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27.06.2020

blick.ch - Helmut Hubacher ist erkrankt und hört auf, Kolumnen zu schreiben

Der grosse alte Mann der Schweizer Sozialdemokratie, der 94-jährige Basler Altnationalrat Helmut Hubacher, ist erkrankt, weshalb er als Kolumnist beim «Blick» aufhören muss. Dies schreibt er in seinem letzten Beitrag in dessen heutiger Ausgabe.


21. September 2012 auf dem Friedhof Dornach (SO). Vor der Trauerfeier für Otto Stich begrüssen sich Altbundesrätin Ruth Dreifuss und Altnationalrat Helmut Hubacher. Rechts: Altnationalrat Rudolf Strahm.

Bild: Herbert Fischer

Siehe unter «Links».

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Es muss eine ernsthafte Erkrankung sein, dass dieses Urgestein verstummt. Und eigentlich ist es unvorstellbar, denn seine präzisen, fadengeraden Analysen und Kommentare, seine amüsant erzählten Erlebnisse, gegossen in flüssig lesbare und schnörkellose Formulierungen, gehören zum Besten, was die Deutschschweizer Politik publizistisch bislang zu bieten hat. Er konnte schreiben oder öffentlich auftreten, wann, wo und worüber er wollte - immer und überall hiess es früher oder später: «Hast du den Hubacher gelesen?». Das war eine klare Aufforderung, die man unverzüglich befolgte, weil man nichts verpassen wollte. 

Man konnte mit ihm einverstanden sein oder nicht: Gewicht hatten seine Beiträge immer. Zudem ist er eine Edelfeder. Er hört gerne, wenn man ihn dafür lobt, vor allem auch wegen der Kürze seiner Sätze. «Das habe ich von Willy Brandt gelernt», antwortete er darauf jeweils. Mit dem herausragenden Kopf der europäischen Sozialdemokratie, Friedensnobelpreisträger (1972) und mehrfacher Ehrendoktor renommiertester Universitäten, verband ihn eine jahrzehntelange Freundschaft. Wie übrigens mit Bruno Kreisky, einer Figur vergleichbaren Kalibers.

Seine Kommentare waren nie verletztend. Auch wenn er zürnte, hatte er sich rethorisch im Griff. Falls er es als angezeigt erachtete, gelang es ihm, seine Worte in Watte zu wickeln. Dabei half ihm seine Herkunft ebenso wie seine Wahlheimat. Der gebürtige Berner - bodenständig, gut geerdet, gemütvoll - erkannte früh und nachhaltig Wert, Witz und Wirkung des Basler Denkens und Redens.

Im damaligen «Zollhaus» in Reussbühl sagte er 1973 bei einer Rede vor der SP des Kantons Luzern: «Ich muss Euch etwas gestehen: die "NZZ" hat mich gelobt, also habe ich etwas falsch gemacht»; das war Hubacher pur. 

Die meisten Bürgerlichen hassten ihn, was weiter nicht wundert. Zu seinen Paraderollen gehörte es, die Nationalräte Otto Fischer (FDP / BE), Felix Auer (FDP / BL) oder Paul Eisenring (CVP / ZH) vorzuführen; oder erst recht den Berner Bundesrat Rudolf Gnägi (damals BGB), dessen (damaliges) EMD (heute VBS) Flopps zuhauf bot. 

Nun hört Helmut Hubacher mit dem Schreiben auf; man hofft, dass ihn keine schlimme Krankheit heimsucht und dass sein wacher und vifer Geist weiter weht. Und dass wenigstens ab und zu ein Interview mit ihm zu lesen, zu hören oder zu sehen sein wird. Gerade zu den Diskussionen über die Levrat-Nachfolge an der Spitze seiner Partei hat sein Urteil Gewicht. Denn Helmut Hubacher ist ein Kompass. 

Vor allem aber seien ihm und seiner Gattin Gret friedvolle und glückliche Jahre beschieden. Sie haben sie verdient.

Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch, Luzern (durch Helmut Hubacher 1972 als Redaktor an die SP-Zeitung Basler AZ geholt)

Siehe unter «Links»: Helmut Hubachers letzte Kolumne im «Blick».