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Kolumne der Redaktion

08.02.2019

CVP-Initiative für Kostenbremse im Gesundheitswesen ist ein Papiertiger

Die CVP, der sämtliche Demoskopen Einbussen prophezeien, versucht im Wahljahr mit einer Gesundheitskosten-Initiative Gegensteuer zu geben. Doch diese weist viele Mängel auf. Kampagnenspezialist Daniel Graf hat sie darum von seiner Wecollect-Plattform verbannt, wie die «Luzerner Zeitung» am 6. Februar berichtete. Die CVP reagiert darauf entnervt.


Die Initiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen», am 20. Oktober 2018 in Luzern lanciert, steuert zwar in die richtige Richtung, aber mit einem untauglichen Vehikel. Schon der Titel trügt: Auch bei einer Annahme der Initiative wird nämlich keine einzige der heute gültigen Prämien in der Schweiz nur um einen einzigen Franken sinken. Der Urheber der Initiative, der Obwaldner Ständerat Erich Ettlin, sagt es dagegen unverblümt ehrlich: «Wir müssen den Kostenanstieg bremsen.» Das heisst, es geht gar nicht um die Frage, ob die heutigen Prämien gerechtfertigt oder überhöht sind, es geht bloss um den Anstieg über die heutige Prämienhöhe hinaus.

Das war genau auch die Stossrichtung eines Vorschlags der vom Bundesrat eingesetzten Expertengruppe unter Leitung der ehemaligen Zürcher Gesundheitsdirektorin Verena Diener. Diese wollte allerdings eine Kostenzielvereinbarung, die CVP will eine Kostenbremse. Der Vorschlag der Expertengruppe erfuhr bei Krankenversicherern, Leistungserbringern und Kantonen eine veritable Abfuhr, worauf der Bundesrat sie flugs ins zweite Massnahmenpaket degradierte.

Initiativtext endet im Studienchaos

Damit die Prämien ab heutiger Höhe weniger steigen, hat die CVP einen umständlichen Mechanismus entwickelt. Dessen Herzstück ist die «Ein-Fünftel»-Regelung. Die Initiative soll nur greifen, wenn die durchschnittlichen Gesundheitskosten pro Person zwei Jahre nach Annahme der Initiative die Entwicklung der Nominallöhne um mehr als einen Fünftel übersteigen. Aber das ist erst die erste Hürde, die zweite folgt alsogleich. Denn erst, falls in der Zwischenzeit die Krankenversicherer und die Leistungserbringer keine verbindlichen Massnahmen zur Kostendämpfung festgelegt haben, muss der Bund zusammen mit den Kantonen Massnahmen zur Kostendämpfung ergreifen, die dann ab dem dritten Jahr nach Annahme der Initiative wirksam werden würden. 

Aber die Praxis dürfte noch wesentlich komplizierter werden, denn statt «verbindliche Massnahmen» meint der Initiativtext zweifellos «wirksame Massnahmen». Und der Effekt von Massnahmen lässt sich nur über das WZW-Prinzip prüfen (Ist die M-assnahme wirksam, ist sie z-weckmässig, ist sie w-irtschaftlich?). Dafür braucht es unbestritten Studien. Diese sind aber innerhalb eines Jahres nicht zu haben. 

Und deren Ergebnisse müssten Jahr für Jahr vorliegen, um eine Richtprämie festlegen zu können. Und: werden Massnahmen ergriffen, ändern sich zahllose Parameter, erst recht von der Situation, in der mehrere Massnahmen gleichzeitig ergriffen werden. Das ist über Studien schlicht nicht zu bewältigen. Und wie greift die Initiative, wenn die Nominallöhne mal sinken sollten? Die Initiative weiss dazu keine Antwort. 

So erweist sich die CVP-Kostenbremse-Initiative als Papiertiger, der bestenfalls dem Gesundheitswesen keine zusätzlichen Kosten beschert, dem Prämienzahler aber nicht eine einzige Garantie geben kann, dass die Prämien künftig nicht weiter steigen, von einer Senkung ganz zu schweigen.

Wecollect lässt CVP abblitzen

Der Zürcher Kampagnenspezialist Daniel Graf hat mit Wecollect eine Plattform geschaffen, welche das Sammeln von Unterschriften für Volksinitiativen wesentlich erleichtert und beschleunigt. Darauf hätte die CVP auch gerne zugegriffen. Doch Graf erkannte die Schwachstellen der Initiative, insbesondere fehlte es ihm an klar definierten Instrumenten zur Kostensenkung, und er gab der CVP einen Korb. 

Die CVP unterschob Graf alsogleich politische Motive, was dieser bestreitet und darauf hinweist, dass dieses Parteianliegen keine breite Unterstützung von Gesundheitsorganisationen geniesse. CVP-Nationalrat Stefan Müller Altermatt, der die Kostenbremse-Initiative administrativ betreut, setzte sich obendrein ins ordnungspolitische Fettnäpfchen, als er aufgrund dieses Entscheids dem freien Unternehmer Daniel Graf künftig irgendwelche Zügel anlegen will, um dessen geistiges Eigentum Krethi und Plethi zwangsweise zugänglich zu machen. 

Nein, kein Fuhrhalter soll in der Schweiz gezwungen werden können, mit seinem Car eine Passagiergruppe herumzuführen, die ihm suspekt erscheint!

Silvio Bonzanigo, Luzern


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/