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Kolumne der Redaktion

25.05.2013

Jüngste SVP-Interpellation im Luzerner Stadtparlament zeigt: Politik muss nicht langweilig sein

Vordergründig geht es um einen ganzen Katalog von Fragen zur Einbürgerungspraxis in der Stadt Luzern. Doch bald schon könnte er ganz anderes als entsprechende Antworten durch den Stadtrat auslösen. Zum Beispiel eine neue Diskussion darüber, wer wann wie Amtsgeheimnisse mit welchen Zielen verletzt hat oder verletzt. Freilich verspricht diese Debatte mehr Unterhaltungswert als ein Konflikt vor einem Jahr, der sich als Schall und Rauch erwies. Doch der Reihe nach.


Von den Fraktionschefs von SVP, FDP und CVP unisono und zu Unrecht der Amtsgeheimnisverletzung verdächtigt: SP-Vizepräsident Simon Roth (rechts).

Bilder: Herbert Fischer

Bei der Gewerkschaft Syndicom angestellt (deren Agitationskappe sie jeweils an der 1. Mai-Feier trägt), SP-Mitglied und nun offenbar Kronzeugin der SVP für eine zu lasche Einbürgerkommission: Valentina Smajli.

Politik kann durchaus unterhaltend sein. Vor allem, wenn sie mit Ironie unterfüttert ist, zumal mit Ironie der unfreiwilligen Art. Wobei vorstehend noch nicht erhellt ist, ob wir es mit einem klassischen Akt von Tolpatschigkeit zu tun haben; frei nach dem Motto etwa: «Was wir einst im Brustton des Entsetzens Anderen vorgeworfen haben, machen wir nun mal selbst. Was damals war und für uns mit einer Peinlichkeit endete, das haben eh schon alle längst wieder vergessen.» 

Dumm oder nur vergesslich?

Das jedoch kann arg ins Auge gehen. Denn es gehört – auch das sollte eigentlich hinreichend bekannt sein – zu den häufigen Fehlern im politischen Alltag, Gegner zu unterschätzen, ihnen mithin also zum Beispiel ein schlechtes Gedächtnis zuzumuten. Und geradezu dumm ist die Idee, den Gegnern jene Munition zu liefern, der sie zum postwendenden Gebrauch geradezu auffordert.

Vielleicht aber geht es hier schlecht und ergreifend um die Unfähigkeit zu erkennen, wieviel Brisanz in einem so unüberlegten Vorgehen köchelt. Selbst allerdings, wenn noch kein vergleichbarer Vorgang vorliegt, wäre es doch sehr ratsam, die Finger von einer solchen Dummheit zu lassen, die, wenn sie so unbedarft aufgegleist ist, nur auf ihre Urheber zurückfallen kann. 

Überforderte SP-Führung befeuerte «NLZ»-Kampagne

Geschehen ist dies: Ende August vorigen Jahres warfen die Fraktionschefs von SVP, FDP und CVP im Grossen Stadtrat unisono dem Vizepräsidenten der SP der Stadt Luzern, Simon Roth, vor, er habe in seiner Funktion als Mitglied der Einbürgerungskommission das Amtsgeheimnis verletzt. Möglich war die öffentlichkeitswirksame Kolportage dieses doch recht heftigen Vorwurfs nur, weil die «Neue Luzerner Zeitung» auf eine zwar journalistisch durchaus nachvollziehbare, politisch aber höchst fragwürdige Art daraus eine einwöchige Serie machte. Eine Serie in fünf Folgen an jeweils prominentester Platzierung machte, die nicht nur aus der Sicht der damals gebrandmarkten SP der Stadt Luzern und ihres angeblichen Missetäters Simon Roth als eigentliche Hetzkampagne bezeichnet werden kann; wiewohl die SP-Führung kommunikationsstrategisch völlig überfordert war und einen Fettnapf nach dem anderen aufstellte, um sogleich selber hinein zu trampen; was die Posse – logo – mit neuer Dramatik und Dynamik beglückte; die «NLZ» hatte selbstredend nichts dagegen...

Vorwürfe verpufften als Schall und Rauch

Diese Posse also, die sich auch als Glosse auf die real existierende Mediensituation auf dem Platz Luzern und ihre unfreiwilligen Mitakteure wie eben die SP der Stadt Luzern interpretieren lässt, gehört hier als Vorgeschichte erzählt, weil sie in einer Peinlichkeit gipfelte, die sich als Kapitel fürs Lehrbruch «So konstruiere ich einen Skandal, der keiner ist, und in dem ich am Schluss selber der Sünder bin» empfiehlt.

Denn: Besagter Simon Roth, gegen den wegen des Vorwurfs des Amtsmissbrauchs, eines Offizialdelikts, die Staatsanwaltschaft ermittelt hatte, steht heute mit hohlem Kreuz als zu Unrecht übelst beschmutztes Opfer dieser Posse, oder eben Glosse, da. Denn selbige Strafverfolgungsbehörde kam zum Schluss, Roth habe das Amtsgeheimnis nicht verletzt, weshalb sie das Verfahren gegen ihn einstellte. Basta. Sollte man meinen. 

Worauf gründen die Fragen der Interpellanten?

Womit wir doch noch am heutigen Tag angelangt wären. Der etwas holprige Umweg liess sich wirklich nicht vermeiden, weil nur dank ihm verständlich wird, dass wiederum alle Ingredienzen einer Posse birgt, was nun von Neuem keimt: Jetzt thematisiert die SVP-Fraktion im Grossen Stadtrat die Einbürgerungskommission abermals und zwar mittels einer Interpellation von Lisa Zanolla und Peter With (siehe unter «Dateien»). Darin stellt sie Fragen, die gelinde gesagt, den (auch) von ihr seinerzeit erhobenen Vorwurf der Amtsgeheimnisverletzung gegen Simon Roth in einem neuen Licht erhellen.

SVP-Streicheleinheiten für SP-Frau 

Mehrere der insgesamt 17 aufgelisteten Punkte der Interpellation schreien nämlich geradezu nach der Frage, woher denn die SVP-Grossstadträte Lisa Zanolla und Peter With die darin behaupteten Fakten herhaben wollen. Von den SVP-Mitgliedern in der Einbürgerungskommission vielleicht?

Vor allem aber Punkt 16 der Interpellation, der sich offensichtlich zum Fürsprecher der als Mobbing-Opfer dargestellten Frau macht, interessiert. Der Gedanke liegt auf der Hand: Eröffnet die Staatsanwaltschaft nun ein Verfahren wegen Amtsgeheimnisverletzung gegen Valentina Smajli; gegen jene Frau also, die letzten Herbst von ihrer Partei, der SP, nicht mehr als Mitglied der Einbürgerungskommission nominiert worden war, was den ganzen Wirbel damals ausgelöst hatte? 

Gegen jene SP-Frau also, die sich nun von ihrem politischen Erzgegner SVP als Kronzeugin gegen eine, wie die SVP-Interpellation insinuiert, zu lasche Einbürgerungspraxis instrumentalisieren lässt?

Fragen über Fragen! Sicher ist fürs erste dies: Fortsetzung folgt. Vorhang auf also für die nächste Posse; oder eben abermals gar Glosse. Oder wird daraus allenfalls gar eine bühnenreife Komödie?

Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch - das ganze meinungsspektrum

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Die Serie der «NLZ» über den Konflikt der SP mit Valentina Smajli findet sich unter «Dateien».


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Über Herbert Fischer:

Herbert Fischer (1951) arbeitet seit 1969 als Journalist und Pressefotograf. Er war unter anderem Redaktor der «LNN», der «Berner Zeitung» und Chefredaktor der «Zuger Presse». Seine Kernthemen sind Medien (Medienwirkung, Medienethik, Medienpolitik), direkte Demokratie, Sicherheitspolitik, soziale Fragen und gesellschaftliche Entwicklungen. Heute berät und unterstützt er Firmen, Organisationen und Persönlichkeiten in der Öffentlichkeitsarbeit. Fischer war von 1971 bis 1981 Mitglied der SP der Stadt Luzern, seither ist er parteilos. Er ist in Sursee geboren und Bürger von Triengen und Luzern, wo er seit 1953 lebt. Herbert Fischer ist Gründer und Redaktor von lu-wahlen.ch.


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1. Dezember 2021: Hanns Fuchs schreibt über Herbert Fischer:
http://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/ein-strurbock-im-medienzirkus

Interview von Radio 3fach am 27. August 2012 mit Herbert Fischer:
www.3fach.ch/main-story/lu-wahlen/