Anarchisch soll es sein, das närrische Maskentreiben und darum hätten Verbote und Vorschriften an der Fasnacht nichts zu suchen. Dies konnte man in den letzten Wochen oft hören in der Vorfasnachtsempörung über neue Ideen der Stadt. Eine Fasnachtsnachlese.
Zunftmeister sind für wenige Tage Könige. Ihre Bannerträger künden sie jeweils hoch zu Ross gebührend an.
Bild: Herbert Fischer
Der Brauch der Fasnacht entstand wohl im Hochmittelalter. Für wenige Tage wurden einfache Pfarrer vorübergehend mit Insignien der höheren Geistlichkeit geschmückt, Narrenmessen gefeiert oder Pseudopäpste gekürt, was die Kirche tolerierte. So etablierte sich die Fasnacht als grosses Volksfest vor der Fastenzeit. In katholischen Orten erhielten sich alte Formen der Strassenfasnacht bis heute, darunter in Luzern. Elemente der Umkehrung der herrschenden Ordnung sind noch immer enthalten: Die Zunftmeister sind symbolische Könige für wenige Tage. An der Fasnacht werden Regeln des Alltags unausgesprochen ausser Kraft gesetzt oder weniger ernst genommen. Allerdings wurde die Fasnacht nie ganz dem Zufall oder gar der Anarchie überlassen.
Die grossen gelben Säcke bewähren sich
Die Stadt Luzern will die Fasnacht sicher nicht abschaffen. Ihr Ziel ist es, dass das grosse Fest möglichst reibungslos stattfinden kann. Wenn tausende von Menschen in die Innenstadt strömen und an Umzügen teilnehmen, ist das eine logistische Herausforderung. Es ist zu planen, wie Ambulanz, Feuerwehr und Polizei bei Bedarf schnell einschreiten können. Die grosse Abfallmenge verlangt nach Lösungen. Die grossen gelben Säcke bewähren sich. Durchzogener fällt die Bilanz des Depotsystems aus: Es ist fraglich, wie sinnvoll es ist, wenn gleichzeitig an manchen Ständen gratis Getränke und Essen ausgegeben werden. Die definitive Form hat man da wohl noch nicht gefunden.
Organisiertes Massenbesäufnis
Trinken gehört zur Fasnacht. Auch das lässt sich auf die Tradition des letzten Festes vor der nüchternen Fastenzeit zurückführen. Heute beobachtet man immer jüngere Fasnächtler, die manchmal die Grenzen ihrer Verarbeitungskapazität überschreiten. Aber es ist fraglich, ob man ausgerechnet an der Fasnacht, die böse Zungen ein organisiertes Botellón – also ein Massenbesäufnis – nennen, ein gesellschaftliches Problem angehen kann, das man auch im ganzen übrigen Jahr nicht zu lösen vermag. Beim Monstercorso beobachtete ich viele Jugendliche mit Bierkisten aus dem Supermarkt und farbigen Drinks in mitgeführten Petflaschen. Dagegen nützen Kafischnaps-Ausschankverbote und ein Depotsystem für Becher und Dosen herzlich wenig. Da müsste man eher über ein striktes Alkoholverkaufsverbot nach Feierabend nachdenken. Genf hat damit gute Erfahrungen gemacht.