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Kolumne von Edwin Beeler15.07.2012 Einheimisches Filmschaffen bewahrt das kulturelle ErbeMitte Mai ist die Vernehmlassungsfrist für die «Kultur-Agenda 2020» der Stadt Luzern zu Ende gegangen. Auch der Verein Film Zentralschweiz hat sich dazu vernehmen lassen.Er begrüsst, dass dieser Grundlagenbericht die Zentralschweizer Filmförderung ebenfalls erwähnt, insbesondere die dort formulierte Erkenntnis, dass die Stadt Luzern «mit nur rund 50 000 Franken» im Jahr «vergleichsweise wenig» ausgibt (S. 38f.). Die Mittel stammen bekanntlich aus dem FUKA-Fonds (Fonds zur Unterstützung kultureller Aktivitäten), der von Billettsteuern gespiesen wird. Die erfolgreichen Zentralschweizer Filme der letzten Jahre wurden allesamt in den Kinos der Stadt Luzern (vor allem «Bourbaki» und «stattkino») gezeigt. Zu erwähnen wären beispielsweise «Das Erbe der Bergler», «Bergauf Bergab», «Die Kinder vom Napf», «Cargo», «Wätterschmöcker», «Syra Marty – Dächli Leni goes Hollywood», «Arme Seelen», «Stationspiraten» oder «Die Wiesenberger». Alleine beispielsweise der Film Arme Seelen hat den FUKA-Fonds über die Billettsteuern mit rund 15 000 Franken gespiesen. Auf der anderen Seite wurde dieser Film von der Stadt mit 17 000 Franken gefördert (Projektentwicklung und Herstellung). Hochgerechnet auf die oben beispielhaft erwähnten Kinofilme dürften zur Zeit mehr Billettsteuergelder in den FUKA-Fonds fliessen, als umgekehrt an die Filmförderung des einheimischen Filmschaffens geht.Insgesamt stellt die regionale öffentliche Hand (Zentralschweizer Kantone zusammen mit grösseren Gemeinden/Städten inklusive Luzern) zur Zeit jährlich im Schnitt eine halbe Million für die Filmförderung bereit. Auf der anderen Seite gibt beispielsweise alleine die regionale Berner Filmförderung (Kanton und Städte) mittlerweile sechsmal mehr, nämlich über drei Millionen Franken, für ihr einheimisches Filmschaffen aus (Herstellung, Projekt- und Drehbuchentwicklung). Damit fliessen auch die subsidiären Filmfördermittel des Bundes (er bestreitet maximal 50 Prozent der budgetierten Kosten) vorwiegend in andere Regionen: nach Zürich, nach Bern, ins Tessin und in die Romandie. Mit diesen Filmfördermitteln eines doch eher strukturschwachen Kantons, inklusive der Hauptstadt, müssten sich auch die Zentralschweizer Kantone zusammen mit ihren Städten, inklusive Luzern, insgesamt messen können. An den viel höheren regionalen Filmfördermitteln, etwa der Romandie oder gar Zürichs wollen wir uns hier nicht orientieren. Wenn die Stadt Luzern im erwähnten Grundlagenbericht davon spricht, bei einem künftigen Fördermodell (der Zentralschweizer Kantone) «mindestens im Rahmen der bisher im Schnitt aufgewendeten Mittel mitwirken zu wollen, wenn es zustande käme», kann dies einerseits als angekündigte Mittelkürzung im Misserfolgsfall interpretiert werden, andererseits zeugt dieses Statement von geringem Verständnis der jetzigen Ausgangslage und von keinerlei Branchenkenntnissen. Es ist weder aus kultureller noch aus wirtschaftlicher Sicht nachzuvollziehen, weshalb sich die Stadt Luzern einseitig vor allem als «Filmstadt», beziehungsweise als Kulisse für externe Filmproduktionen und dadurch erhoffter indirekter Tourismusförderung anpreist, und weshalb sie sich auf sogenannt glamouröse Ereignisse im KKL beschränken will, die nur wenige Tage im Kalenderjahr buchen («Rose d‘Or», bis März 2012 auch der «Schweizer Filmpreis Quartz»). Wünschenswert ist, dass sich die Stadt nicht nur vornehmlich für ihre reizvollen Filmkulissen und die sie bestaunenden Touristenscharen (deren Besuch und Finanzkraft wir durchaus schätzen) oder externe Filmcrews einsetzt, wie wir es zur Zeit wahrnehmen; wir halten einen ebenso initiativen Einsatz der Stadt für ihre eigenen filmschaffenden Einwohnerinnen und Einwohner für möglich. Eine städtische Wahrnehmung unserer Tätigkeit aus einer anderen Perspektive als jener, die uns für randständig arbeitende, «alternative Kunstschaffende» hält, ist überfällig. Das Schweizer Filmschaffen hat sich andernorts längstens etabliert und wird dort auch auf regionaler Ebene mit realistischen Fördermitteln und Preisen bedacht; dasselbe wünschen wir uns auch seitens der Stadt Luzern und der Zentralschweiz. Insofern besteht tatsächlich nicht nur ein «gewisser», sondern ein krasser «Gegensatz» zwischen «Event und Ausstrahlung» auf der einen und der regionalen «Produktion auf der anderen Seite», wie er offensichtlich aus der doch etwas engen Optik der Stadt Luzern wahrgenommen wird. Die Filmproduktion aller Landesgegenden der Schweiz ist nämlich immer eine regionale. Die meisten Mitglieder unseres Vereins Film Zentralschweiz sind übrigens in der Stadt Luzern und Umgebung domiziliert. Sie haben sich bewusst dafür entschieden, nicht abzuwandern, sondern hier zu leben und zu arbeiten, teils bereits vor vielen Jahren, teils nach Abschluss der Ausbildung etwa an der Luzerner Hochschule für Design und Kunst.Falls es sich als unmöglich erweisen sollte, die Filmfördermittel innert nützlicher Frist in unserer Region insgesamt auf ein vernünftiges Mass zu erhöhen, das ein professionelles Arbeiten ohne weitere Selbstausbeutung erlaubt, müssten viele von uns auf andere Regionen ausweichen – Regionen, deren Förderkriterien sehr restriktiv gehandhabt werden (Zulassungskriterium ist unter anderem die Vorschrift des gesetzlichen Wohn- oder Geschäftssitzes in der entsprechenden Region seit mindestens zwei Jahren). Zur Filmförderungs-Problematik der Zentralschweiz und der regionalen Filmförderungen anderer Landesteile gibt es entsprechende Unterlagen, Studien und Empfehlungen. Auch haben Studierende der Hochschule Luzern (Wirtschaft) eine über 140seitige «Potentialanalyse der Filmwirtschaft Zentralschweiz» erstellt. Sie zeigt, dass „die Filmbranche in der Zentralschweiz“ einem stetigen Wandel unterliege, der «auch auf die grosse wirtschaftliche Unsicherheit beim Filmschaffen zurückzuführen» sei. Die Analyse kommt zum Schluss, dass ein Wachstumspotential gegeben sei und die lokale Filmbranche mit den entsprechenden wirtschaftlichen Effekten zu stärken sei. Alle diese Gründe machen eine Erhöhung der Förderbeiträge der Stadt Luzern für die regionalen, hier domizilierten Filmschaffenden und ihre Produktionsfirmen dringend nötig.Als ersten Schritt schlagen wir vor, die Mittel, welche bisher in die Ausrichtung des «Schweizer Filmpreises Quartz» geflossen sind und nun nicht mehr für dieses Engagement benötigt werden, zusätzlich der Filmförderung zur Verfügung zu stellen und damit die städtische Filmförderung ab sofort auf jährlich insgesamt 100 000 Franken anzuheben. Gleichzeitig würden wir es sehr begrüssen, wenn sich die Stadt offensiv und aus eigener Initiative bei den Bildungsdirektionen der Zentralschweizer Kantone für eine Erhöhung der regionalen Filmfördermittel insgesamt einsetzen könnte. Beispielsweise hat ein entsprechendes Engagement seitens des Berner Amtes für Kultur, beziehungsweise der federführenden Kulturbeauftragten zusammen mit den Filmschaffenden dort eine blühende Filmproduktionslandschaft entstehen lassen. Es ist zu hoffen, mit unseren Anregungen einen willkommenen Beitrag zur Kulturförderpolitik der Stadt Luzern leisten zu können. Das einheimische Filmschaffen leistet nämlich auf sehr populäre, gehaltvolle und filmkünstlerische Weise einen wichtigen Beitrag zur Wahrung des kulturellen Erbes der Zentralschweiz und der Stadt Luzern, es leistet identitätsstiftende Erinnerungsarbeit. Für den Vorstand des Vereins Film Zentralschweiz: Edwin Beeler, Luzern
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12.09.2014 » Edwin Beeler
Über Edwin Beeler:Edwin Beeler (* 1958) schloss sein Studium in Allgemeiner Geschichte und Geschichte der Deutschen Literatur an der Universität Zürich mit dem Lizentiat ab. Seit rund 25 Jahren arbeitet er hauptsächlich als Filmemacher. 1988 gründete er zusammen mit Marlon Heinrich und Guido Paul Denzler die Filmproduktionsfirma Calypso Film AG, welche unter anderem seine Kino-Dokumentarfilme produziert: «Arme Seelen» (2011), «Gramper und Bosse - Bahngeschichten» (2005), «Grenzgänge - Eine filmische Recherche zum Sonderbundskrieg 1847» (1998, realisiert zusammen mit Louis Naef), «Bruder Klaus» (1991), «Rothenthurm - Bei uns regiert noch das Volk» (1984). Die Stadt Luzern hat ihn 1992 mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnet. Beeler arbeitet im Vorstand des Vereins Film Zentralschweiz mit. Er ist Vater von zwei Töchtern und lebt zusammen mit seiner Partnerin in Luzern. |