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Kolumne von Gerda Jung

12.03.2019

«Die Gesellschaft und speziell die Politik beachten die emotionalen Seiten zu wenig»

Die Politik liegt in ihren Genen; wie bei ihrem Bruder Pirmin Jung, der die kantonale CVP von 2012 bis 2017 präsidierte; und Vater Franz Jung war von 1975 bis 1991 CVP-Nationalrat.


Seit 2003 ist Gerda Jung (1969) politisch aktiv, allerdings in Hildisrieden, wo sie die Partei seit 2017 im Gemeinderat als Sozialvorsteherin vertritt.

Schon 2011 wollte die Ortspartei, dass sie ihre Erfahrungen aus der kommunalen Exekutive auch auf der kantonalen Ebene einbringt. Doch sie lehnte damals eine Kandidatur als Kantonsrätin ab. Seit 2015 aber gehört sie nun doch dem Parlament an. Für diese beiden Ämter hat Gerda Jung ihre Stelle als Hauswirtschaftliche Betriebsleiterin im Blindenheim Horw und als Mitarbeiterin der Blindenfürsorge aufgegeben.

Neben der Aufgabe als Gemeinde- und Kantonsrätin übt sie «weitere, kleinere Jobs» aus, wie sie das bescheiden ausdrückt. Etwa als Präsidentin der Härtefallkommission, im Präsidium von Fabia, im Vorstand von Akzent, der Organisation Pflegekind Zentralschweiz oder in der Landeskirche.. Zudem wirkt sie im Verwaltungsrat von Residio Hochdorf (Alters- und Pflegeheim), in der Arbeitsgruppe AgriPrakti und der Spurengruppe Hildisrieden (Pfarreirat) mit; alles Aufgaben also, die einen ausgesprochen sozialen Charakter haben.

Herbert Fischer: Das sind zusammen aber gewiss gut und gerne 100 Stellenprozente?

Gerda Jung: Ja, ich denke schon. Ich bin gut ausgelastet.

Sind sie eine Christlichsoziale?

Gerda Jung: Ja. Ich bin der neugegründeten Christlichsozialen Vereinigung innerhalb der CVP Kanton Luzern beigetreten (siehe unter «Links»).

Wozu braucht es diese Gruppierung?

Gerda Jung: Ich glaube, dass unsere Gesellschaft insgesamt und speziell die Politik die emotionalen Seiten immer weniger beachtet.

Ist dies auch innerhalb der CVP der Fall und mit ein Grund dafür, dass sie in den letzten Jahrzehnten so viel Terrain verloren hat?

Gerda Jung: Die Gesellschaft überhaupt hat sich stark verändert und es sind Grundwerte wie die gegenseitige Wertschätzung immer mehr verloren gegangen. Im Mittelpunkt stehen überall fast nur noch die Leistung und das Geld und dabei geht zunehmend unter, dass jeder Mensch seine eigenen Qualitäten und entsprechenden Bedürfnisse hat.

Ich vermute, dass viele der Menschen, die diese Entwicklung – ob bewusst oder unbewusst – mitgemacht haben, sich deswegen aus der Gemeinschaft zurückgezogen haben und lieber ihre eigenen, egozentrischen Wege gehen. Bedauerlicherweise machen sie auch mit bei der Polarisierung dieser Gesellschaft, wie sie von den Linken und den Rechten betrieben und gefördert wird. Ich halte das für eine gefährliche Entwicklung.

Hat demnach die CVP zuwenig Gegensteuer gegeben? Als Partei der christlichen Werte und der Mitte müsste sie doch genau hier deutlich werden. Vertritt sie ihre Botschaften zuwenig klar, «verkauft» sie sich zuwenig gut?

Gerda Jung: Die CVP steht zur Eigenverantwortung. Jede und jeder soll seine Sachen möglichst selber lösen. Wo dies aber nicht funktioniert, unterstützt die CVP gezielt solidarisch (nicht mit der Giesskanne, wie dies die Linke will). Eigenverantwortung und Solidarität sind zwei Grundwerte der christlichen Soziallehre. Diese Werte hat die CVP in ihrer Politik immer vertreten. Es ist aber so, dass es ihr die letzten Jahre nicht gelungen ist, dies angemessen und verständlich zu kommunizieren.  Als Partei der christlichen Werte und der Mitte heisst das aber auch, Respekt und Achtung dem Vis-à-vis gegenüber zu erbringen. Diese Grundhaltung lebt die CVP.

Gewisse Parallelen zur Entwicklung in der römisch-katholischen Kirche sind unverkennbar. Auch ihr laufen die Leute davon, auch ihre Grundwerte standen schon höher im Kurs.

Gerda Jung: «Werte» sind ein schwieriges Thema. Ich bin aber felsenfest davon überzeugt, dass wir uns unserer Werte bewusst sein müssen und uns an ihnen orientieren müssen, wenn wir auch zukünftig geordnet zusammenleben wollen. Einen gemeinsamen Nenner fürs Zusammenleben braucht es einfach.

Und ja, auch die katholische Kirche befindet sich in einem Schüttelbecher. Aber ich wehre mich dagegen, wenn in diesen Diskussionen alles auf «den Papst» und «den Vatikan» fokussiert wird. Das ist eine ganz billige Ausrede. Ich engagiere mich selber im Pastoralraum oberer Sempachersee (Spurengruppe Hildisrieden, Pfarreirat) und stelle eine tolle Grundstimmung und viel Engagement fest.

Dies, obschon bei weitem nicht alle von uns mit allem einverstanden sind, was «aus Rom» kommt. Im Gegenteil: Wir sind «Kirche vor Ort» und darauf kommt es an und darum geht es auch mir. Wir getrauen uns, Farbe zu bekennen.

Wie ertragen denn sie es als Frau und als Christlichsoziale, dass nichts darauf hindeutet, dass in absehbarer Zeit Frauen doch noch Priesterinnen werden können?

Gerda Jung: Vielleicht geht das rascher, als wir heute glauben. Ich glaube daran!

Sie sind sehr geduldig.

Gerda Jung: Wenn man schon so lange und so viel mit Menschen zu tun hat und sich in politischen und organisatorischen Prozessen engagiert, wie ich das tue: Ja, da wird man geduldig.

Haben sie daran geglaubt, dass eines Tages zugleich zwei Frauen neu in den Bundesrat gewählt werden würden, wie dies am 5. Dezember mit  Viola Amherd und Karin Keller-Sutter der Fall war?

Gerda Jung: Geglaubt hätte ich das nicht wirklich – aber selbstverständlich gehofft. Und am 5. Dezember 2018 ist genau das geschehen, was auch mich sehr freut.

Wie stehen sie zur Quotenfrage?

Gerda Jung: Ich bin der Meinung, dass es keine Quote braucht. Wenn jedes seine Qualitäten kennt und der Respekt und die Achtung dem Vis-à-vis gegenüber gelebt werden, sind wir als Frau und Mann ein tolles Team und können so in verschiedensten Gremien ergänzend und unterstützend wirken und werken.

Was ist ihr grösstes Anliegen an die Politik und an die Bevölkerung?

Gerda Jung: Ich wünsche mir, dass sich jedes und jeder bewusst ist, dass es eine grosse Portion Eigenverantwortung leben muss. Denn erst dann können wir die «goldigen Wege» gemeinsam gehen, und Lösungen für unser ganzes System erarbeiten und umsetzen. 

Interview: Herbert Fischer


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Über Gerda Jung:

Gerda Jung (1969) kandidiert im Wahlkreis Sursee zum zweiten Mal als Kantonsrätin. Sie ist auch Sozialvorsteherin von Hildisirieden.