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Kolumne von Adrian Schmid

15.02.2019

Werner Fritschi unterstützte auch den «Widder»

Weil er als Dienstverweigerer vor Divisionsgericht stand, lernte Adrian Schmid 1977 Werner Fritschi kennen, der sich für die Jugend und ihr Verhältnis zu Gesellschaft und Staat interessierte. Beide waren drei Jahre später bei der Gründung der Genossenschafts- und Kulturbeiz Widder an der Steinenstrasse engagiert.


«Ein paar junge Leute hatten es satt, zu warten auf das Ende der blossen Vermutung, dass es bessere Formen der menschlichen Zusammenarbeit gibt»; so der ungewöhnlich lange Buchtitel des Schriftstellers Rolf Niederhauser 1978 über die Genossenschaftsbeiz Kreuz in Solothurn.

Das Buch hat mich inspiriert und führte in Luzern zur Gründung der Genossenschafts- und Kulturbeiz Widder. Diese Genossenschaft zählte bald rund 340 Mitglieder, Werner Fritschi war eines der allerersten. Das damalige Beizensterben traditioneller Begegnungsstätten hat viele bewegt und motiviert, mitzumachen. Spektakuläre Demos und Besetzungen für eine lebendige, wohnliche sowie lebenswerte Stadt Luzern folgten, bis am 16. März 1981 der «Widder» an der Steinen- und Zürichstrasse mit einem rauschenden Fest eröffnet wurde.

Wenn ich mich an Werner erinnere, sollen zwei Episoden diesen meinen letzten und herzlichen Dank an ihn einleiten. 

Während die Genossenschaft die Beiz betrieb, kaufte die Stiftung Kulturstätten die Liegenschaft Widder, um sie an die Genossenschaft zu vermieten. Den Stiftungsrat bildeten der inzwischen ebenfalls verstorbene Architekt und Publizist, Otti Gmür, Werner Fritschi und ich als Sekretär. Es war absehbar, dass wir bei einem Kaufpreis von 820 000 Franken, davon 800 000 Hypothekarschulden bei der LUKB, einem Eigenkapital von 20 000 Franken und einem hohen Investitionsbedarf für die baufällige Liegenschaft gefordert waren; speziell gegenüber den Behörden und der kreditgewährenden Bank, der wir 7 ¼ Prozent Zins zahlen mussten. 

Dabei wirkte Werner Fritschi erstmals als wertvoller Vermittler, erläuterte und verteidigte das Projekt einer anderen Form menschlichen Zusammenarbeit. Dass es im Betrieb der Gaststätte oft auch zu handfesten Konflikten kam, war absehbar. Und da war Stiftungsrat Fritschi  als vermittelnder Mediator gefragt. Mit dem Verkauf der Liegenschaft zum Widder im Jahr 2003 (bei einem Nettogewinn von 24 Franken) ging auch die so geschätzte  Zusammenarbeit mit ihm zu Ende. 

Einige Jahre später liquidierten wir zudem die Genossenschaft und spendeten das restliche Kapital von 50 000 Franken dem in Gründung befindlichen Verein Neubad in Luzern. 

Jugendberater Fritschi hat das begrüsst. Der Gedanke der früheren Genossenschafts- und Kulturbeiz Widder lebt im ehemaligen Luzerner Hallenbad weiter. 

1977 bin ich Werner Fritschi erstmals begegnet. Dies war prägend und führte uns immer wieder zusammen. Unter dem Vorsitz des damaligen Oberrichters und späteren Stadtpräsidenten Franz Kurzmeyer wurde gegen den Militärdienstverweigerer Adrian Schmid eine sechsmonatige Gefängnisstrafe verfügt. Als Ankläger der Militärjustiz wirkte der Krienser Anwalt Alex Wili, als Pflichtverteidiger der spätere Grossstadtrat Viktor Rüegg, während Werner P. Wyler im «Luzerner Tagblatt» ausführlich berichtete. Es war eine bewegte Zeit.

Werner Fritschi hat diesen Prozess, wie auch meinen Gefängnisaufenthalt nicht nur genau verfolgt. Er thematisierte auch einerseits mit seinem Beratungsdienst Jugend und Gesellschaft die Forderung nach der Einführung eines Zivildienstes. Andererseits führten wir lange und vertiefte Gespräche, die unter anderem in seinem «Bulletin» eine erste Öffentlichkeit fanden. Oder anders gesagt: er gab mir eine politische Stimme. Dafür bin ich ihm heute noch dankbar! 

Es dauerte dann immerhin noch 25 Jahre, bis die Schweiz – übrigens als zweitletztes Land in Europa – ein Zivildienst mehrheitsfähig wurde. Werner Fritschi hat das sehr begrüsst.

Adrian Schmid, Luzern


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Über Adrian Schmid:

Adrian Schmid (1956), kandidiert für die Grünen im Wahlkreis Luzern Stadt für den Kantonsrat.

Er ist einer der GründerInnen der Gruppe Schweiz ohne Armee (GsoA) und der Genossenschaftsbeiz zum Widder. 1998 / 1999 präsidierte er den Grossen Stadtrat von Luzern. Noch bis im April 2019 ist er Geschäftsführer des Schweizer Heimatschutzes. Dann zieht er sich dort zurück und widmet ganz der von ihm präsidierten Schweizer Demokratiestiftung.

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