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Kolumne von Beat Murer

08.03.2018

«No Billag»-Debakel: So reagieren schlechte Verlierer

Seit letztem Sonntag (4. März 2018) wird seitens der Verlierer immer wieder versucht, die erdrückende Nein-Mehrheit bei der «No Billag-Abstimmung» kleinzureden.


Zum Vergrössern bitte anklicken. Siehe auch unter «Dateien».

Grafik: Beat Murer

Der Tenor dieser Abstimmungskommentare lautet: Bei diesen vielen Nein-Stimmen handle es sich grösstenteils um ein «Nein, aber». Und zwar in dem Sinne, dass diese Initiative zwar abgelehnt, die Kritik an der SRG jedoch unterstützt werde. 

Und, ob mans glaubt, oder nicht: Viele der Verlierer dieser Abstimmung – also Unterstützer der «No Billag-Initiative»  kritisieren landauf landab, die Gegner hätten für ihre Kampagnen Millionen von Franken zur Verfügung gehabt. 

Das ist schlichtweg unglaublich! Ausgerechnet jene Kreise, die hinter «No Billag» stehen, mokieren sich über das finanzielle Ungleichgewicht der beiden Seiten. Ausgerechnet sie, die immer wieder mit dem Milliardär Christoph Blocher und seiner SVP koalieren und schon mehrmals Kampagnen geführt haben, die schwindelerregende Summen verschlangen, ausgerechnet sie wollen nun als Opfer mangelnder finanzieller Mittel bemitleidet werden.

Ausgerechnet diese Kreise, die sich steinhart jedwelchen Forderungen nach transparenten Geldflüssen bei der Parteien-, Wahl-  und Abstimmungsfinanzierung widersetzen, wollen sich nun in einer eh aussichtslosen Ausgangsposition befunden haben. Das ist ein starkes Stück.  

Es sind dies die selben Kreise, welche sich immer wieder auf ihre Abstimmungssiege berufen und sich als grosse Sieger aufspielen. Beispiele: Abstimmung über den Beitritt zum EWR vom 6. Dezember 1992 oder Abstimmung vom 9. Februar 2014 über die «Masseneinwanderungs-Initiative» der SVP. Damals gewannen sie die EWR-Abstimmung mit 50,34 Prozent Nein-Stimmen, also nur haarscharf. Und die MEI-Initiative erreichte nur 50,33 Prozent Ja-Stimmen. 

Mit anderen Worten: wer sich mit solchen Resultaten als grosser Abstimmungsgewinner aufspielt, sollte gefälligst seine Niederlage eingestehen, wenn er als Verlierer mit einem so wuchtigen Abstimmungsergebnis wie am letzten Sonntag konfrontiert wird, als 71,6 Prozent Nein-Stimmen zu «No Billag» eingingen. 

Wer das nicht zu akzeptieren bereit ist, muss sich schlichtweg den Vorwurf gefallen lassen, ein schlechter Verlierer zu sein.

Erst recht belegen dies die Zahlen, wie sie die Grafik rechts (und unter «Dateien») deutlich macht und die Resultate von vier eidgenössischen Abstimmungen miteinander vergleicht: jene über den EWR (6. Dezember 1992), jene über die «Masseneinwanderungs-Initiative» (MEI, 9. Februar 2014), jene über die «Durchsetzungs-Initiative» (DSI, 28. Februar 2016) und eben jene vom letzten Sonntag (4. März 2018) über «No Billag».

Geradezu brutal wird’s, wenn wir die jeweiligen Mehrheiten anschauen, mit denen die vier Vorlagen angenommen, beziehungsweise abgelehnt worden sind.

So erreichten die EWR-Gegner gerade mal eine Nein-Mehrheit von 50,34 Prozent (oder absolut 23 836 mehr Nein-, als Ja-Stimmen). Und der MEI stimmte eine Ja-Mehrheit von 50,33 Prozent zu, das sind 19 302 mehr Ja-, als Nein-Stimmen. Bei der «Durchsetzungs-Initiative» hingegen gingen 591 867 mehr Nein-, als Ja-Stimmen ein, während die Differenz bei «No Billag» sagenhafte 1 264 509 mehr Nein-, als Ja-Stimmen betrug.

Daraus folgt: Rechtsbürgerliche Kreise und mit ihnen die SVP zehren noch heute vom Ruf, die Schweiz «vor dem EWR bewahrt» zu haben. Und sie beten immer wieder ihr Mantra herunter, ihre MEI werde nicht im Sinne der Ja-Mehrheit umgesetzt; dies obschon bekanntlich im Abstimmungskampf eindringlich genug genau davor gewarnt worden war, wie schwierig im Fall einer Annahme dieser Initiative genau deren Umsetzung werden würde.

Jetzt aber, bei ihrer Kanter-Niederlage mit «No Billag», versuchen sie das wuchtige Nein zu relativieren, indem sie sich auf die «Nein, aber-Stimmen» und auf die ungleich verteilten finanziellen Mittel für den Abstimmungskampf berufen.

Mit Verlaub: das ist unglaubwürdig und unschweizerisch, weil unserer direkten Demokratie nicht würdig.

Beat Murer, Luzern  


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Über Beat Murer:

Beat Murer (*1949) ist in Luzern aufgewachsen, wo er nach dem Besuch der Zentralschweizerischen Verkehrsschule 23 Jahre bei den SBB diverse Funktionen - vom Betriebsdisponenten bis zum Liegenschaftsverwalter - ausübte. Als Weiterbildungen besuchte er den Verwaltungskurs für Luzernische Verwaltungsbeamte und den SVIT-Fachkurs für Immobilientreuhänder.

Bis zu seiner Pensionierung im Frühjahr 2011 leitete er 17 Jahre das Ressort  Wahlen und Abstimmungen der Stadt Luzern. Dies beinhaltete unter anderem die Organisation und Durchführung sämtlicher eidgenössischer, kantonaler und kommunaler Wahlen sowie diejenigen der katholischen und reformierten Kirchgemeinden. Zudem war er dort bis 2010 für die Prüfung von Initiativen/Referenden/Volksmotionen zuständig. 1990 bis 1992 vertrat er die SP im Grossen Stadtrat und von 1998-2006 war Beat Murer Mitglied des Grossen Kirchenrates der Katholischen Kirche Stadt Luzern.

Beat Murer kandidierte für die glp 2012 als Grossstadtrat.

Sein Motiv, bei lu-wahlen.ch als Kolumnist mitzuwirken: «Ich will so mithelfen, dass verantwortungsbewusste politische Diskurse möglich werden.»