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Kolumne von Felix Kaufmann

18.10.2019

Spange Nord: 30 Jahre bürgerliche Zwängerei

Schon seit Jahrzehnten versucht eine bürgerliche Mehrheit im Kanton Luzern gegen den Willen der Bevölkerung mit neuen, grösseren und schnelleren Strassen durch bewohnte Quartiere ihre einträgliche Einkaufsmeile in der Innenstadt zu bedienen.


1992 schickten die Luzernerinnen und Luzerner die erste «Spange Nord», damals hiess sie noch «Nordumfahrung Luzern», in einer kantonalen Abstimmung mehrheitlich bachab. Schon damals sahen bürgerliche Politiker - wie zum Beispiel der FDP-Politiker Georg Theiler in einem SRF-Beitrag von 1992 ausführt - die «Entlastung» des Zentrums als ein Kernanliegen (siehe unter «Links»: 1).

Die Stadt müsse per Auto und Reisebus jederzeit und ungehindert erreichbar sein, so das Credo damals – wie heute.

Unterdessen sind in der Stadt immer mehr Parkhäuser (siehe unter «Links»: 2) entstanden; im «Zentrum» allein stehen heute die Parkhäuser «Altstadt» mit 456, «Am Gütsch» mit 215, «Bahnhofparking» unter und über dem Bahnhof mit total 900, «Casino» mit 250, «City Parking» mit 450, «Kesselturm» mit 350 und «Schweizerhof» mit 253 Parkplätzen, womit Luzern wohl die schweizweit dichteste Parkplatzmenge in der Innenstadt aufweisen dürfte. Und diese wollen gut gefüllt sein und dafür braucht es neue, breitere und schnellere Strassen.

2013 hat der Regierungsrat einen neuen Anlauf genommen und eine neue «Nordumfahrung», die «Spange Nord», aus der Schublade gezaubert. Wiederum ist vorgesehen, dass sich, 500 Meter von der gehätschelten Einkaufsmeile entfernt, der Verkehr durch Wohnquartiere ergiesst und so alles zerstören soll, was diese lebenswert macht.

Wie schon vor bald 30 Jahren, macht sich auch diesmal Widerstand in der Bevölkerung breit und zwar richtig stark und lauthals.

Wer denkt, der Luzerner Regierungsrat hätte etwas dazugelernt oder die Zeichen der Zeit erkannt, sieht sich enttäuscht. Selbst diejenigen, die vielleicht noch gehofft hatten, mit Fabian Peter würde ein neuer Regierungsrat auch einen neuen Stil begründen und zum Beispiel den Kontakt mit der betroffenen Bevölkerung suchen oder überhaupt eine andere Verkehrspolitik verfolgen, müssen sich ebenfalls enttäuscht zeigen.

Und wenn er in Presseinterviews (siehe unter «Links»: 3.1 und «Dateien»: 3.2) vorgibt, «den Fokus noch stärker auf Information zu legen», wissen wir spätestens nach einer Medienmitteilung des Wirtschaftsverbandes, was damit gemeint ist; nämlich dass seine bürgerlichen Partei- und Geschäftsfreunde sowie die ländlich-konservative «LuzernerZeitung» (siehe unter «Dateien»: 4) mit Vorabinformationen bedient werden: Sie wissen bereits heute, wo es lang geht und verkaufen ihre Variante als konstruktiven Lösungsbeitrag, weil der Regierungsrat die Spange Nord ja auch schon als «Befreiungsschlag» ins neue Legislaturprogramm aufgenommen hat.

Ehrlich gesagt, ist dies eigentlich ein politischer Skandal:

•    Der Regierungsrat hat die Bevölkerung angelogen, als er gesagt hat, die externe Projektabklärung sei ergebnisoffen gewesen.
•    Der Regierungsrat hat den Auftrag des Kantonsrats, mit der betroffenen Bevölkerung in den Dialog zu treten, nie, aber auch gar nie, in irgendwelcher Weise wahrgemacht.
•    Dafür beliefert der Regierungsrat die bürgerliche Presse und Wirtschaftslobbyisten gezielt mit Primeur-Informationen, um ihnen einen Wissensvorsprung zu verschaffen, damit sie die «Gegenbewegung Spange Nord» besser angreifen können.

Nie hat der Regierungsrat auch nur zu einem einzigen Einwand der «Gegenbewegung Spange Nord» Stellung bezogen:

•    Wie er sich zum Beispiel zur Zerstörung der betroffenen Quartiere stellt. Wie die betroffene Bevölkerung dort weiterhin wohnen und leben soll mit dem massiven Mehrverkehr; wie ihre Kinder in die Schule oder den Kindergarten oder die Älteren über die Strasse kommen sollen? Wie er sich vorstellt, in den Quartieren Liegenschaften enteignen oder mindestens teilenteignen zu wollen?
•    Warum der Regierungsrat nicht über seine ländlich-konservative Sichtweise hinauskommen will und seinen verkehrspolitischen «Befreiungsschlag» mitten in Luzern verwirklichen will und dafür Verkehrsmodellierungen braucht, die überholt sind?
•    Warum der Regierungsrat eine Verkehrspolitik verfolgt, die weder hilft, die Klimaziele zu erreichen noch die technischen Möglichkeiten der Zukunft berücksichtigt?

Wenn die Vorlage zur «Spange Nord» 2022 zur Abstimmung kommen wird, werden genau 30 Jahre vergangen sein, seit die Luzerner Bevölkerung die letzte Vorlage versenkt hat.

Wir können den Kampf gegen die «Spange Nord», oder wie immer sie heissen wird, auch diesmal gewinnen, wenn es uns gelingt, der kantonalen Bevölkerung aufzuzeichnen, dass dieses Vorhaben so teuer wird, dass über Jahre keine anderen grösseren – vielleicht aber nötigen – Verkehrsprojekte mehr möglich sein werden. Wir müssen aufzeigen, dass die Spange Nord keine Verkehrsprobleme löst, dass hier viel zu kleinräumig gedacht und geplant wurde und dass viel – sehr viel – Geld für etwas ausgegeben werden soll, das
die Betroffenen nicht wollen.

Felix Kaufmann, Mediensprecher «Gegenkomitee Spange Nord», Luzern


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Über Felix Kaufmann:

Felix Kaufmann (1953) hat im März 2019 im Wahlkreis Luzern Stadt für die SP als Kantonsrat kandidiert.

Er ist Mediensprecher der GegenBewegung Spange Nord.

Kaufmann hat 2019 in Luzern ein Studium MA Kulturwissenschaften und 1987 in Zürich in Germanistik und Anglistik abgeschlossen (lic. phil. I).