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Gastbeitrag von Hans Widmer

Über den Autor:

Dr. phil. Hans Widmer
(9. September 1941) unterrichtete an der Kanti Alpenquai während 36 Jahren Spanisch, Religionswissenschaften und Philosophie. Er war während zweier Jahre Präsident der Philosophischen Gesellschaft der Schweiz. Von 1996 bis 2010 vertrat er die Gewerkschaften und die SP im Nationalrat. Zuvor war er auch Grossrat und Grossstadtrat.

Bild: Herbert Fischer

25.06.2021

Ohne Respekt und Toleranz wird es nie zu Annäherungen kommen

Die Debatte um die Haltung des ungarischen Regimes von Viktor gegenüber Homosexuellen veranlasst zur Rückbesinnnung auf zwei ethische, demokratische und staatspolitische Grundwerte: auf Respekt und Toleranz.

Welches der Schlüssel zu seiner langen Ehe gewesen sei, fragte man den bereits betagten Helmut Wilhelm Schmidt. Worauf worauf dieser in seiner schnittigen Art und ohne Pathos antwortete: «Respekt und Toleranz».

Zwar sind Paare und politische Beziehungsgeflechte nicht ohne weiteres vergleichbar. Und dennoch: Ohne Respekt und Toleranz kann es auf die Dauer in beiden Bereichen kaum gut gehen.  

Was mich im Moment umtreibt, ist nicht die für jedes Paar individuell auszulotende Nähe oder Ferne zu den Idealen Respekt und Toleranz. Sondern  das, was diesbezüglich am jetzigen EU-Gipfel in Brüssel passiert.

Im Zusammenhang mit der ungarischen «Orban-Politik» in Sachen Umgang mit Genderfragen ist ein derart heftiger Streit entbrannt, dass der holländische Präsident Mark Rutte  offen droht, Ungarn aus der EU zu vertreiben und Viktor Orban sich als Opfer zelebriert: man könnte von einer Art Glaubenskrieg sprechen.

Glaubenskriege sind immer gefühls- und wertebezogen und daher verlaufen sie meistens sehr emotional. Das ist auch gut so, weil wir Menschen keine blutleeren Argumentationsroboter sind; sondern Menschen mit je einer Geschichte und in der Folge auch mit Standpunkten.

Ohne Respekt und Toleranz wird es aber nie zu Annäherungen kommen.
Diesen beiden Grundorientierungswerten kommt deswegen eine so grosse Bedeutung zu, weil sie ein gut begründetes Sicherheitssysstem für jegliches Zusammenleben darstellen; eine Abfederung für den Fall, dass die Partner nicht mehr über den Schatten ihrer eigenen Standpunkte zu springen vermögen.

Und gut begründet sind sie, weil sie die Menschen als Einzelne oder als Gesellschaft höher einschätzen als deren Werte- und Glaubensbekenntnisse.

Wenn man in den Bereich der Toleranz auch noch die Einsicht einschliesst, dass alles – die Werte- und die Glaubensbekenntnisse – einem Wandel unterliegt, der nicht auf dem ganzen Globus mit derselben Geschwindigkeit vonstatten geht, dann besteht die Hoffnung, dass auch Debatten über heikle Gesetze nicht zu Spaltpilzen werden, über die sich irgendwelche Dritte ins Fäustchen lachen.

Hans Widmer, Luzern


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