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Gastbeitrag von Hans Widmer

Über den Autor:

Dr. phil. Hans Widmer
(9. September 1941) unterrichtete an der Kanti Alpenquai während 36 Jahren Spanisch, Religionswissenschaften und Philosophie. Er war während zweier Jahre Präsident der Philosophischen Gesellschaft der Schweiz. Von 1996 bis 2010 vertrat er die Gewerkschaften und die SP im Nationalrat. Zuvor war er auch Grossrat und Grossstadtrat.

Bild: Herbert Fischer

03.10.2021

Hans Ruh war ein herausragender Sozialethiker und ein feiner Mensch

Vor kurzem verstarb in Zürich Hans Ruh, einer der bedeutendsten Schweizer Ethiker der letzten Jahrzehnte. Persönlich bin ich ihm im Zusammenhang mit einem Engagement für einen «gemobbten» Arzt am Universitätsspital Zürich begegnet. Ich erlebte ihn als einen Menschen, der sich mit grosser Ausdauer helfend einbrachte und alles daran setzte, auch seine zahlreichen Netzwerke strategisch klug und unaufgeregt zu aktivieren.

Bei der Lektüre eines aufschlussreichen Porträts über diesen feinen Menschen und herausragenden Sozialethikers (1) ist mir klar geworden, dass die eben erwähnte Hilfestellung kein Zufall war, sondern so etwas wie eine von vielen reifen Früchten eines langen Lebens, dem es gelungen ist, auch aus der Flughöhe eines religiös motivierten akademischen Professorenlebens die konkrete gesellschaftlich-politische Praxis genau so ernst zu nehmen wie die Theorieversuche seiner «sientific community».

Der im schaffhausischen Altdorf 1933 geborene Hans Ruh hatte, wir er mir erzählte, während seiner Gymnasialzeit enge Kontakte zur Pfarrersfamilie Blocher. Von 1953 bis 1958 studierte er Theologie in Zürich und Basel, wo er bei Karl Barth dissertierte.

1971 wurde er ausserordentlicher Professor für Sozialethik in Bern. Im gleichen Jahr gründete er das Institut für Sozialethik des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK).

1983 erhielt er die ordentliche Professur für Systematische Theologie mit Schwerpunkt Sozialethik an der Theologischen Fakultät. Später beförderte er die Gründung des Ethik-Zentrums der Universität, eine Institution an der Philosophie und Theologie aus interdisziplinärer Perspektive Grundlagenfragen, aber auch konkrete ethische Fragen bearbeiten.

Nach seiner Emeritierung im Jahre 1998 gründete er die Stiftung für «Angewandte Ethik (AE)» und präsidierte den Verwaltungsrat der «AG Blue Value». Ziel beider Institutionen ist es, den konkreten Wirtschaftsalltag für ethische Fragen zu sensibilisieren, um sie sodann für ein ethisches Handeln zu motivieren.

Publizistische Höhepunkte, welche den in der Evangelischen Theologen verwurzelten akademischen Lehrer weit über konfessionelle Grenzen und auch über das Universitäre hinaus bekanntmachten, waren die 1995 erschienenen Veröffentlichungen über die Herausforderungen der Arbeitswelt wie auch über die Oekologische Krise. (2)

«Anders, aber besser» so lautet sein Werk über die Notwendigkeit, die Arbeit neu zu erfinden. Darin kommt ein grosses Vertrauen in die Kraft der Menschen, es besser zu machen zum Ausdruck. Woher Hans Ruh seinen Optimismus nahm angesichts der nicht ganz einfachen Zeiten, die wir heute durchleben, das können wir nur erahnen: vielleicht aus seiner Verwurzelung im Religiösen. Was würde er wohl all jenen sagen, welche eine Ethik ohne diesen Wurzelgrund denken und ihr nachleben wollen? Auch da kenne ich eine persönliche Antwort von ihm nicht.

Wie auch immer: Hans Ruh, der Theologe, hat es verstanden, das ethische Problembewusstsein nicht vom hohen Ross eines Glaubenspodests herab zu verkünden.

In all den Jahren seines Wirkens ist er immer wieder in neue Problemfelder eingetaucht – von der Drittweltfrage über die Problematik der Arbeitswelt und jene eines ethischen Wirtschaftens bis hin zur Oekologischen Krise. Damit hatte er auch immer neue Diskurspartner vor sich und so konnten auch seine weiten Netzwerke entstehen. Um es politisch auszudrücken:ganz gleich, ob Ampel oder Jamaika: seine Ansätze sind nicht «parteiisch», sondern «guten Leben» aller Menschen verpflichtet.

Hans Widmer, Luzern

1: Wolfgang Lienemann, Frank Mathwig (Hrsg.) Schweizer Ethiker im 20. Jahrhundert, Zürich 2005
2: Hans Ruh: Anders, aber besser. Die Arbeit neu erfinden - für eine solidarische und überlebensfähig Welt, Frauenfeld 1995
2: Hans Ruh: Arbeitszeit und Arbeitslosigkeit, Zürich 1995
2: Hans Ruh: Störfall Mensch. Wege aus der ökologischen Krise, Gütersloh 1995


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