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Kolumne der Redaktion

21.06.2018

Seit 120 Jahren wirken die Barmherzigen Brüder von Maria-Hilf in Luzern

Das Steinhof Pflegeheim jubiliert und lädt am Sonntag (24. Juni) zu einem Fest die Bevölkerung ein. Bruder Benedikt Molitor erzählt vom segensreichen Wirken der Barmherzigen Brüder in den letzten 120 Jahren in Luzern.


Der Flyer zum «Steinhof-Fest» vom Sonntag, 24. Juni 2018. Zum Vergrössern anklicken. Siehe auch unter «Dateien».

Es war der 21. März 1898, als die von Trier her kommenden vier Barmherzigen Brüder von Maria-Hilf – Canisius, Gratian, Rufinus und Kilian – die Niederlassung in Luzern gründeten. Die katholische Ordensgemeinschaft war vom damaligen Bischof von Basel, Leonhard Haas, gebeten worden, in der Schweiz ansässig und tätig zu werden. Dies, nachdem das Generalkapitel des Ordens 1897 «...für eine Niederlassung in der Schweiz sehr geneigt war, zumal sich die Mitgliederzahl der Genossenschaft in den vorhergehenden Jahren stark vermehrt hatte.» Beim Antrittsbesuch der Brüder bei Bischof Haas in Solothurn erlebten sie seinerseits große Freude und echtes Wohlwollen ihnen gegenüber. Sein ganzes Leben lang war er den Brüdern herzlich verbunden und blieb ihr treuester Gönner.

Als ausgebildete Krankenpfleger wollten die Brüder den Auftrag ihres Ordensgründers Peter Friedhofen nun auch auf die Schweiz ausdehnen. Die fortan in Luzern «Krankenbrüder» genannten Ordensleute gründeten um die Jahrhundertwende die erste ambulante Pflege und somit die erste Spitex-Organisation auf privater Basis. 

Im Jahr 1910 pflegten die Luzerner Brüder ambulant 108 Kranke an 1040 Pflegetagen, hielten 1639 Nachtwachen, übernahmen über 1000 kleinere Dienste und kleideten 34 Verstorbene ein.

Am 20. August 1920 kauften die Krankenbrüder an der Horwerstrasse 8 in Luzern ein Anwesen und verlegten einen Teil ihrer Tätigkeit in die stationäre Krankenpflege. Um die gleiche Zeit, nämlich am 26. Juni 1920, wurde der St. Johann-Verein Luzern gegründet mit dem Zweck, «...die Errichtung und den Betrieb von Stationen und Anstalten zur Pflege männlicher Kranker» aufzunehmen. Dessen erster Präsident war Dr. Franz Bühler aus Luzern. Bereits zwei Jahre später beschloss die Generalversammlung: «Der St. Johann-Verein möge in Luzern ein größeres Haus erwerben zwecks Errichtung eines Alters- und Pflegeheims.»

Nach verschiedenen ergebnislosen Versuchen, ein geeignetes Objekt zu erwerben, bot sich die Gelegenheit, das Schloss Steinhof zu kaufen. Der Kaufvertrag wurde am 27. März 1924 vom damaligen Besitzer, Franz Louis von Sonnenberg, und der Käuferschaft, dem St. Johann-Verein, unterzeichnet. Das Kaufobjekt umfasste das Schloss, das Nebenhaus, das Hühner-, Schweine- sowie das Gewächshaus, den Gebäudeplatz, die Gartenanlage und etwas Land, insgesamt 12'968 m2. Die Kaufsumme betrug 500'000 Franken. Die bisherige Liegenschaft Horwerstrasse 8 wurde verkauft.

Johann Anton Thüring von Sonnenberg, Feldmarschall in französischen Diensten, hatte das in der damaligen Form heute noch existierende Schloss Steinhof von 1759 bis 1777 errichtet. Es war im barocken Stil französischer Prägung im Geist der Übergangszeit von Rokoko zum Louis XVI-Stil erbaut worden. Die Patrizierfamilie bewohnte das Anwesen bis anfangs der 20-er-Jahre des letzten Jahrhunderts.

Zuerst in Eigenarbeit und später mit professioneller Hilfe bauten die Brüder den etwas verfallenen Prunkbau zu einem Alters- und Pflegeheim um. Sie mussten mehrmals vom schlosseigenen Land verkaufen, um so die dafür notwendigen Kosten zu begleichen. 

Dabei wurden sie mehrmals vom Mutterhaus in Trier und auch von der Brüderprovinz in Luxemburg finanziell unterstützt. Legate und Beiträge der öffentlichen Hand ermöglichten den Krankenbrüdern im Laufe der Jahrzehnte die nötigen Anpassungen, Renovationen und Erweiterungen. So waren sie in der Lage, bis zu 78 pflegebedürftige Männer aufzunehmen. Bereits im Jahre 1928 verzeichneten die Krankenbrüder 15 189 Pflegetage. 

1930 waren es 21 030 und 1945 sogar 30 307 Pflegetage. Dazu kamen im Jahre 1932 3002 «Armenessen» und 1937 gar 5471, die jeweils an der Pforte ausgegeben wurden.

Das beispielhafte geistliche Leben der Krankenbrüder ermunterte viele junge Männer, dem Ruf von Peter Friedhofen zu folgen, und so zählte der Steinhof bisweilen bis zu 50 Krankenbrüder, Novizen und Anwärter. 

Finanziell erging es den Krankenbrüdern so, dass sie in der Betriebsrechnung meistens Defizite auswiesen. Während des Krieges von 1939 bis 1945 mussten etliche Brüder in den Militärdienst einrücken. Um die Aufrechterhaltung des Pflegebetriebes zu sichern, wurden ab 1943 erstmals Laienmitarbeiter eingestellt. 

Dies ließ den Aufwand in der Betriebsrechnung sprunghaft emporschnellen. So wurden Einnahmen pro Pflegetag am Beispiel jenes Jahres mit 7.20 Franken beziffert. Sie standen den Selbstkosten von 7.45 Franken gegenüber, was einer Kostendeckung von lediglich 96 Prozent entsprach und ein Defizit von 6000 Franken verursachte. Die Defizite erhöhten sich im Laufe der folgenden Jahre in die Zehntausende, dies bis in die Fünfziger Jahre. Die Mehraufwände konnten nur mit den Einnahmen aus der heimexternen Pflege sowie mit Spenden einigermaßen kompensiert werden. Öfters musste auch die Provinzkasse einspringen.

Die Beliebtheit der «Steinhofpflege» zeigte sich in einer fast durchgehenden vollen Auslastung des Heims, die sich meistens zwischen 98 und 99 Prozent bewegte. Immer wieder wurde vermerkt, dass leider viele Pflegesuchende abgewiesen werden mussten. Hingegen belasteten die notwendigen Neuerungen immer wieder den Finanzhaushalt. Größere Investitionen fanden in den folgenden Jahren statt: 1925 Anbau der beiden Flügel des Nebengebäudes, 1926 Bau der Kapelle, 1965 sowie 1970 bis 1973 Außenrenovation des Schlosses, 1977 Ausbau des Dachstocks des Schlosses und 1979 Renovation der Kapelle. 1982 entschloss sich der Brüderrat für die Anstellung eines ersten Heimverwalters in der Person von Dumeni Capeder.

1985 wurde der St. Johann-Verein Luzern mit seiner ursprünglichen Zielsetzung aufgelöst. Der daraus hervorgegangene «Verein Barmherzige Brüder Steinhof Luzern» übernahm den Betrieb des Pflegeheims Steinhof. Der «Verein Barmherzige Brüder von Maria-Hilf, Schweiz» übernahm als Besitzer fortan die rechtliche Trägerschaft. 

Mitte der Achtzigerjahre gab es dann auch die ersten Planungen für die Renovation und einen Neubau des Pflegeheimes. Die ersten Kostenschätzungen für die bestehenden Gebäude und den neuen Pflegetrakt beliefen sich auf rund 12 Millionen Franken. Mit der Detailplanung stiegen die Kosten wegen der Auflagen der Behörden und zusätzlicher Bedürfnisse massiv an und die Finanzierung wurde zu einem Problem. Bruder Tutilo aber hatte Gottvertrauen und war von Anfang unerschütterlich zuversichtlich. Seine Devise lautete: Stillstand ist Rückschritt. 

Am 6. Juli 1989 erhielt Bruder Dominik Wick stellvertretend für die Steinhof-Krankenbrüder die goldene Ehrennadel der Stadt Luzern. 

Der Urkunde zu diesem Anlass entnehmen wir folgende Laudatio: «Aus Anlass der Verleihung der Ehrennadel der Stadt Luzern an die Ordensgemeinschaft der Barmherzigen Brüder von Maria-Hilf, in Würdigung der Arbeit dieses Ordens im Dienste der Öffentlichkeit und als Impulsgebung für das geplante Bauvorhaben schenkt der Stadtrat der Ordensgemeinschaft den Betrag von 150 000 Franken aus dem Sozialfonds.»

Trotz Finanzierungsproblemen und wiederholten Auflagen der Behörden und Einsprachen von Nachbarn konnten am 18. Juni 1990 die Um- und Neubaumaßnahmen begonnen werden. Nach einer fünfjährigen Planungszeit und einer sechsjährigen Bauzeit konnte schließlich am 25. Mai 1997 das neue Steinhof Pflegeheim mit nunmehr 97 Betten eröffnet und eingeweiht werden. Die rund 40 Mio. Franken Baukosten konnten nach Abzug der Beiträge des Kantons und der Bürgergemeinde mit einer beispielhaft erfolgreichen Spendenaktion sichergestellt werden. 

Nach der Pensionierung des Verwalters Dumeni Capeder übernahm am 1. Januar 1998 Herr Paul Otte die Heimleitung im «Steinhof». In dieser Zeit zogen sich die weniger und älter werdenden Brüder immer mehr aus dem operativen Geschäft zurück. Sich auf ihren primären Auftrag rückbesinnend, blieben sie jedoch Garanten für den Geist Peter Friedhofens im «Steinhof» und begleiteten fortan die für sie Arbeitenden und vor allem die Heimbewohnerinnen und Heimbewohner vermehrt seelsorgerisch. 

Ein weiterer wichtiger Meilenstein wurde mit der Gründung der «Brüderstiftung Peter Friedhofen» am 15. April 2011 gesetzt.

In der Erkenntnis, dass die Gemeinschaft in der Schweiz immer kleiner wurde, wollte die Brüdergemeinschaft im Sinne ihres Ordensgründers Bruder Peter Friedhofen mit seinem Bekenntnis zur christlichen Gottes- und Nächstenliebe auch zukünftig in gemeinnütziger, karitativer und kirchlicher Weise für kranke, hilfsbedürftige und betagte Menschen nach christlichen Grundsätzen nachhaltig gegenwärtig sein.

Im August 2016 galt es dann erneut einen Wechsel in der Heimleitung zu gestalten. Paul Otte, der nach fast 19 Jahren erfolgreichen Wirkens als Heimleiter in den Ruhestand ging, übergab die Leitung in die Hände von Andrea Denzlein.

Nach einer Zeit der Einarbeitung wurde die neue Heimleiterin am 21. August 2016 zunächst in einem Sonntagsgottesdienst in der Steinhofkapelle liturgisch in ihre neue Aufgabe eingeführt. Am 26. August fand schließlich die offizielle Übergabe statt. Bei einem gediegenen Fest im Steinhof wurde Paul Otte verabschiedet und Andrea Denzlein willkommen geheißen.

Heute möchten die fünf im Steinhof lebenden Barmherzigen Brüder eine lebendige Glaubens- und Lebensgemeinschaft sein, durch die die Menschen, vor allem die 103 Bewohnerinnen und Bewohner, die 173 Mitarbeitenden sowie die zahlreichen Besucherinnen und Besucher, auch in Zukunft Gott erfahren können: durch ihr beten, durch ihre Art und Weise, wie sie von Gott sprechen und wie sie Gottes Geist in ihrem Leben verwirklichen. 

Das Steinhof Pflegeheim liegt den Brüdern sehr am Herzen. Ist es doch die letzte in der Schweiz verbliebene Einrichtung in ihrer Trägerschaft. Nach dem Verkauf der Psychiatrischen Klinik in Oberwil bei Zug ist es ihnen ein großes Anliegen, den «Steinhof» zusammen mit den vielen Mitarbeitenden mehr denn je als katholische Institution zu positionieren und in eine gute Zukunft zu führen. 

Bruder Benedikt Molitor, Barmherzige Brüder, Luzern 


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/