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Kolumne der Redaktion

08.07.2015

Erinnerungen an Hermann Suter, der in seinen letzten Jahren so sehr irritierte

Es gilt Abschied zu nehmen von einem Liberalen, der immer mehr nach rechts rückte; einem herausragenden Lehrer; einem Citoyen, der heftig austeilen, aber auch gut zuhören konnte; und von einem, der fehlen wird.


Völlig unerwartet ereilte uns heute Mittwoch früh die traurige Kunde, dass Hermann Suter letzten Freitag (3. Juli) verstorben ist. Was auch immer ihn aus diesem so aktiven Leben gerissen haben mag: In den letzten Wochen waren Begegnungen mit ihm wie eh und je. Er freute sich, alte Bekannte zu treffen, war wie immer zu einem Schwatz aufgelegt, wirkte vital und hellwach. Eigentlich ist es unvorstellbar, dass diese so kraftvolle, kantige und kämpferische Persönlichkeit für immer von uns gegangen sein soll.

Es liegt an eigens dazu berufenen Köpfen und Kräften, diesen aussergewöhnlichen Politiker, Militär, Historiker, Pädagogen und Zeitgenossen gebührend zu würdigen. Weil er aber der Meinungsplattform www.lu-wahlen.ch seit deren ersten Stunden engagiert zur Seite gestanden hatte, ist es angezeigt, ihm auch hier zumindest dafür den allerbesten Dank auszusprechen.

Hermann Suter war nämlich im Herbst 2010 begeistert davon, dass sich mit Blick auf die kantonalen Wahlen 2011 ein offenes, partei- und verlagsunabhängiges Forum zu konstituieren begann. Er sagte ohne Zögern zu, mitunter auch selber Kolumnen zu liefern. Was er denn auch tat (siehe unter «In Verbindung stehende Artikel»).

Man musste mit Hermann Suter nicht einer Meinung sein, um ihn zu mögen. Ihn, den Säbelrassler, von dem man seit Jahren den Eindruck nicht los wurde, er trauere dem Kalten Krieg nach; ihn, den einstigen Rektor des städtischen Lehrerseminars auf der Musegg, der einst einen Schüler hatte loswerden wollen, weil er in einem Skilager gekifft hatte; ihn, den Armee-Nostalgiker, der fand, die Schützenpanzer vom Typ 63/89 dürften keinesfalls verschrottet werden, liessen sich doch auch in Gärten aufstellen; ihn, der rhetorisch gerne mit der Schrotflinte unterwegs war und blindwütig austeilte.

Aber das war nur der eine, keinesfalls der ganze Hermann Suter!

Denn viele seiner lautstarken Poltereien gründeten in der bitteren Erkenntnis, dass medial heute nur zur Kenntnis genommen wird, wer skandalisiert, personalisiert und dramatisiert; dass als Botschaft kaum oder überhaupt nicht wahrgenommen wird, was allzu artig daherkommt. 

Hermann Suter kannte die Mechanismen der heutigen Medienwelt. Er setzte auf Themen mit Empörungspotential, er beherrschte deren Klaviatur, er wusste die entsprechenden Zielgruppen gekonnt abzuholen. 

Groteskerweise war er aber zugleich ein scharfer Kritiker genau dieser sonderbaren Entwicklungen. Er war einer der Mitbegründer der «Stiftung Wahrheit in den Medien» die – nicht nur, aber vor allem – diesbezüglich immer wieder ihre Zeige- und Mahnfinger erhob.

Wer ihn schon länger kannte mag irritiert sein, dass die Erinnerungen an die letzten Jahre seines reichen Wirkens nun vor allem von den Beschreibungen seiner immer pointierteren, immer mehr nach ganz rechts abdriftenden Positionen überlagert werden; die in seiner eigentlichen politischen Heimat, dem Luzerner Freisinn – dieser einst grossen und staatstragenden Volkspartei – immer häufiger auf Unverständnis und Köpfeschütteln stiessen: «Was ist bloss mit Hermann los?», war in deren Reihen oft zu hören.

Kaum jemand sprach mehr davon, dass er ein exzellenter, viele sagen gar ein herausragender Geschichts-Lehrer war; ein Chrampfer und Kämpfer auch für Anliegen, mit denen nun wirklich keine Lorbeeren zu holen waren, von denen er aber zutiefst überzeugt war; dass er zuhören konnte, mitfühlen und mitspüren.

Mit Hermann Suter ist ein aufrichtiger, geradliniger und fadengerader Mensch gegangen, der seine herzlichen und feinfühligen Seiten niemals so deklamatorisch herauskehrte, wie er seine oft radikal wirkenden Positionen vertrat. Aber er hatte sie durchaus und er zeigte sie jenen, von denen er glaubte, sie hätten seine Zuneigung und Freundschaft verdient. 

Denn er erkannte – bekennender und praktizierender Katholik – in politischen Gegnern, die er noch so gerne wegen ihrer Positionen, mitunter auch gnadenlos, vorführte, stets die Mitmenschen, die Geschöpfe des Allmächtigen, dem er mitunter auch öffentlich huldigte, wenn es – wie er zu sagen pflegte – «Auftrag und Lage» erforderten; oder umgekehrt...

Ich erinnere mich gut, wie anfangs Dezember 2011 Godi Hofmann in der Maihofkirche gebührend gewürdigt worden war; begnadeter Lehrer, erfolgreicher Illustrator, präziser Gesellschaftsbeobachter, Geschichtenerzähler, Sozialdemokrat, Bohemièn, Humanist. Unter den Trauergästen war auch Hermann, der nachher für ein Bier zu Ehren von Godi zu haben war. Gefragt, was er denn mit dem politisch diametral anders tickenden Hofmann am Hut gehabt habe, antwortete er sinngemäss, ohne auch nur eine Sekunde studieren zu müssen: «Politisch kaum etwas, aber wir mochten uns, weil wir gut streiten konnten. Und er war ein ausgezeichneter Lehrer. Und ein lieber Mensch.»

Wie Hermann Suter.

Herbert Fischer, Gründer und Redaktor www.lu-wahlen.ch, Luzern

Siehe auch weiter unten: der Kommentar von Historiker Dr. Pirmin Meier (Rickenbach).


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Kommentare:
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Pirmin Meier aus Rickenbach

Donnerstag, 09.07.2015, 16:13 · Mail

Einer der schönsten und besten Artikel von Herbert Fischer, auch ein Stück politischer Kultur, dieser Nachruf.

Nachdem in letzter Zeit zu viele Bekannte und Freunde von mir gestorben sind - unter anderen der Michelsämter Verleger Wallimann, der grosse Philosoph Gonsalv Mainberger, der Jazzpublizist Bruno Rub und mein lieber ehemaliger Schüler Edward Schlegel - ist es mir nicht möglich, Hermann Suter mit einer zusätzlichen Würdigung zu beehren.

Pirmin Meier, Rickenbach

 
 
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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/