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Kolumne von Laura Kopp

11.04.2011

Vier mögliche Gründe für den GLP-Erfolg

Wer hätte das vor einem Monat gedacht: Die Grünliberalen ziehen mit sechs Kandidatinnen und Kandidaten in den Kantonsrat. Das bedeutet auf Anhieb Fraktionsstärke. Das war zwar das erklärte Ziel, doch wirklich damit gerechnet hatte niemand. Umso grösser ist nun denn auch die Freude über das gute Wahlresultat.


Eine eigene Fraktion bringt den grünliberalen Kantonsrätinnen und -räten sowie der Partei verschiedene Vorteile. So kann im Kantonsrat eindeutig und sichtbar nach den eigenen Positionen politisiert werden. Diese Ausganglage hilft der jungen Partei bei ihrer Profilierung. Sie stärkt das Profil und macht die Grünliberalen über die Stadt- und Agglomerationsgrenzen hinaus im Kanton bekannt. Für die Gewählten bedeutet das natürlich viel Arbeit. Die Grünliberalen können auf keine existierenden Parteistrukturen zurückgreifen, die bei der täglichen Parlamentsarbeit helfen könnten. Doch, und das ist ein weiterer Vorteil der Fraktionsstärke, können solche Strukturen nun eventuell dank des Fraktionsbeitrages langsam aufgebaut werden. So oder so wird es die grosse Herausforderung sein, Hoffnungen und Erwartungen der Wählerinnen und Wähler zu erfüllen. Und die dürften relativ hoch sein, sind die Grünliberalen doch noch eine unbekannte und unverbrauchte politische Kraft im Kanton Luzern, die sich jetzt beweisen muss. 

Wie kam es zu diesem guten Wahlresultat? Verschiedene Expertinnen und Experten haben dazu unterschiedliche Antworten parat. Die Rede ist von «Fukushima-Effekt», von der Neuartigkeit der GLP, vom «Umbruch in der Mitte» oder von der tiefen Wahlbeteiligung.

Grund I: «Fukushima-Effekt»?

Die Folgen der Naturkatastrophe – genauer «Fukushima» – zeigen sich deutlich in den Diskussionen über die Zukunft der Energieversorgung. Doch es wäre zu einfach, den Wahlerfolg der Grünliberalen nur mit diesen Ereignissen zu begründen. Dies vor allem auch darum, weil die Grünliberalen diese Katastrophe im Vergleich zu anderen Atomaustiegsbefürwortern eher zurückhaltend kommuniziert haben. Erst einige Tage nach der Katastrophe publizierte die GLP Schweiz eine Medienmitteilung. Darin enthalten waren keine sofortigen Ausstiegsforderungen, sondern schlicht und einfach die Parteiposition, namentlich der geordnete und schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie. Die lancierte Diskussion über die Zukunft der schweizerischen AKW brachte den Grünliberalen aber insofern Auftrieb, als dass die Partei in der Person von Martin Bäumle in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen wurde. Die Partei konnte dadurch sicher auch im Kanton Luzern an Bekanntheit gewinnen.

Trotzdem ist davon auszugehen, dass die Bekanntheit der Partei im Kanton noch nicht allzu hoch ist. Das zeigte sich bei Standaktionen – selbst in der Stadt – immer wieder. Von Passantinnen und Passanten wurde nur das Wort grün wahrgenommen. Dass es so etwas wie «grünliberal» gibt, war nicht bewusst. Auch die grüne Farbe des Wahlflyers führte manchmal zu Verwirrungen. Denn die Farbe grün findet man in mehreren – auch nicht grün politisierenden – Parteien wieder. Mir wurde immer wieder gesagt, dass man auch «grün» gewählt hat und damit weder die Grünliberalen noch die Grünen meinte.

Grund II: Neuartigkeit?

Unbekanntheit – das zeigt sich auch am Beispiel der BDP – ist ein klarer Nachteil für neue Parteien. Doch eine schwache Bekanntheit, gepaart mit dem Image des Neuen und Unverbrauchten, hat den Grünliberalen bei den gestrigen Wahlen sicherlich genutzt. Die Wählerinnen und Wähler wurden von dieser Partei auf kantonaler Ebene noch nicht enttäuscht. Die Partei wurde wählbar, weil es die anderen nicht mehr sind. 

Grund III: Umbruch der Mitte?

Lang und breit diskutiert wird auch immer wieder der Umbruch der politischen Mitte. Unklar scheint dabei manchmal zu sein, wer jetzt eigentlich zu dieser Mitte gehört. Fakt ist aber, dass «der Mitte-Kuchen» nun auf noch mehr Parteien aufgeteilt wird. Die Wähleranteile der Mitte nehmen nicht zu, auch wenn die neuen Parteien ein paar Stimmen an den Polgrenzen gewinnen können.  Unterschiedliche Gründe führen wohl dazu, dass die «Neuen» den »Alten» Wähleranteile «stehlen». So kann spekuliert werden, dass einige der CVP-Wählenden nicht mehr ganz so wertkonservativ sind wie die Partei selbst. Die FDP Luzern war früher einmal die «Liberale Partei». Manchmal scheint es aber, als ob sie das Liberale mit dem Namenwechsel etwas verloren hat. Die Grünliberalen könnten deshalb durchaus eine Alternative zur heutigen Luzerner FDP sein. Zudem fehlen beiden Parteien, also sowohl FDP wie auch CVP,  zentrale Elemente, die wohl den Erfolg der Grünliberalen mitbegründen: Ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein, klare Forderungen nach ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit und eine gesellschaftsliberale Haltung – all das, ohne einfach «links» zu sein.

Grund IV: Wahlbeteiligung?

Die Wahlbeteiligung war im Kanton weniger tief als noch vor ein paar Tagen erwartet. Einzig in n den Ämtern Willisau und Entlebuch war sie deutlich tiefer als vor vier Jahren. Für die Grünliberalen spielt dies aber kaum eine Rolle. Die Partei ist im Luzerner Hinterland noch kaum bekannt und auch wenig präsent. In den anderen Ämtern blieb die Wahlbeteiligung in etwa gleich. Es stellt sich deshalb die Frage, wer zu Hause blieb und wer nicht. Oder anders gesagt, welcher Partei es besser gelungen ist, die Leute an die Urne zu locken. Es ist gut möglich, dass nicht der Fukushima-Effekt, sondern vielmehr ein «Zürich-Effekt» einen Einfluss auf das Resultat der Luzerner Wahlen hatte. Was mit der Diskussion über AKW begonnen hatte, setzte sich mit dem Erfolg der Grünliberalen in Zürich vor einer Woche fort. Die Medien berichteten ständig über den Erfolg der jungen Partei, suchten nach Erklärungen. Dank der häufigen Auftritte von Martin Bäumle gewann die Partei an Profil. Es wurde klarer, wofür die Grünliberalen stehen und wofür eben nicht. Vielleicht führte das dazu, dass sich unentschlossene Wählerinnen und Wähler in den letzten Tagen zur Wahl der Grünliberalen bewegen liessen. 

Inwiefern die Grünliberalen des Kantons Luzern auch auf nationaler Ebene mitmischen können, wird sich zeigen. Denn bei nationalen Wahlen herrschen andere Spielregeln. So ist nur schon die Wahlbeteiligung bei National- und Ständeratswahlen normalerweise höher als bei kantonalen Wahlen. Im Endspurt um die Sitze in Bern wird denn auch die Mobilisierung entscheidend sein. Und eine Mobilisierung wird umso schwieriger, je unbekannter die Partei im Kanton ist. 

Aus welchen Gründen auch immer die Grünliberalen in Luzern erfolgreich waren: Wir nehmen das Resultat dankend an. Der Tag war lang und spannend. Ein gutes Gefühl bleibt zurück. Es bleibt an dieser Stelle nur noch eines zu sagen: Herzliche Gratulation den Gewählten und gutes Schaffen!

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Die ganze Übersicht zu allen lu-wahlen.ch-Beiträgen zum Wahlausgang sowie den Hinweisen, Dateien und Links finden sich im Gastbeitrag von Hanns Fuchs:

http://www.lu-wahlen.ch/gastbeitraege/hanns-fuchs/news/2011/04/10/419-erdrutsch-mit-ueberschaubarem-flurschaden/  


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Über Laura Kopp:

Laura Kopp (* 1973) ist Politikwissenschaftlerin. Sie arbeitet als Fachspezialistin Planung/Koordination beim Bundesamt für Energie, Abteilung Energieeffizienz und Erneuerbare Energien. Am 10. April 2011 hatte sie in Luzern für die Grünliberalen als Kantonsrätin kandidiert und den vierten Ersatzplatz erreicht. Bei den Nationalratswahlen vom 23. Oktober landete sie auf dem ersten Ersatzplatz. Am 6. Mai 2012 ist sie in den Grossen Stadtrat gewählt worden. 

Seit 29. Oktober 2012 ist sie Kantonalpräsidentin der glp.

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