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Kolumne der Redaktion

22.03.2014

Der Abschied von Ruedi Bürgi: Sie nannten ihn Brutus (Teil 3 mit weiteren Bildern)

Die Studentenverbindung Alt Disentis Innerschweiz ehrte gestern Freitag (21. März) nach dem Trauergottesdienst in der Hofkirche ihren Kommilitonen Ruedi Bürgi in der Artilleriestube des Hotels de la paix mit einem «Totensalamander», einem traditionellen Ritual.


Der «Totensalamander» der Studentenver-bindung der Altdisentiser im Hotel de la paix am Freitagmittag nach der Beerdigung von Ruedi Bürgi. «Quasi» Anton F. Steffen (rechts) versorgt die Teilnehmer der Zere-monie reichlich mit Gerstensaft.

Dann würdigt er den verstorbenen «Brutus» Ruedi Bürgi als liebenswerten, feinfühligen Menschen und Freund, ehe...

... zu dessen Ehren zunächst ein Lied ertönt und nachher ...

... das Bier fliesst. Nach der Zeremonie verlässt die Runde den Raum wortlos. So will es die Tradition.

Bilder: Herbert Fischer

Dieses Bild von Ruedi Bürgi ist letztes Jahr auf dem Nätschen entstanden, wohin ein Ausflug die Altdisentiser führte.

Bild: Anton F. Steffen

Über den Verstorbenen, dessen «Vulgo» (Studentenname) Brutus war, sprach alt CVP-Grossratspräsident Anton F. Steffen (vulgo Quasi). Er sagte: 

Hoher Senior, liebe Kommilitonen, liebe Gäste

«... es seufzen die morschen Balken und trauern um das fin de siècle mit seiner morbiden Schönheit und seltsam verlorenen Träumen...».

Ich zitiere nicht Eichendorff, nicht Heine, nein, es sind Poesien unseres Freundes Ruedi Bürgi v/o Brutus, dessen sterbliche Reste wir eben zu Grabe getragen haben.

Es stimmt, wir wussten es alle, Ruedi ging es in den letzten Wochen und Monaten nicht mehr so gut, eine Grünphase am Fussgängerstreifen reichte nicht mehr aus, damit er es über die Strasse schaffte, so die «NLZ» vom letzten Sonntag. Und beim letzten «Gnagiässe» vertraute er mir an, dies sei wohl sein Schwanengesang.

Tapfer hat er sein Leiden ertragen und nach der Operation letzter Woche in die Ewigkeit gefunden.

Wer war dieser Ruedi Bürgi? 

Ein Stadtoriginal, dies wohl auch, aber vor allem ein feinsinniger, intelligenter Mensch, der es in seinem Leben nicht immer leicht hatte.

Geboren 1928, aus einem bekannten Arther Geschlecht, aufgezogen von seiner Grossmutter, dann Pflegesohn in der Arztfamilie Candinas in Wohlen.

Als 13-Jährigen hat man ihn von der Bezirksschule in die Klosterschule Disentis verpflanzt. Diese Benediktinerschule hat ihn geprägt, sie wurde und blieb für ihn die geistige Heimat.

Zwar wurde der Weg zur Matura beschwerlich, aber über die Stationen Kollegium Sarnen - wo er, Brutus getauft, Mitglied der Subsilvania und damit des Schw. Stv. wurde - und Privatschulen in Zürich schaffte er es doch.

Diesem Romantiker ist seine Liebe zur klassischen Literatur geblieben. So ist es denn nicht verwunderlich, dass er durch Mäni Webers Sendung «wär gwünnt?» vor fast 40 Jahren mit seinem Wissen über Heinrich Heine die Schweiz in Erstaunen versetzte.

Beruflich war der Weg vorerst  einmal steinig, aber auch hier hat er es wieder geschafft. Nach einer Gärtner- und Floristenlehre führte er mit einem Kollegen das Blumenhaus Daniela, um später an der Zürichstrasse ein eigenes Blumengeschäft zu gründen, wo seine leider früh verstorbene Gemahlin Carla mit dabei war.

Seine politische Karriere ist voller Farbtupfer, echt Ruedi Bürgi.

In den Siebziger Jahren wurde  er mit Bravour als CVP Grossstadtrat gewählt. Sein Abweichen von der Parteilinie bezahlte er mit der Nichtwiedernomination, doch er wurde eben auf der Liste der CSP glanzvoll wiedergewählt und schliesslich gar als Grossratskandidat portiert, mit einem Glanzresultat auf Anhieb gekürt, der bisherige Amtsinhaber hatte das Nachsehen und musste den Sessel räumen. 

Als schliesslich alle Stricke zu reissen drohten, wurde er auf eine für ihn eigens geschaffenen Liste portiert und prompt gewählt. 

Warum diese Erfolge? Brutus, ein wertkonservativer Politiker, setzte sich glaubwürdig für die Anliegen der Kleinen, Benachteiligten ein und das hat ihn unangreifbar gemacht. 

Dass Brutus in verschiedenen Gesellschaften Luzerns ein gern gesehenes Mitglied war, ist wohl verständlich. Glanzvoll war jeweils sein Auftritt am «Gnagiässe», das unter ihm zum bestbesuchten Fasnachtsanlass wurde und dem er auch dieses Jahr wieder mit Witz und Charme vorstand.

Zeitlebens blieb er dem Kloster und der Klosterschule Disentis eng verbunden, als hochgeschätzter Alumnus liess er es sich nicht nehmen, all seinen Lehrern in Disentis die letzte Ehre zu erweisen. 

Er war einer der Gründer der Vereinigung Alt Disentis Innerschweiz, und seit Jahrzehnten hat er sich als deren Obmann mit Begeisterung dafür eingesetzt. Ein grosses und wichtiges Ereignis war auch die Gründung der «Desertina» als Sektion des Schw. Stv., der er zeitlebens die Treue hielt.

Nun ist Ruedi Bürgi, Brutus, ein liebenswerter, feinsinniger Mensch und Freund  heimgegangen, RIP. 

Anton F. Steffen v/o Quasi, Luzern

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Siehe dazu auch weiter unten auf dieser Seite unter «In Verbindung stehende Artikel».


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/