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Kolumne der Redaktion

14.01.2020

So geht das gar nicht, liebe JungsozialistInnen

Die JUSO der Stadt Luzern empören sich darüber, dass am 22. Januar im «Schweizerhof» ein Journalistenpreis verliehen wird, dessen Stifter ihnen suspekt ist; nicht nur ihnen übrigens. Einmal mehr sind die JUSO schneller im «ausrufen» und protestieren, als im Recherchieren und Nachdenken. Zudem sind minimalste Kenntnisse über die Arbeiterbewegung offensichtlich nicht ihre Kernkompetenz.


Man muss kein Freund von Gleb Fetissov sein, um die Reaktion der JUSO zu kritisieren (siehe unter «In Verbindung stehende Artikel»: Hotel Schweizerhof soll Veranstaltung mit russischem Milliardär absagen). Wer so etwas fordert, entlarvt sich als «nicht ganz klar in der Birne», zumindest aber als Un-Demokrat.

Zur Demokratie gehört bekanntlich Pluralität; also, dass alle politischen Meinungen ungehindert aufscheinen können – ob sie passen oder nicht. Die Stiftung eines Journalistenpreises, dessen Verleihung und ihre Inszenierung sind definitiv hochpolitische Vorgänge. 

Die Geschichte der politischen Linken in unserem Land ist geprägt von ständigen – meist erfolgreichen – Versuchen der Bürgerlichen, Veranstaltungen von Sozialdemokraten und Kommunisten, Gewerkschaften und ihnen nahestehenden Organisationen zu be- und ver-hindern.

Das legendäre «Volkshaus» am Luzerner Pilatusplatz ist genau deswegen gegründet worden: Um solche Versammlungen zu ermöglichen und ihren Organisationen und deren Mitgliedern auch physisch eine Heimat zu geben und zwar in Gestalt eines Gasthauses, dessen Finanzierung unzählige «kleine Leute» trotz ihrer kargen Löhne ermöglicht hatten. Leider existiert es heute in seiner ursprünglichen Zweckbestimmung nicht mehr, weil es seine Eignerin, die Volkshausgenossenschaft, verludern und verlottern liess und schliesslich verkaufen musste, weil sie den Kraftakt einer Totalrenovation nicht zu schultern vermochte.

Pikantes Detail: Als sich Anfang der Siebziger Jahre auch in Luzern die kommunistischen «Progressiven Organisationen der Schweiz» (POCH) zu formieren begannen, verweigerte ihnen der damalige Volkshaus-Pächter Robert Volz seine Räumlichkeiten. Erst, nachdem die «LNN» diese haarsträubende Einstellung kritisiert hatten, mischte sich die SP als Mitbesitzerin des Hauses ein und wehrte sich erfolgreich gegen das unhaltbare Volz-Verdikt.

Man sieht: Es passt gar nicht zur DNA einer linken Organisation, Leuten mit anderen politischen Gesinnungen zu verunmöglichen, öffentlich auftreten zu können. Darum ist «jenseits von gut und böse», was die JUSO der Stadt Luzern vom «Schweizerhof» verlangen.

Die JUSO schreiben: «Wir sehen den Einfluss des russischen Oligarchen als sehr bedenklich an, da bereits die Geschäfte in seiner wirtschaftlichen Laufbahn als äusserst umstritten gelten und er ausserdem wegen Verdacht auf Veruntreuung anderthalb Jahre in Untersuchungshaft gesessen hat.»

Auch diesbezüglich sollten sich die JungsozialistInnen erst mal kundig machen, bevor sie losbrüllen: Eine U-Haft ist keine rechtskräftige Verurteilung.

Und selbst, wenn Fetissov rechtskräftig verurteilt sein sollte: In welchem Land? Durch welches Gericht? Wer waren die RichterInnen? In welchem Verhältnis stehen sie zum Regime, beispielsweise jenem Putins? Lief das Verfahren nach rechtsstaatlich einwandfreien Standards ab? Putin und Rechtsstaatlichkeit? Pfuideibel!

Mit anderen Worten: So geht das nicht, liebe JungsozialistInnen.

Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch, Luzern


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/