Wie Integration erfolgreich erreicht und gelebt werden kann
Respekt und Verständnis auf beiden Seiten ist die Voraussetzung für erfolgreiche Integration. Das beginnt schon, wenn – beispielsweise – eine Wohngemeinschaft funktionieren soll.

Herkunft und Hautfarbe spielen keine Rolle, wenn Kinder aus unterschiedlichen Kulturen miteinander spielen. Das ist eine gute Voraussetzung für die Integration.
Bild: Herbert Fischer
Seit meiner Ankunft in der Schweiz setze ich mich immer wieder mit dem Thema Integration auseinander. Ich bin erstens selber betroffen bin und setze mich zweitens seit langem für eine erfolgreiche Integration ein, sodass dieses Thema bei mir nach wie vor sehr präsent ist.
Da in der Literatur zahlreiche und vor allem unterschiedliche Integrationsbegriffe zu finden sind, gehe ich davon aus, dass der Begriff Integration unterschiedlich interpretiert werden kann. Quer durch die politische Parteien und gesellschaftliche Gruppen herrscht Einigkeit über die Wichtigkeit der Integration der ausländischen Bevölkerung. Integration ist ein wechselseitiger Prozess zwischen Eingewanderten und Aufnahmegesellschaft, der von beiden Seiten erfordert, sich aktiv aufeinander einzulassen.
Migranten haben stets eine Vorgeschichte
Bei Einwanderern kann davon ausgegangen werden, dass die Individuen in ihrem Heimatland diskriminiert, misshandelt oder anderweitig traumatisiert worden sind. Hinzu kommen die Fluchterfahrung und die Erfahrung der Ungewissheit von politischen Flüchtlingen im Asylverfahren. Anerkannte Flüchtlinge und Gastarbeiter, die eine gesicherte Aufenthaltsbewilligung haben, sind zwar formal den Schweizerinnen und Schweizern gleichgestellt, in der Praxis des Bildungs- und Qualifizierungssystems kann nach meiner Meinung von Verwirklichung der Chancengleichheit jedoch nicht die Rede sein.
Der erste Schlüsselbegriff einer erfolgreichen Integration ist das Erlernen der Landessprache, weil sie ein wichtiges Symbol für ein gutes Zusammenleben ist. Aber dies reicht mit der Zeit nicht, weil die Aufnahmegesellschaft erwartet, dass sich der Gast in das ganze Leben integrieren soll. Was heisst in diesem Zusammenhang eine erfolgreiche Integration? Das bedeutet in der Praxis, die Regeln im Aufnahmeland einzuhalten, die Grenzen der Aufnahmegesellschaft zu kennen und nicht zu überschreiten und sich an gesellschaftliche Gewohnheiten anzupassen.
Ein gutes Beispiel ist das Leben in einer Wohngemeinschaft. Jemand wohnt alleine und möchte aus verschiedenen Gründen seine Wohnung mit jemandem teilen. Er hat Gewohnheiten, und das Zusammenleben in einer WG hat bestimmte Regeln. Was passiert mit der Zeit? Entweder findet man einen gemeinsamen Weg oder das Zusammenleben scheitert. Was aber ist hier dieser gemeinsame Weg? Er kann nicht darin bestehen, dass ihn der Neuankömmling nur nach eigenen Interessen bestimmen kann. Sondern es sind die Interessen beider Seiten in Einklang zu bringen, beispielsweise auch mit Blick auf das Umfeld, in dem sich die gemeinsame Wohnung oder das Haus befindet. Dem Neuankömmling ist zwar klar, dass er sich anpassen soll, aber mit der Zeit erwartet er auch, dass man auf seine Grenzen aufmerksam wird, weil gewisse Entscheidungen zusammen getroffen und die ganze Verantwortung zusammen getragen werden sollen. Denn viele Interessen für das Zusammenleben in einer WG sind abzustimmen. Daher bringt ein einseitiger Integrationsversuch keinen Erfolg. Sondern: Der eine lässt genug Freiraum, damit der andere auch in der gleichen Küche kochen kann. Das Beste ist, wenn beide nach dem Kochen zusammen essen.
Gutes Umfeld, gute Lebensqualität, gute Integration
Was bringt eine erfolgreiche Integration in einer WG? Dadurch haben beide Seiten grosse Freude am Zusammenleben. Ein gutes Zusammenleben bedeutet eine gute Wohnqualität und hat einen positiven Einfluss auf das Studium, auf die Arbeit und auf das soziale Umfeld, undsoweiter.
Die Schweiz nimmt Menschen aus verschiedenen Ländern auf, was nicht selbstverständlich ist. Als Aufnahmegesellschaft hat sie Grenzen wie eigene Gesetze, Normen und Werte und sie gibt den Gästen – unter anderem mittels des Spracherwerbs – die Möglichkeit, sich zu integrieren. Nicht beachtet wird dabei oft, dass die Migranten auch eine Vergangenheit, einen Hintergrund mit gesellschaftlichen Normen und Werten haben. Damit meine ich nicht, dass hier alle Normen und Werte von Migranten ausgeübt werden können oder sollen. Werden ihnen aber Respekt davor und Verständnis dafür entgegengebracht, ist dies grosse Motivation für ihre Bereitschaft, sich anzupassen. Ich bin der Ansicht, dass eine kulturelle und strukturelle Einsamkeit von Migranten eine grosse Gefahr für die Aufnahmegesellschaft ist. Denn dadurch entsteht eine Ghettoisierung, welche Ängste voreinander verursachen können, was eine erfolgreiche Integration verhindert.