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Kolumne der Redaktion

26.11.2014

Eine Drehscheibe für die Literatur mit Hauptsitz in Stans

Am 29. November wird im «Höfli» in Stans das Literaturhaus Zentralschweiz eröffnet. Ein Gespräch mit der Intendantin Sabine Graf über ihre Vorstellungen und Pläne.


Die Literaturwissenschafterin Sabine Graf (Intendantin) und der Germanist Urs Bug-mann (Vizepräsident der Trägerschaft) er-klären in diesem Interview Sinn und Zweck des Literaturhauses Zentralschweiz in Stans. Hier sitzen sie in einem der beiden stim-mungsvollen Räume im Dachgeschoss der «Rosenburg», im Volksmund «Höfli».

Bild: Herbert Fischer

Sabine Graf, was ist das lit.z, das Literaturhaus Zentralschweiz für Sie?

Es ist eine verheissungsvolle Chance – die «Rosenburg» erwacht aus dem Dornröschenschlaf der letzten zwei Jahre. Als Intendantin werde ich bemüht sein, Geschichten, Texte, Stimmen in die seit dem Auszug des Nidwaldner Museums leerstehenden Räumlichkeiten zu tragen und hoffe umgekehrt, auch der «Rosenburg» ihre Geschichten entlocken zu können.

Wie wird das aussehen?

Ich stelle mir das lit.z als eine Drehscheibe vor mit Hauptsitz in Stans, als eine Plattform, wo Literatur und Sprache in unterschiedlichen Formaten ihr Publikum wird finden können. Es soll ein Ort entstehen, wo die Literaturen der Zentralschweiz repräsentiert werden, zugleich wird das Haus natürlich auch offen sein für Auftritte von Autorinnen und Autoren aller Landesteile und anderer Länder.

Welches Publikum haben Sie im Auge?

Zunächst einmal alle an Literatur, Sprache und Reflexion Interessierten, durch alle Altersgruppen und Bevölkerungsschichten hindurch. 

Denken Sie auch an Kinder und Jugendliche? 

Das ist mir ein besonders wichtiges Anliegen: die jungen Generationen anzusprechen und ihre Lust am Umgang mit Sprache und Literatur zu wecken und zu fördern. 

Sie denken also nicht nur an Abendveranstaltungen in diesem Haus?

Keineswegs: auch tagsüber möchte ich das Literaturhaus beleben. In den vielen Räumen der «Rosenburg» ist Platz genug, um hier Werkstätten und Arbeitsräume einzurichten, um in Büchern zu schmökern, an Texten zu arbeiten, etwa mit Zeichnern zusammen zu erzählen und Geschichten – zum Beispiel gerade über die «Rosenburg» – zu erfinden. 

Was planen Sie sonst als Intendantin des lit.z, was wird das Haus bieten und womit wird es locken?

Es ist noch vieles offen. Ich habe meine Arbeit in Stans am 1. Oktober angefangen, und weil alles noch neu ist – für mich wie für die «Rosenburg» – gilt es fürs erste auch noch ein wenig zu improvisieren, bis wir unser erstes Programm für 2015 vorstellen können, ein Akzent wird auf die Gegenwartsliteratur gelegt sowie auf die Durchführung von Schreibwerkstätten für Kinder und Jugendliche in Zusammenarbeit mit professionellen LiteraturvermittlerInnen und Schulen vor Ort. Darüber hinaus plane ich, Kooperationen mit anderen Kulturveranstaltern aus der Zentralschweiz einzugehen. Ein Zeichen setzen möchten wir jedenfalls schon mit der Eröffnung am 29. November.  

Wie wird das aussehen?

Die Eröffnung findet tagsüber statt, willkommen sind alle neugierigen und kulturaffinen Menschen von Jung bis Alt: Es wird einen offiziellen Teil geben, gefolgt von  einem Literaturprogramm für Erwachsene und junge Menschen, das in den verschiedenen Räumlichkeiten stattfinden wird. Bildhaft gesprochen: Gleich einem Adventskalender sollen die literarischen Türen des Hauses geöffnet sein, aus denen Töne, Stimmen und Bilder dringen.  Die Eröffnung verstehe ich als ein Aperçu auf die zukünftige Ausrichtung des Hauses.  

Also Lesungen und Gesprächsrunden? 

Die Eröffnung soll einen Festcharakter erhalten, in der verspielt-poetische, musikalische, performative und literarische Formate, auch in Form konzentriert-klassischer Kurzlesungen oder moderierter Gesprächsrunden, stattfinden. Darüber hinaus sollen Zentralschweizer Literaturverlage die Möglichkeit erhalten, sich und ihre Bücher zu präsentieren. Kommen Sie und lassen Sie sich überraschen!

Wird es im Literaturhaus Zentralschweiz auch Ausstellungen geben?

Das ist durchaus denkbar, wie etwa auch die Idee, Residenzen für Autorinnen und Autoren anzubieten – dies alles aber in einer längerfristigen Perspektive mit der nötigen Infrastruktur. Zunächst wird es darum gehen, das lit.z als Ort und Label mit einem literarischen Veranstaltungsprogramm zu etablieren, das über den Standort Stans und Umgebung hinaus Resonanz erzeugen wird.  

Das lit.z trägt die Zentralschweiz in seinem Namen. Was bedeutet dieser Begriff für Sie?

Die Zentralschweiz ist ein Konstrukt, eine Zusammenfassung von ganz unterschiedlichen geografischen und mentalen Räumen. Auf den Gegenstand Literatur bezogen, lasse ich mich ein wenig leiten von den literarischen Wanderungen, die Barbara Piatti in ihrem Buch «Es lächelt der See» in der Zentralschweiz beschreibt und vorschlägt. Da sind viele unterschiedliche literarische, historische und kulturgeschichtliche Landschaften zu entdecken. 

Ist das lit.z also ein Ort, wo man diesen Landschaften begegnen kann?

Ja und Nein. Ich denke nicht so sehr in topografischen Grenzen. Als Institution in der Zentralschweiz wird das lit.z natürlich einen Fokus auf die unmittelbare Umgebung richten. Aber es soll, wie gesagt, auch eine Drehscheibe sein, es soll den Austausch – nach innen und nach aussen – ermöglichen. Ich möchte längerfristig mit anderen Literaturhäusern in der Schweiz und auch mit Institutionen wie etwa dem Übersetzerhaus Looren im Zürcher Oberland zusammen arbeiten, zumal Übersetzungen massgeblich dazu beitragen, eine literarische Landschaft zu konstituieren.

Sie selber kommen von aussen, Sie haben zuletzt bei der Pro Helvetia gearbeitet und waren dort zuständig für die Literaturförderung auch im internationalen Austausch. Jetzt haben Sie eine völlig andere Aufgabe und Rolle. Was reizt Sie daran? 

Das Experiment: Etwas Neues aufzubauen, Spuren zu setzen und natürlich meine Liebe zur Literatur. Unmittelbar in der Vermittlung zu arbeiten und Ideen zu verwirklichen, das fordert mich heraus. Im übrigen ist der Gegenstand, womit ich mich beschäftigt habe und womit ich mich weiter beschäftigen werde, exakt der Gleiche: die Literatur in ihren vielerlei Ausprägungen. Aber die Perspektive ist jetzt für mich eine ganz andere: Ich kann ein Programm entwerfen und beabsichtige, ein möglichst vielfältiges Publikum dafür zu gewinnen.

Die Zentralschweiz ist für Sie ein weitgehend unbekanntes Gelände?

In literarischer Hinsicht, insbesondere was die Gegenwart betrifft, nein, geographisch-mental wohl ja: Ich freue mich, diese Gegend und ihre Menschen zu entdecken und gleichzeitig meine Kontakte aus meiner beruflichen Vergangenheit, die bislang weitgehend in urbanen Kontexten stattgefunden hat, hierher zu tragen. Es ist mir wichtig, dass Literatur nicht nur als eine Sache der Zentren angesehen wird. Da werden sich Wechselwirkungen ergeben und möglicherweise Friktionen, aber etwas Irritation kann ja nicht schaden, ich freue mich auf die kreative Konfrontation mit der Zentralschweiz!  

Wie sehen Sie die Stellung des lit.z zum Innerschweizer Schriftstellerinnen- und Schriftstellerverein ISSV? 

Der ISSV ist ein autonomer Verein, der seine eigenen Ziele verfolgt. Ich wünsche mir einen produktiven Austausch zwischen dem ISSV und dem lit.z , was letztlich auch dadurch garantiert ist, dass Daniel Annen, der Präsident des ISSV, dem Vorstand des Trägervereins des lit.z angehört. Über diesen Umstand bin ich sehr glücklich.

Wird das Literaturhaus Zentralschweiz sich dem ISSV anbieten als ein Beratungsbüro, das Hilfe leistet bei der Verlagssuche zum Beispiel oder bei anderen berufsspezifischen Fragen? 

Das Literaturhaus versteht sich als eine Veranstaltungsplattform und als Anlaufstelle für Literaturschaffende, ja! Unsere Kapazitäten sind jedoch nicht unendlich, wir werden leider keine Agenturfunktionen oder Lektoratstätigkeiten wahrnehmen können, uns stehen insgesamt 120 Stellenprozente zur Verfügung, davon sind 50 Stellenprozente für das Sekretariat bestimmt. Aber unser Wissen und Netzwerk stellen wir selbstverständlich immer gerne zur Verfügung.

Das lit.z wird finanziell mit einem Hauptanteil vom Kanton Nidwalden und von der Gemeinde Stans getragen, die übrigen Kantone der Zentralschweiz sollen ebenfalls ihre Beiträge leisten. Was bedeutet das für Sie?

Zuallererst ist dies ein kulturpolitisches Versprechen, das wir einlösen wollen: Es wird meine Aufgabe sein, alle Kantone der Zentralschweiz anzusprechen, sie einzubeziehen und die «Rosenburg» nicht nur als einen fixen Ort, sondern als eine mobile Plattform zu positionieren. So sollen unsere Veranstaltungen auch ausserhalb von Stans und jenseits der Kantonsgrenzen von Nidwalden stattfinden, ich werde hierfür Partnerschaften mit anderen kulturellen Institutionen, auch spartenübergreifend, suchen. Letztlich entspricht diese Idee im Grunde auch der Zentralschweiz als geografischem und politischem Raum: Das war immer schon eine Transitgegend, das «Migrationselement» spielt seit je eine wesentliche Rolle

Interview: Urs Bugman, Vizepräsident Verein Literaturhaus Zentralschweiz, Stans

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Dieser Text ist zuerst in gekürzter Form in einer Beilage der «Neuen Nidwaldner Zeitung» erschienen.


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/