst. 

Aber sie haben sich damit den - ziemlich nachvollziehbaren - Vorwurf eingehandelt, sich einer eigentlichen Debatte über ein Parkhaus zu verweigern. 

Mario Stübi: Warum sind denn seither die Medien genau so voll mit diesem Thema wie vorher? Wo genau haben wir die Debatte abgewürgt? Eher abgewürgt – und dies übrigens mit einer noch knapperen Mehrheit als letzten Dezember – haben 2014 FDP, SVP und CVP eine Volksmotion von Quartierkräften, die kein Parking vor (oder unter) der Haustüre wollte.

Eine bürgerliche Initiative will diesen Entscheid vom 15. Dezember 2016 rückgängig machen. Die «Öko-Allianz» hat einen Gegenvorschlag eingereicht. Haben sie ein schlechtes Gewissen? 

Mario Stübi: Warum? Wir verdoppeln die Entscheidungsmöglichkeit der Stimmbevölkerung. Sollten wir uns deswegen schämen? Hier die Initiative – da der Gegenvorschlag.

Die Initiative verlangt explizit eine «Aufwertung der Innenstadt». Was haben sie und ihre Getreuen dagegen?

Mario Stübi: Aufwertung ist prima, aber wenn die bestehenden Parkhäuser schon nicht ausgelastet sind, wofür dann noch eines mehr bauen mit dem Risiko, dass die Museggmauer deswegen Schaden nimmt? Im Jahr 2017 soll sich der Parkraum nicht mehr dem motorisierten Verkehrsaufkommen anpassen, sondern umgekehrt. Für mich ist eine aufgewertete Innenstadt eine, wo der Verkehr insgesamt abnimmt sowie auf umweltfreundliche, flächeneffizientere und im Falle des Velos leisere und gesunde Fahrzeuge verlagert wird. 

Kommen wir zur «Inseli-Initiative» der JUSO. Sie sind davon gewiss begeistert? 

Mario Stübi: Allerdings, ich sehe bei einem Ja nur Gewinner. In Zeiten, wo ein Kanton Autobahnen durch Wohnquartiere plant, müssen wir Städter schauen, dass wir unsere Naherholungsräume und Pärke nicht nur erhalten, sondern aktiv den Bedürfnissen der Bevölkerung anpassen und erweitern.

Aber irgendwo müssen diese Cars doch sein. Zumal sie und ihre Kreise kein Parkhaus wollen und sich sogar einer Debatte darüber widersetzen.

Mario Stübi: Genau dafür hat der Stadtrat ja einen Fahrplan und bei einem Ja sogar noch drei Jahre Zeit, diesen umzusetzen. Es sind noch nicht alle Lösungsvorschläge für alternative Carparkplätze öffentlich bekannt, weshalb sich niemand vor einem «Carchaos» fürchten muss. Im Gegenteil: Schon nächstes Jahr wird ein so genanntes Slot Management eingeführt, eine webbasierte Lösung, die eine effizientere Bewirtschaftung des bestehenden Parkraums für Touristencars ermöglicht. Der herbeigeredete, unmittelbar drohende Kollaps des Verkehrs bei einem Ja zur Initiative ist somit Nonsens; ebenso die Lüge, dass die «Määs» vom Inseli weg müsse. Bedenklich, dass man jetzt auch in der Stadt Luzern mit Unwahrheiten Abstimmungskämpfe führt.

Die Befürworter dieser «Inseli-Initiative» haben einen starken Trumpf: das bürgerliche Komitee, das sich jetzt dagegen stemmt, besteht zum Teil aus Leuten, die vor einem Jahr genau auf dem Inseli die Salle modulable realisieren wollten. Damit hätten die gleichen Leute, welche nun diese Juso-Inititiave als «Totengräberin des Tourismus und der Wirtschaft» verteufeln, genau diese Parkplätze ebenfalls verschwinden lassen. Einen schöneren Steilpass hätten sie sich wohl kaum wünschen können. Dürfen wir uns diesen Abstimmungskampf als filmreifen Schlagabtausch vorstellen. Etwa mit Parolen wie: «So lügen die bürgerlichen Parkhausgegner»? 

Mario Stübi: Nur so viel: Wir haben etwas in den Archiven der Lokalmedien geblättert und erstaunliche Aussagen angetroffen. 

Und: was haben sie gefunden?

Mario Stübi: Abwarten! Ich möchte dem Kampagnen-Team der JUSO nicht zuvorkommen.

Wie kommts am 24. September mit der «Inseli-Initiative» raus?

Mario Stübi: Mindestens 58 Prozent Ja.

Sehr optimistisch! Warum?

Mario Stübi: Was ist schöner als das Inseli mit Carparkplatz? Das Inseli ohne Carparkplatz! Dafür mit mehr Grünraum und verbesserter Infrastruktur für die «Herbstmäss». Wie gesagt: Ich sehe nur Gewinner mit einem Ja.

Und welches Resultat erreicht die «Boden-Vorlage»?

Mario Stübi: Ein noch besseres.

Warum sind sie hier so optimistisch?

Mario Stübi: Drei Gründe: der Mangel an bezahlbarem Wohnraum; die fahrlässigen Grundstückverkäufe der Stadt der letzten vier, fünf Legislaturen; die beiden thematisch gleichen Abstimmungen in Emmen, welche angenommen worden sind. Die Stadt soll nicht mehr dauernd ihren Boden «vertschutten». Mit einem Ja zum Gegenvorschlag zur Bodeninitiative sind wir an diesem Ziel.

Interview: Herbert Fischer


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Über Mario Stübi:

 

Mario Stübi (*1984) ist freischaffender Redaktor. Er hat Kulturwissenschaften an der Universität Luzern studiert und vertritt die SP im Grossen Stadtrat von Luzern. Mario Stübi engagiert sich aktiv im kulturellen Leben Luzerns, unter anderem im Vorstand der SRG Luzern und der IG Kultur Luzern.

http://www.mariostuebi.ch/