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Kolumne von Edwin Beeler

23.11.2012

Anonyme Firmen contra lebendige Einwohnerschaft

Die Steuer-Umverteilungsstrategie und Sparwut des Kantons führt zu verlotterten Infrastrukturen, zerstört Bildungschancen, Arbeitsplätze und das Gemeinwohl.


Leider zeichnet sich ab, dass die Chancengleichheit im Bildungswesen bald der Vergangenheit angehört. Der kantonale Finanzdirektor verteidigt im «NLZ»-Interview vom 16. November seine Voodoo-Steuerpolitik (Zauberformel: «2-1 = 4»). Die ansässigen Firmen würden sich prächtig entwickeln, man müsse mindestens fünf Jahre warten - auf Zahlenmaterial - bevor man diese (andernorts übrigens in grossem Rahmen bereits gescheiterte  Reform) beurteilen könne. Man könne nicht bei der ersten kleinen Unsicherheit gleich den Kopf in den Sand stecken, sondern müsse halt eine Durststrecke in Kauf nehmen.

OK, nehmen wir ihn beim Wort: Der Finanzdirektor soll selber fünf Jahre dürsten, soll mit gutem Beispiel vorangehen und seinen hohen, aus Steuermitteln stammenden Kaderlohn auf das Existenzminimum senken und sich mit hunderten von Schülerinnen und Schülern solidarisieren, die nun auf Chancengleichheit verzichten, einen Leistungsabbau in ihren Schulen und eine Verschlechterung ihrer Bildungsperspektiven in Kauf nehmen müssen.

Gleichzeitig könnte er sich etwa bei Familien kundig machen, die wegen unerschwinglich gewordenen Mieten ihren Wohnort, ihren Lebensmittelpunkt, ihre Heimat und ihr soziales Umfeld im Kanton Zug verlassen mussten – «dank» tiefer Unternehmenssteuern für Firmen mit zweifelhaftem Ruf wie zum Beispiel der Rohstoffausbeutungs- und Spekulationsmaschine Glencore sowie deren dank der Merzschen Unternehmenssteuerreform praktisch steuerbefreiten Dividendenbezügern (dreistellige Millionenbeträge für den medienscheuen Multimilliardär Glasenberg beispielsweise); - dann würde diese Neocon-Umverteilungs-Ideologie «von unten nach oben», mittlerweile in der wirtschaftlich-gesellschaftlichen Praxis weltweit ad absurdum geführt, sich in Luft auflösen, und seine gemäss Interview doch etwas enge Weltsicht würde nicht nur um Firmen, Prozentzahlen, Shortlists, Unternehmenssteuerkürzungen und Einkommenssteuererhöhungen etcera kreisen, sondern sich vielleicht ein kleines bisschen öffnen für Anliegen von Kindern, Jugendlichen, Büezern und Bürgerinnen, Bildungsbeflissenen, Familien, also generell für das alltägliche Leben der Unter- und Mittelschicht des Kantons.

Wie wäre es, sich mal ein paar Gedanken ums All-Gemeinwohl zu machen und mal auf eine Feinschmecker-Mahlzeit mit den regierungsrätlich umworbenen Multimillionären und Pauschalbesteuerten à la Pühringer zu verzichten, dafür ab und zu in der Uni-Mensa – mit gewöhnlichen Studierenden, nicht bloss wie anlässlich der Uni-Eröffnung mit Bundesrat Burckhalter (damals noch Bildungsminister), mit Bischof Gmür und anderen hochwohllöblichen Persönlichkeiten - oder in einer Altersheimkantine mit Durchschnittsbürgern zu speisen?

Oder eine Sprechstunde für Bürgerinnen und Bürger, für durchschnittliche Lohnempfänger (Jahreseinkommen BRUTTO maximal 72'000) einzuführen? Dort könnte er vielleicht erläutern, wie eine Familie mit begabten Jugendlichen ein um 500 Franken höheres Schul- und Mensageld auftreiben soll bei steigenden Einkommenssteuern, weggesparten Krankenkassenverbilligungsprämien und einem Löhnchen von, sagen wir, 4500 Franken netto im Monat?

Vielleicht mischt er sich gar unter das Luzerner Staatspersonal während der Demo vom morgigen Samstag und stellt sich der Auseinandersetzung, wie es zum Beispiel alt Stapi Studer bezüglich Salle Modulable getan hat? Dies würde Rückgrat brauchen und vor allem das Eingeständnis, Fehler gemacht zu haben – mit dem Resultat, dass das eigene, regierungsrätliche Ansehen bei den eigenen (Staats-)Angestellten etwas gestiegen wäre.

Edwin Beeler, Luzern


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Kommentare:
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Margrit Grünwald aus 6005 Luzern

Sonntag, 25.11.2012, 12:01 · Mail

Absolut richtig, danke !

Maegri Grünwald. Luzern

 
 
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Über Edwin Beeler:

Edwin Beeler (* 1958) schloss sein Studium in Allgemeiner Geschichte und Geschichte der Deutschen Literatur an der Universität Zürich mit dem Lizentiat ab. Seit rund 25 Jahren arbeitet er hauptsächlich als Filmemacher. 

1988 gründete er zusammen mit Marlon Heinrich und Guido Paul Denzler die Filmproduktionsfirma Calypso Film AG, welche unter anderem seine Kino-Dokumentarfilme produziert: «Arme Seelen» (2011), «Gramper und Bosse - Bahngeschichten» (2005), «Grenzgänge - Eine filmische Recherche zum Sonderbundskrieg 1847» (1998, realisiert zusammen mit Louis Naef), «Bruder Klaus» (1991), «Rothenthurm - Bei uns regiert noch das Volk» (1984). 

Die Stadt Luzern hat ihn 1992 mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnet. Beeler arbeitet im Vorstand des Vereins Film Zentralschweiz mit. Er ist Vater von zwei Töchtern und lebt zusammen mit seiner Partnerin in Luzern.

calypsofilm.ch/Website_Calypso_26-07-2012/Index.html